Ausnahmeerscheinungen: Euro-4-Motorräder 2021

2020 homologierte die EU nur noch Euro-5-Bikes. Ältere mit Euro-4 hätten bis 31.12. verkauft und zugelassen sein sollen. Wegen Covid-19 gilt nun eine Ausnahme.

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Die Kawasaki ZX-6R fiel für 2021 aus dem Programm.

(Bild: h/A Archiv)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Ingo Gach
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Ab dem 1. 1. 2021 gilt in der EU für neu zugelassene Motorräder die Euro-5-Norm. Die EU erteilte schon 2020 neue Zertifizierungen nur noch an Modelle, die der Euro-5-Norm entsprachen. Die bereits vor 2020 homologierten Euro-4-Modelle durften aber weiter verkauft und zugelassen werden. Der Termin war schon vor Jahren von der EU beschlossen worden, doch dann kam die Covid-19-Pandemie und zwang auch die Motorradindustrie im März 2020 in einen Lockdown. Zwar erholte sie sich nach der Aufhebung Ende April wieder und in Deutschland wurden schließlich sogar deutlich mehr Motorräder als im Vorjahr neu zugelassen, dennoch konnte in manchen Fällen die bereits vorhandene Euro-4-Produktion bis Ende des Jahres nicht vollständig abverkauft werden.

Das lag an gestoppten Produktionsbändern, unterbrochenen Lieferketten und geschlossenen Läden. Deshalb beantragte die ACEM (Europäische Vereinigung der Motorradhersteller) bei der EU, die verbindliche Einführung der Euro-5-Norm um ein Jahr zu verschieben. Man wollte auch 2021 noch Euro-4-Motorräder produzieren dürfen, denn ein neues Modell für die EU zu zertifizieren ist ohnehin schon sehr aufwendig und wurde nun durch die Covid-19-Pandemie noch zusätzlich erschwert.

Euro-4-Motorräder 2021 (11 Bilder)

Aprilia hebt die Shiver 900 nicht auf Euro-5-Norm, das bedeutet das Aus für das Naked Bike mit dem V2-Motor. Doch sie gehört zu den Euro-4-Modellen, bei denen der Hersteller eine Ausnahmegenehmigung für 2021 beantragen könnte.

Die zuständige Kommission in Brüssel lehnte den Antrag Ende September zwar ab, erweiterte jedoch die Ausnahmeverordnung. Es wurden jetzt mehr Euro-4-Motorräder für eine Ausnahmegenehmigung 2021 zugelassen als ursprünglich vorgesehen, allerdings nur Maschinen, die bereits vor April 2020 hergestellt worden waren. Europa weit betraf das rund 550.000 Maschinen, von denen ein Großteil inzwischen verkauft ist.

Um Euro-4-Bikes auch im Jahr 2021 noch zulassen zu können, greift der sogenannte "End-of-Series"-Mechanismus. Dafür können die Hersteller in den jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten eine Ausnahmegenehmigung stellen – das hatten viele Motorradmarken bereits 2017 beim Wechsel von Euro-3- auf Euro-4-Norm gemacht. Die Hersteller können nun erneut beim Kraftfahrtbundesamt für ihre Euro-4-Modelle eine Ausnahmegenehmigung in Höhe von zehn Prozent der in den beiden Vorjahren verkauften Stückzahl des betreffenden Modells beantragen. Diese Motorräder dürfen noch für 24 Monate, also bis zum 31. 12. 2022, neu zugelassen werden. Eine andere Möglichkeit für eine Ausnahmegenehmigung besteht für Hersteller, die Kleinserien von unter 100 Einheiten produzieren. Eine Sonderstellung nehmen schon lange Sportenduros ein, die zwar stark gedrosselt werden müssen, aber auf gewisse Vorschriften, wie z. B. ein ABS, verzichten dürfen.

Das Problem der Euro-4-Modelle stellt sich bei den meisten Motorradherstellern nur in geringen Umfang. Für 2021 haben sie schon viele Motoren auf Euro 5 gebracht oder bereits länger in Produktion befindliche Euro-4-Modelle einfach aus dem Programm gestrichen. Die Motorradhändler versuchten dennoch zum Ende des Jahres soviel Euro-4-Modelle wie möglich mit teilweise deutlichen Nachlässen zu verkaufen, denn die Motorräder, die bereits bei ihnen im Laden standen, fielen nicht unter die EU-Ausnahmegenehmigung. Die Verordnung bezieht sich nur auf Krafträder, die 2021 noch beim Hersteller im Lager sind – hier ist die Fahrgestellnummer entscheidend. Wer jetzt zum Jahresende ein günstiges Neumotorrad mit Euro-4-Norm gekauft, es aber 2020 noch nicht zugelassen hat, guckt in die Röhre, denn 2021 wird das Straßenverkehrsamt ihm die Zulassung verweigern.

Yamaha bietet das Supersportmodell YZF-R6 mit Euro 4 ohne Straßenzulassung an.

(Bild: Yamaha)

Dann kann er mit seinem neuen Motorrad nur noch auf Privatgelände fahren, aber nicht mehr im öffentlichen Straßenverkehr. Auf die Lösung ist Yamaha verfallen und bietet deshalb sein Supersportmodell YZF-R6 zwar für 2021 weiterhin zum Verkauf an, jedoch nur zum Einsatz auf der Rennstrecke – der Aufwand einer Ausnahmegenehmigung für die letzten R6-Modelle lohnte sich für Yamaha offensichtlich nicht.

(fpi)