Die ersten elektrischen Smarts sind in Kundenhand

"e-mobility Berlin" geht in die zweite Phase

Das Pilotprojekt e-mobility Berlin geht in die zweite Runde. am 17. Dezember wurden die ersten Smart electric drive an ausgewählte Kunden übergeben

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  • ghe
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Berlin, 17. Dezember 2009 – "Beim Klimagipfel waren Diplomaten gefragt, bei RWE und bei Daimler die Ingenieure. Letztere waren auf jeden Fall erfolgreich." Mit diesem forschen Spruch läutet Daimler-Chef Dieter Zetsche den Start der "Phase 2" des Projekts "e-mobility Berlin " ein, es soll nicht der letzte bleiben. Die Daimler Tochter Smart stellt für Berliner Kunden 100 elektrisch betriebene Fahrzeuge vom Typ "Smart ed" zur Verfügung, der Stromkonzern RWE übernimmt die Erstellung der Infrastruktur.

Smart ed kurz und knapp

Die Grunddaten des e-Smart, wie Dieter Zetsche den Smart ed immer wieder nennt, sind bekannt: Der von einer Lithium-Ionen-Batterie mit Energie versorgte Wagen kommt bis zu 135 Kilometer weit, ist maximal 100 km/h schnell und beschleunigt in 6,5 Sekunden auf 60 km/h. Im Stadt-Stromer säuselt ein 30-kW-Elektromotor (41 PS) mit einem Drehmoment von 120 Nm. Ein vollständiger Ladevorgang dauert an der 230-Volt-Steckdose acht Stunden, allerdings sollen bereits in 3,5 Stunden 80 Prozent der Ladekapazität erreicht sein.

Zetsches "Erwartungsmanagement"

Zetsche betont, dass die Batterie für ein Stadtauto ausreichend ist – für alle darüber hinausgehenden Anforderungen wie lange Überland-Reisen ist noch keine elektrische Lösung in Sicht. Als wir den Daimler-Boss vor ein paar Wochen bei der Präsentation des Mercedes SLS AMG sahen, sprach er allerdings davon, dass der Supersportler namens SLS zurzeit mit Elektroantrieb erprobt wird. Angesichts der limitierten Reichweite wird das dann wohl ein sprichwörtlicher Café-Racer.

"e-mobility Berlin" geht in die zweite Phase

Schrittweise Ausbreitung

Mit Blick auf den Smart ed betont der Daimler-Chef, dass der Innenraum komplett erhalten bleibt – "im Gegensatz zu anderen Autos in dieser Stadt". Damit stichelt er gegen den Mini e, der ebenfalls in Berlin unterwegs ist und der für das Akkupack die Rückbank und beinahe den kompletten Kofferraum opfern muss. Der Smart ed hat es allerdings auch einfacher, weil die Möglichkeit, den Unterboden für die Batterie zu nutzen, von Anfang an gegeben war. Der e-Smart soll nicht nur durch Berlin flitzen, auch Rom, Mailand, Pisa, Zürich und Hamburg stehen auf der Liste. Und mit dem Fürstentum Monaco wurde Anfang Dezember ein Vertrag über die Lieferung von zehn elektrischen Smarts geschlossen.

Infrastruktur muss mitwachsen

Daimler hat sich mit Deutschlands zweitgrößtem Stromkonzern RWE zusammengetan, um die nötige Lade-Infrastruktur für elektrische Fahrzeuge aufzubauen. Zurzeit gibt es 70 Ladestationen in Berlin, im Jahre 2010 sollen es schon 500 sein. RWE-Chef Jürgen Großmann, übrigens auch VW-Aufsichtsratsmitglied, kommt gerade vom Klimagipfel in Kopenhagen, den er als eine Mischung "aus G8-Gifpel und Kirchentag" empfunden hat. Genüsslich zitiert er aus dem Koalitionsvertrag der neuen schwarzgelben Regierung: "Deutschland soll der Leitmarkt für die Elektromobilität werden." Klar – hier winkt ein lukratives Geschäft. Aber dafür müssen sich E-Autos von exklusiven Fahrzeugen für einen kleinen Kundenkreis zu erschwinglichen Mobilen entwickeln. Nur dann könnten die Wagen auch mal als wichtiges Speichermedium für die Energiekonzerne dienen, wie Großmann meint.

"e-mobility Berlin" geht in die zweite Phase

Unterstützung vom Wirtschaftsminister

Auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) lästert mit Blick auf den Klimagipfel: "In Kopenhagen wird diskutiert, in Berlin wird gehandelt." Er sieht in der Autobranche eine Schlüsselbranche für Deutschland, deren Arbeitsplätze es zu sichern gilt. Andererseits hat auch der liberale Brüderle den Klimaschutz als "Megathema", wie er es bezeichnet, erkannt. Und so stellt die Bundesregierung, ergo der deutsche Steuerzahler, 120 Millionen Euro zur Verfügung, um die elektrische Mobilität hierzulande voranzubringen. Brüderle sieht Deutschland im knallharten Wettbewerb mit China, wo ebenfalls mit staatlicher Unterstützung an E-Mobilitäts-Projekten gearbeitet wird. Zudem hat der FDP-Mann auch noch sechs Millionen Euro speziell für das "e-mobility Berlin"-Projekt mitgebracht. Der Wirtschaftsminister würde eine fehlende Unterstützung solcher Projekte durch die Bundesregierung als "Verweigerung von Solidarität, ein Megaproblem zu lösen" bezeichnen – so nett kann man die Zahlung von Steuer-Millionen in Worte packen.

Betrieb mit Öko-Strom

Sämtliche RWE-Zapfstationen sollen ausschließlich mit Strom aus regenerativen Energien gespeist werden – dies gilt auch für die Ladestationen, die beim Kunden in der Garage aufgehängt werden. Zwar werden jetzt nach und nach e-Smarts an Kunden übergeben, aber kaufen kann man den Wagen nicht. Er soll für 700 Euro im Monat verleast werden, wobei die Heim-Ladestation und eine Strom-Flatrate für die nächsten eineinhalb Jahre im Preis inbegriffen sind. Das klingt zumindest besser als die Kosten für die so genannten "e-Pakete" innerhalb NRWs. 100 Smarts mit Tesla-Batterien sind nur der Anfang: Ab 2012 soll die Großserien-Produktion des kleinen Stromers beginnen. Dieser Smart wird dann mit einem neuen Energiespeicher der "Deutschen Accumotive", einem Gemeinschaftsunternehmen von Daimler und dem Mischkonzern Evonik, unterwegs sein. Dieter Zetsche spricht schon jetzt vom dann "besten Akku der Welt", es wird sich erweisen.