Was wiederbelebte Mammuts für den Arten- und Klimaschutz bringen

Seite 2: Kurze Stoßzähne gegen Wilderei

Inhaltsverzeichnis

Was sind die wichtigsten Schritte für die Wiedererweckung des Wollhaarmammuts?

Der erste Schritt besteht darin, eine Technologie zu entwickeln, mit der Dutzende bis Tausende Änderungen an der Keimbahn vorgenommen werden können. Der zweite Schritt wäre, die Reproduktion so weit zu steigern, dass die Tiere in einem angemessenen Zeitraum eine Wirkung entfalten können. Und drittens geht es darum, sie so zu platzieren, dass sie von Knotenpunkten aus in Regionen mit hohem Kohlenstoffgehalt und geringer menschlicher Bevölkerungsdichte wandern.

Haben wir die Technologie für präzise gentechnische Änderungen?

Ja. Wir haben bei verschiedenen Schweinestämmen 42 Veränderungen zum Zweck der Gewebetransplantation erfolgreich durchgeführt. Sie sind so gesund, dass sie Organe für präklinische und klinische Versuche an Menschen spenden. In menschlichen Zellen haben wir sogar 24 000 Änderungen durchgeführt, die stabil vererbt werden. Für die Mammuts haben wir eine Liste von Editierungen zusammengestellt, bei denen die mütterlichen und väterlichen Genvarianten der kälteresistenten Vorfahren gleich waren. In vielen Fällen werden diese auf die Kälteresistenz ausgerichtet sein.

Was müssen Sie noch anpassen, damit die Tiere an die Umwelt gut angepasst sind?

Die meisten der Kältetoleranz-Genvarianten, die wir untersuchen, betreffen die Dicke der Fettschicht, das Haar und die Wolle – und zwar körperweit. Auch kleine Ohren, spezialisierte Fettdepots, Skelettstrukturen, Stoßzähne. Wir wollen in der Lage sein, sowohl kurze als auch lange Stoßzähne zu erzeugen. Kurze Stoßzähne könnten einen Schutz gegen Wilderei darstellen. Oder gar keine Stoßzähne, denn in freier Wildbahn hat sich gezeigt, dass Elefanten auch ohne Stoßzähne zurechtkommen.

Stammen diese Gene aus Mammut-DNA-Proben? Und woher wissen Sie, wo sie eingefügt werden sollen – sprich: Ist die ursprüngliche genetische Struktur der Mammuts bekannt?

Ja, es gibt viele gefrorene Mammuts. Mammutgenome gehören zu den am besten sequenzierten Genomen der Welt. Auch Elefantengenome stehen gleich an zweiter Stelle hinter dem des Menschen. Wir haben also eine gute Kartierung der Gene, denn insbesondere die Asiatischen Elefanten sind den Mammuts mit 99,6 Prozent Erbgutübereinstimmung sehr ähnlich. Die Veränderungen, die wir zum Beispiel im Blut, im Hämoglobin, vornehmen, liegen vielleicht in der Größenordnung von fünf. Man kann es sich fast so vorstellen, dass Elefanten und Mammuts Mutanten des jeweils anderen sind.

Wie wollen Sie eine ausreichend große Mammutpopulation aufbauen, auch um Inzucht zu vermeiden?

Die Idee ist, mit einer Herde Afrikanischer oder Asiatischer Elefanten zu beginnen, die ein paar wolligere Mitglieder hat und groß genug ist, um schnell zu einer vielfältigen Herde heranzuwachsen. Es gibt eine große Überlappung bei den Temperaturen – Winter für die Asiatischen Elefanten und Sommer für die Mammuts ist ziemlich ähnlich. Sie werden dabei von Anfang an genetisch vielfältig sein, weil sie die Vielfalt der Elefantenwirte plus die Vielfalt, die wir einführen, besitzen. Wir versuchen auch, die künstliche Vermehrung außerhalb des Körpers zu ermöglichen, sodass wir im Prinzip gleichzeitig Tausende Tiere mit unterschiedlichen genetischen Kompositionen erschaffen können.

Sie planen also, künstliche Gebärmütter für Mammuts zu verwenden?

Richtig. Wir wollen das aus zwei Gründen tun. Ich meine, es ist spekulativ. Es wurde bei Säugetieren noch nicht nachgewiesen, es gibt also keine Garantie. Aber unsere zwei Gründe sind, dass wir erstens die natürliche Fortpflanzung der gefährdeten Elefantenarten auf keinen Fall beeinträchtigen wollen. Der zweite Grund ist, dass wir die gesamte Entwicklung beobachten möchten. Dabei ist es viel einfacher, die Entwicklung in einem Labor zu verfolgen, als wenn sie in einer wilden Mutter stattfindet.

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