In die Röhrchen gucken

Mit Bildschirmen auf Basis von Kohlenstoff-Nanoröhrchen will der südkoreanische Konzern Samsung das Fernsehen neu definieren - und das erste kommerzielle Elektronikprodukt der Nanotechnik in die Haushalte bringen VON CHARLES C.

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Lesezeit: 19 Min.
Von
  • Charles C. Mann
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Auf den ersten Blick sieht das Gerät, über das in einer Endlosschleife Werbetrailer für James-Bond-Filme flimmern, wie ein handelsüblicher Großbildfernseher aus. Eine rechteckige Mattscheibe in einem Hightech-Plastikrahmen eben. Und doch hat der Apparat in einem Labor des südlich von Seoul, Südkorea, gelegenen Samsung Advanced Institute of Technology, mit einem gewöhnlichen TV-Gerät nur wenig gemein. Denn im Unterschied zu einem normalen Fernseher werden die Bilder hier von einer Schicht Kohlenstoff- Nanoröhrchen erzeugt, die Elektronen wie winzige Kanonenkugeln auf einen Phosphorschirm schießen.

Auf der ganzen Welt sind Fernsehschirme der klobige Inbegriff von Häuslichkeit. Aber dieses Exemplar gehört zur Speerspitze der kommenden Nanorevolution: Es könnte das erste kommerzielle Produkt sein, das Elektronik im Nanomaßstab in die Haushalte bringt. Forscher rund um die Welt liefern sich ein hartes Rennen darum, diese neuartige Bildschirmtechnologie zu perfektionieren. Sie soll hellere und schärfere Bilder liefern und weniger Energie verbrauchen als die heute noch üblichen Flachbildschirme. Im Moment scheint das Samsung-Institut vorn zu liegen. "Sie gilt es zu schlagen", sagt Yahachi Saito, Leiter einer konkurrierenden Forschergruppe der japanischen Nagoya Universität. "Sie sind sehr schnell vorangekommen."

Südkoreanische Technologieunternehmen gelten selten als führend bei der Entwicklung neuer Technologien. Samsung will mit diesem Vorurteil aufräumen. "Wir werden immer noch, und das zu Recht, mit Billigproduktion identifiziert", sagt Young Joon Gil, Chief Technology Officer am Samsung- Institut. Aber es drängen neue Mitbewerber aus China und anderen ostasiatischen Ländern auf den Markt. Aus diesem Grund muss sich Samsung, so sagt er, "Schritt für Schritt in Richtung hochprofitabler, hochriskanter Innovationen orientieren, um zu überleben".

Nanotechnologie ist die wichtigste der risikoreichen Sparten, von denen sich das Unternehmen neue Produkte erhofft – die Nanoröhren-Bildschirme sind die ersten Früchte. Bekannt als "Feldemissions-Displays", sollen sie Ende 2006 in den Läden stehen, sagt Young - mit einem komfortablen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern.