Die wichtigsten Motorräder 2024 – erster Teil

2024 belebt verkleidete Sportler, Einzylinder-Enduros und Supermotos wieder, das erste Hybridkrad geht in Serie und EU5+ nährt die Hoffnung auf leisere Bikes.

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Kawasaki ZX-4RR

Kawasaki ZX-4RR

(Bild: Kawasaki)

Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Es tut sich mächtig was auf dem Motorradmarkt, für 2024 sind bereits viele attraktive Modelle angekündigt. Darunter einige Überraschungen, denn selbst bereits totgesagte Klassen wie die der vollverkleideten Sportler, Einzylinder-Enduros oder Supermotos kommen wieder. Sogar das erste Hybrid-Motorrad geht in Serie. Wir stellen in zwei Folgen die 20 interessantesten Modelle für 2024 vor, die ersten zehn in diesem Teil.

EU-weit gilt für neue Motorradmodelle nun die Abgasnorm Euro-5+, das bedeutet, die OBD-II (Onboard Diagnose) wird vollumfänglich Pflicht. Zudem muss seitens der Hersteller nachgewiesen werden, dass die emissionsmindernden Systeme mindestens 50 Prozent der geforderten Dauerhaltbarkeitsdistanz funktionsfähig bleiben. Ganz besonders wichtig wird auch das RD-ASEP-Verfahren (Real Driving Additional Sound Emission Provisions).

Im Gegensatz zu früher müssen dabei die Fahrgeräusche in jedem Gang und bei verschiedenen Geschwindigkeiten von einem anerkannten technischen Dienst gemessen werden. Die Grenzwerte bleiben zwar dieselben, aber die Hersteller können nicht mehr durch den Einsatz von Klappen im Auspuff das Geräusch im Prüfzyklus senken (und jenseits davon wieder erhöhen).

Aprilia erfreut sich seit rund drei Jahrzehnten eines guten Rufs in Sachen leichter Sportmotorräder. Dem will die italienische Marke auch zukünftig mit der RS 457 gerecht werden. Sie sieht aus wie die bereits bekannte und bewährte RS 660 und soll in der Einsteigerklasse auf Kundenfang gehen. Ihr Reihenzweizylindermotor leistet die maximal in der A2-Klasse erlaubten 48 PS, allerdings muss die RS 457 dafür vorschriftsmäßig 175 kg überschreiten.

Aprilia RS 457

(Bild: Aprilia)

Ein Aluminiumrahmen, der den Motor als tragendes Element aufnimmt, sorgt für Stabilität, die elegante Bananenschwinge stammt von der RS 660. Eine Upside-down-Gabel mit 120 mm Federweg arbeitet vorn, ein Federbein mit 130 mm hinten. Verzögert wird die kleine Aprilia an der Front von einer Bybre-Vierkolben-Bremszange und 320-mm-Bremsscheibe. Ein fünf Zoll großes TFT-Display liefert jede Menge Informationen und die elektronischen Assistenzsysteme umfassen auch eine Schlupfregelung inklusive der Option, sie genauso – wie das ABS – am Hinterrad abschalten zu können. Gegen Aufpreis gibt es sogar einen Quickshifter. Den Preis der RS 457 hat Aprilia noch nicht bekannt gegeben.

Die Beta Alp 4.0 hat sich in zwei Jahrzehnten unter den Endurofahrern zum Kultbike gemausert. Das kleine Offroad-Motorrad wurde von einem luftgekühlten 350er-Suzuki-Motor mit Vergaser angetrieben. Die Alp 4.0 leistete zwar nur 27 PS, war aber leicht und überforderte niemanden im Gelände. Als sie 2020 aus dem Programm fiel, hinterließ sie eine schmerzhafte Lücke, die 2024 mit einem komplett neu konstruierten Modell wieder geschlossen wird. Die neue Alp 4.0 wirkt schon optisch moderner und kann dennoch ihre Wurzeln nicht verleugnen.

Beta Alp 4.0

(Bild: Beta)

Der Motor hat weiterhin 350 cm3, stammt aber von Tayo aus China, ist wassergekühlt und hat nun Einspritzung. Er soll 35 PS bei 9500/min leisten und muss nur 140 kg Trockengewicht antreiben. Der Rahmen besteht ganz traditionell aus Stahlrohr, der Federweg der Telegabel beträgt 185 mm. Das hintere Federbein kommt auf 195 mm. Die 130 km/h Topspeed interessieren die Kunden nur am Rande, denn ihr Ziel sind die kleinen Schotterwege im Wald und in den Bergen. Die Beta Alp 4.0 gibt es ab 5900 Euro.

Endlich hat BMW sich auf seine erfolgreiche Rallye-Zeiten besonnen und der neuen F 900 GS einen Look verpasst, als wäre sie gerade auf dem Weg nach Dakar: Ein steil stehender Windschild, Upside-down-Gabel von Showa und Federbein von Sachs mit 230 bzw. 215 mm Federweg, Drahtspeichenräder und ein Vorderrad mit 21 Zoll Durchmesser. Der Lenker liegt 15 mm höher und die Fußrasten 20 mm tiefer als bei der Vorgängerin, was das Stehendfahren im Gelände erleichtert.

BMW F 900 GS

(Bild: BMW)

Doch dabei beließ es BMW nicht, der Hubraum des Reihenzweizylinders wurde auf 895 cm3 vergrößert, die Leistung stieg von 95 auf 105 PS. Für Geländefahrer aber noch interessanter ist die Angabe des Leergewichts von 219 kg – damit ist sie 14 kg leichter als die F 850 GS. Dafür hat BMW an der Schwinge, am Heckrahmen, Seitenständer, Scheinwerfer sowie am Auspuff am Gewicht gefeilt und der Tank besteht jetzt aus Kunststoff statt Stahl. Die BMW F 900 GS kostet ab 13.750 Euro und viele werden sicher gerne die 450 Euro Aufpreis für die weiß-blau-rote Lackierung "Trophy GS" inklusiver golden eloxierter Felgen bezahlen.

Wohl kein Motorrad wurde mit so großer Spannung erwartet wie die BMW R 1300 GS. Die Boxer-GS ist seit Jahren das meistverkaufte Motorrad in Deutschland und genießt Kultstatus. BMW ist es gelungen, die Vorgängerin R 1250 GS in allen Bereichen zu übertreffen. Die Designer wandten sich von dem monumentalen, übergewichtigen Auftritt ab und schufen eine GS, die schlanker und dynamischer erscheint.

Ihr Hubraum wurde auf exakt 1300 cm3 erhöht, die Verdichtung auf 13,3:1 und die Leistung von 136 auf 145 PS. Die Shift-Cam genannte Technologie mit den variablen Steuerzeiten blieb erhalten und bietet üppiges Drehmoment über das gesamte Drehzahlband sowie ein Maximum von 149 Nm bei 6500/min. Ein komplett neuer Rahmen mit weiterentwickeltem Telelever vorn sowie verbesserter hinterer Paralever-Aufhängung sollen das Ansprechverhalten weiter verbessern.

BMW 1300 GS

(Bild: BMW)

Gegen Aufpreis gibt es ein semi-aktives Fahrwerk, das zudem automatisch die Sitzhöhe im Stand um 30 mm absenkt. Die R 1300 GS soll 237 kg bei zu 90 Prozent befülltem 19-Liter-Tank wiegen, das wären 12 kg weniger als bisher. Sie startet ab 19.100 Euro, doch kein GS-Käufer belässt es in Anbetracht des reichhaltigen Zubehörs bei der Basis-Ausstattung.

Die Zeiten, als chinesische Motorräder langweilig, untermotorisiert und qualitativ minderwertig waren, sind vorbei. Die 800 NK Sport von CFMoto ist hübsch designt und ordentlich motorisiert. Entwicklungshilfe erhielt CFMoto von KTM, der Reihenzweizylinder stammt von der 790 Duke, die in China bei CFMoto gefertigt wird. In der 800 NK Sport leistet der 799-cm3-Motor 95 PS, die bei einem Trockengewicht von 186 kg viel Freude bringen dürfte.

CFMoto 800 NK Sport

(Bild: CFMoto)

Schon optisch ist das chinesische Naked Bike gelungen, es wirkt mit dem knappen Heck und bulligem Tank leicht und dennoch kraftvoll. Sie zeigt mit dem breiten, V-förmigen LED-Scheinwerfer ein eigenständiges Gesicht. Die 800 NK Sport setzt auf Federelemente des japanischen Spezialisten KYB, Bremszangen von Nissin und ein ABS von Bosch. Das verspricht eine komfortable Fahrt und sichere Verzögerung. Die 800 NK Sport gibt es schon für 7390 Euro und dürfte der etablierten Konkurrenz die Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Wer hätte gedacht, dass die Supermotos ein Comeback feiern würden? Über viele Jahre hielt ausschließlich KTM mit der 690 SMC-R bzw. ihrem fast identischen Schwestermodell Husqvarna 701 SM die Fahne der leichten Einzylinder-Supermotos hoch. Jetzt präsentiert Ducati die attraktive Hypermotard 698 Mono mit ihrem ersten Einzylindermotor seit fast drei Jahrzehnten.

Ducati Hypermotard 698 Mono

(Bild: Ducati)

Der "Superquadro" genannte Motor verfügt über 659 cm3 Hubraum und desmodromische Ventilsteuerung. Mit den Zutaten bringt er es auf 77,5 PS bei 9750/min – eindrucksvolle Werte für einen Einzylinder. Ihr Fahrwerk ist voll einstellbar, vorn arbeitet eine Marzocchi-Gabel, hinten ein Federbein von Sachs. Der dynamischen Look der Hypermotard 698 Mono dürfte halten, was er verspricht, denn sie wiegt nur 151 kg trocken. Mit einer vierstufigen Schlupfregelung können auch Anfänger den kontrollierten Drift lernen. Das Spaßmobil aus Italien kostet ab 12.390 Euro.

Hondas Supersportler ist zurück. Die CBR 600 RR war 2017 in Europa aus dem Programm gefallen. Zu gering waren die verkauften Stückzahlen und zu aufwendig die Anpassung des Motors an die Euro-4-Norm. Doch der weltgrößte Motorradhersteller hat sich für 2024 eines Besseren besonnen und bietet eine verschärfte Version des einstigen Bestsellers an.

Honda CBR 600 RR

(Bild: Honda)

Der 599-cm3-Reihenvierzylinder leistet 121 PS bei 14.250/min. Die CBR 600 RR wiegt nur 193 kg mit vollem 18-Liter-Tank. Ihr Design ist zum Niederknien schön und ermöglicht mit 0,555 den niedrigsten cW-Wert ihrer Klasse.

Das voll einstellbare Fahrwerk stammt von Showa, die Bremsen von Tokico – beides dürfte sehr flotte Rundenzeiten ermöglichen. Die reichhaltige Ausstattung mit allem, was schnell macht reicht vom Quickshifter über eine Anti-Hopping-Kupplung bis zur neunfach einstell- und abschaltbaren Schlupfregelung. Drei Fahrmodi sind fix programmiert, zwei frei konfigurierbar. Der Preis der Honda CBR 600 RR ist inzwischen bekannt, Mit 11.800 Euro ist die Maschine günstiger als erwartet.

Die Honda CB 750 Hornet ist 2023 das meistverkaufte Naked Bike in Europa, dank ansprechendem Design, gutem Motor und einem günstigen Preis von 8190 Euro. Den Erfolg will Honda nun auch eine Klasse höher wiederholen und präsentiert die CB 1000 Hornet. Optisch ist sie eine verschärfte 750er mit kleiner Frontmaske und zwei schräg stehenden LED-Scheinwerfern. Das Heck läuft spitzer zu und die Tankabdeckung ist kantiger. Der Brückenrahmen aus Stahl ist neu konstruiert, der Heckrahmen im Gitterrohr-Design ist angeschweißt.

Honda CB 1000 Hornet

(Bild: Honda)

Ihr 999 cm3 großer Reihenvierzylinder stammt vom Superbike Fireblade des Jahrgangs 2017 und wurde zugunsten eines alltagstauglicheren Leistungsverlaufs angepasst. In der CB 1000 Hornet bringt er es auf 150 PS und 110 Nm Drehmoment. Auch wenn Honda das Gewicht der neuen Hornisse noch nicht verraten hat, ist die Leistung auf jeden Fall mehr als ausreichend. Sehr hübsch schlängeln sich die vier Auspuffkrümmer um den Motor, münden allerdings in einen riesigen Endschalldämpfer. Die CB 1000 Hornet soll erst im Juni nach Deutschland kommen, deshalb hat Honda ihren Preis noch nicht festgelegt.

Es ist ein sehr mutiger Schritt von Kawasaki und ein Bekenntnis zum Sport, die ZX-4RR nach Deutschland zu bringen. Die letzte 400er-Kawasaki mit Reihenvierzylinder wurde hierzulande in den 1990er Jahren verkauft. Die attraktive ZX-4RR bietet nicht nur optisch Racing-Flair, sondern einen 399-cm3-Vierzylinder mit nur 39,1 mm Hub, der sich zu 77 PS bei 14.500/min aufschwingt und sogar über 15.000 Touren verträgt.

Kawasaki ZX-4RR

(Bild: Kawasaki)

Solange sich die Drehzahlen im vierstelligen Bereich befinden, tut sich nicht viel, aber sobald es fünfstellig wird, brennt die kleine Kawasaki ein Feuerwerk ab. Zwar ist die ZX-4RR mit 189 kg Leergewicht gar nicht mal außergewöhnlich leicht, aber die geringe Schwungmasse der Kurbelwelle und der kurze Radstand von 1380 mm macht sie zum Kurvenräuber. Auch der Topspeed kann sich den für kleinen Hubraum sehen lassen, er liegt bei über 200 km/h. Die ZX-4RR will kein Alltags-Bike sein und 9995 Euro klingen erst einmal nicht wirklich billig für eine 400er, aber in Sachen Fahrspaß macht ihr so schnell niemand etwas vor.

Dass ausgerechnet Kawasaki das erste Hybrid-Motorrad auf den Markt bringt, ist schon eine Überraschung. Kawasaki war zwar immer schon die "grüne Marke", aber das bezog sich bislang auf die Werkslackierung. Auf den ersten Blick wirkt die Ninja 7 Hybrid merkwürdig langgestreckt, weil hinter dem Reihenzweizylinder noch ein Elektromotor und eine Lithium-Ionen-Batterie verbaut sind.

Kawasaki Ninja 7 Hybrid

(Bild: Kawasaki)

Der Verbrennungsmotor holt aus 451 cm3 Hubraum 59 PS, zusätzlich kann der Elektromotor 9 PS an Nenn- und 12 PS an Spitzenleistung abrufen, Kawasaki nennt eine Systemleistung von 69 PS. Hybridisierung macht Antriebe nicht nur sparsamer unter bestimmten Umständen. Er kann auch dazu genutzt werden, die Leistungen beider Zweige zu addieren: Als Clou hat die Ninja 7 Hybrid einen eBoost-Button am rechten Lenkerende: Er gibt für fünf Sekunden die volle Systemleistung frei. Beim Ampelstart soll die Ninja 7 Hybrid angeblich auf den ersten 50 Metern sogar das 203 PS starke Superbike Kawasaki ZX-10R abhängen.

In der Stadt surrt die Ninja 7 Hybrid im EV-Modus fast lautlos durch den Verkehr, die sechs Gänge ihres halbautomatischen Getriebes werden über zwei Tasten hoch- bzw. runtergeschaltet. Sie wiegt 227 kg und verfügt zum Ausparken über einen elektrischen, drei km/h schnellen Rückwärtsgang. Im "Eco"-Modus soll die Ninja 7 Hybrid nur 3,7 Liter verbrauchen. Ihren Preis hat Kawasaki allerdings noch nicht verraten.

(fpi)