Digital Markets Act: Wie die EU Weltkonzerne zu europäischen Sonderlocken zwingt

Seite 2: Datentrennung und Auswahlscreens

Inhaltsverzeichnis

Artikel 5 Abs. 1 DMA verbietet es, personenbezogene Daten, die in verschiedenen Unternehmen eines Konzerns anfallen, ohne Nutzererlaubnis zusammenzuführen. Auch das sogenannte Single Sign-on, also eine Login-Plattform für alle Dienste des Konzerns, muss abschaltbar sein. Dies betrifft vor allem Meta, Google und Microsoft, die deshalb in der Vergangenheit kartellrechtlicher Kritik unterlagen, weil sie Daten verschiedener Dienste gewinnbringend aggregieren. Wichtig: Erklärt der Nutzer nicht explizit sein Einverständnis, ist jede Zusammenführung seit dem 7. März 2024 untersagt.

Tatsächlich hat etwa Meta wegen des DMA bereits zu Beginn des Jahres begonnen, seine Dienste in der EU zu separieren. Deutsche Nutzer sind in den vergangenen Wochen in den Apps von Facebook und Instagram gedrängt worden, "angesichts sich ändernder Gesetze in deiner Region" ihre Konten "zu bestätigen". Taten sie das nicht, bekamen sie die Wahl, Konten einzelner Dienste aus der gemeinsamen Verwaltung herauszulösen. Die Daten würden dann nicht mehr zwischen den Diensten geteilt, versichert Meta.

Facebook- und Instagram-Nutzer können nun bestimmen, dass Meta ihre Daten nicht mit dem jeweils anderen Dienst zusammenführt.

Den Facebook Messenger wird Meta aufgrund der DMA-Vorgaben als Stand-alone-Version mit eigenem Login anbieten, teilte der Konzern mit. Die wählbare Datentrennung sei zum DMA-Start auch für den Facebook Marketplace sowie die Gaming-Plattform vorgesehen. Facebook unterstütze die mit dem DMA verbundenen Ziele. "Um dies zu erreichen, haben wir ein großes funktionsübergreifendes Team zusammengestellt", versicherte der Konzern. Die Frage, warum man die gelobten Pflichten dennoch nur im EWR umsetzt, blieb unbeantwortet.

Google hat noch nicht angekündigt, sein Single Sign-on über die Dienste hinweg abstellen zu können. An verschiedenen Stellen, beispielsweise in YouTube oder Maps, fragte der Konzern bisher lediglich das Einverständnis dazu ab, die gesammelten Daten aggregieren zu dürfen. Ganz in Dark-Pattern-Manier wies Google darauf hin, dass einige Dienste nicht mehr richtig oder gar nicht funktionieren, wenn der Nutzer ablehne. So hieß es zum Beispiel: "Wenn die Suche, YouTube und Chrome keine verknüpften Dienste sind, werden Ihre Empfehlungen in der Suche, wie zum Beispiel ‚Was Sie sich ansehen sollten‛ und Ihr Discover-Feed weniger personalisiert sein."

Microsoft verfuhr ähnlich in seinem Business-Netzwerk LinkedIn: "In den nächsten Wochen werden Sie, falls Sie sich als Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz befinden, aufgrund des Gesetzes über digitale Märkte die Möglichkeit erhalten, zu wählen, ob Sie Ihr berufliches LinkedIn Netzwerk mit den LinkedIn Jobs, Marketing Solutions und/oder Learning-Services verknüpfen wollen." Man erhalte weniger individualisierte, relevante Informationen, wenn man sich gegen die Zusammenführung entscheide, warnte das Unternehmen. Aber immerhin könne man alle Services weiter getrennt voneinander nutzen.

Eine weitere DMA-Pflicht: Android wird mit einem Auswahlscreen abfragen, welche Suchmaschine in Chrome voreingestellt sein soll.

(Bild: Ecosia)

Eine weitere Vorschrift, die die EU-Kommission aus vergangenen Kartellrechtsverfahren abgeleitet hat, findet sich in Art. 6 Abs. 3 DMA. Torwächter dürfen demnach nicht bestimmte Produkte auf ihren Plattformen bevorzugen. Sie müssen Nutzern erlauben, vorinstallierte Apps leicht zu deinstallieren oder Standardeinstellungen in Betriebssystemen zu ändern. Entscheidend: Sie müssen "Auswahlbildschirme für wichtige Dienste" anbieten, wie sie manche noch aus vergangenen Browserkrieg-Zeiten kennen. Mit "wichtigen Diensten" sind insbesondere Browser, Suchmaschinen und smarte Assistenten gemeint. Tatsächlich gibt es nun diese Auswahlfenster in den Betriebssystemen.

Microsoft etwa lieferte das DMA-konforme Update 23H2 von Windows 11 punktgenau zum Start der Verordnung aus, wie der Konzern bereits im November 2023 ankündigt hatte. Nur innerhalb des EWR fragt dieses Update, ob man den Browser Edge und die Websuche Bing zugunsten von Konkurrenzprodukten deinstallieren möchte. Die Auswahl wie auch die Default-App-Einstellungen behält Windows dann neuerdings auch über mehrere Updates hinweg bei. In einem Blogbeitrag warnte Microsoft schon einmal: "Windows verwendet die vom Kunden bei der Einrichtung des Geräts gewählte Region, um festzustellen, ob sich der PC im EWR befindet. Die bei der Einrichtung des Geräts gewählte Region, die für die DMA-Konformität verwendet wird, kann nur durch Neuinstallation geändert werden."

Google hat angekündigt, dass in Android ein Auswahlbildschirm den Wechsel von Chrome und Google-Suche zu anderen aufgezeigten Produkten ermöglichen wird. Der Browser Chrome selbst wird laut Google auch unter iOS, macOS und Windows andere Suchmaschinen als die von Google als Voreinstellung vorschlagen. Auch Apples Safari als zweiter Torwächter-Browser wird in jedem Apple-Betriebssystem per Update dazu gebracht, einen Auswahlscreen zu präsentieren.