Unsere letzte Chance: Was gegen das Artensterben hilft

Seite 3: Was sind die Ursachen?

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Der Klimawandel ist nicht die einzige Ursache des Artensterbens. Dazu kommen die Abholzung von Wäldern, die Zerstörung von Lebensräumen im Wasser durch Schleppnetzfischerei, die Verbauung von Küsten und Flüssen, unkontrollierte Ausbeutung und Jagd, die Verschmutzung von Wasser und Luft sowie die Verbreitung invasiver Arten.

Angesichts der Wucht dieser globalen Probleme scheinen die Versuche von Tierschützern, mit einem riesigen Aufwand einzelne Spezies schützen zu wollen, rührend, aber auch etwas deplatziert. Muss man sich wirklich "um jenen kleinen Vogel auch noch kümmern, so stark unterscheidet er sich doch gar nicht von den anderen?", fragt Lothar Frenz. "Und wieso sollen wir über 1400 Fledermausarten erhalten, reichen nicht auch ein paar weniger?"

Eine Antwort darauf: Es ist kaum vorab zu durchschauen, welche Rolle welche Spezies in einem Lebensraum spielt. "Manchmal ist es genau die eine Art zu viel, die ausstirbt und damit eine dramatische Kaskade des Ökosystemkollaps einleitet", schreiben Fischer und Oberhansberg. Als Pelzjäger beispielsweise im 19. Jahrhundert die Seeotter an der nordpazifischen Küste Amerikas fast ausgerottet hatten, brachen dort die Kelpbestände zusammen – Unterwasserwälder, welche die Küsten schützen und eine wichtige Brutstätte für viele Meeresbewohner sind. Der Zusammenhang erschloss sich erst im Nachhinein: Seeotter fressen gerne Seeigel, und die fressen gerne Kelp.

Sollte der Mensch sich also möglichst ganz heraushalten? "In Anbetracht unseres negativen Einflusses auf die Natur wirkt es ironisch, wenn wir uns entscheiden würden, dass positive Interventionen falsch wären", schreibt die Autorin Rebecca Nesbit in ihrem Buch "Tickets for the Ark".

Die Bestände der Schraubenziege ("Markhor") haben sich in Tadschikistan erst wieder erholt, als sie offiziell – gegen hohe Gebühren – gejagt werden durfte.

(Bild: Rufus46/Wikipedia)

Dass schützen und nützen kein Widerspruch sein muss, zeigt das Schicksal der Schraubenziege in Tadschikistan. In den 1990er-Jahren war ihr Bestand durch unkontrollierte Jagd und Wilderei auf nur noch rund 350 Exemplare geschrumpft. Seit 2008 aber müssen Großwildjäger hohe fünfstellige Summen für den Abschuss alter Böcke zahlen, die für den Bestand nicht entscheidend sind. Das Geld fließt unter anderem in Schulen und den Schutz vor Wilderei. "Das Modell funktionierte: Schon 2014 gab es wieder 1300 Schraubenziegen im gesamten Tadschikistan", schreibt Lothar Frenz. "Indirekt profitieren über zwanzigtausend Menschen von dem Projekt" – und auch der seltene Schneeleopard, der nun wieder mehr Beute findet.