In die Röhrchen gucken

Seite 4: In die Röhrchen gucken

Inhaltsverzeichnis

Samsung würde sich neuen Geschäftsfeldern zuwenden müssen, um zu überleben, sagte Lee. "Wechsle alles, außer deiner Frau und deinen Kindern!", scherzte er. Praktisch bedeutete dies die Konzentration auf hochwertigere, hoch profitable Produkte. Samsung sollte zu einem Markennamen werden, zu einem Symbol für Qualität wie etwa Sony oder Honda. Heute verkauft der Konzern modernste Produkte, von superflachen DVD-Playern bis hin zu Videospiel-Chips. Es ist zum weltweit drittgrößten Hersteller von Handys geworden und hat heiß begehrte, hochwertige Geräte mit knackig bunten Displays im Angebot. In einer Liste des "Fortune"-Magazins aus dem Jahr 2003 lag Samsung auf Platz vier der "am meisten bewunderten" Elektronikfirmen. 2003 gab Samsung 2,9 Milliarden US-Dollar für Forschung und Entwicklung aus, der Umsatz stieg im selben Jahr für die Samsung-Gruppe als Ganzes um elf Prozent gegenüber 2002 und erreichte rund 55 Milliarden US-Dollar.

Die Feldemissions-Displays sind Samsungs nächster Schritt, um sich in einem geschäftlichen Transformationsprozess von einem Hightech-Wettbewerber zum Marktführer zu wandeln. "Displaytechnik ist ein reichlich komplexes Gebiet", sagt Kim Jong Min, Vizepräsident und Direktor der Abteilung für Materialforschung am Institut. "Und die Verwendung von Nanoröhrchen macht es noch einmal deutlich schwieriger, sowohl wegen der unausweichlichen Probleme, die sich bei der Erkundung unbekannten Gebiets ergeben, aber auch weil es kein Modell gibt, an dem man sich orientieren kann." Laut Kim sind Nanoröhrchen-basierte Feldemissions-Displays so komplex, dass kein Einzelunternehmen sie allein entwickeln kann. Als Konsequenz teilen Forscher rund um die Welt die Technologie in ihre Einzelteile und weisen sie informell einzelnen Arbeitsgruppen zu, die sich dann damit beschäftigen.

Samsung beispielsweise will, außer zu Forschungszwecken, selbst keine Nanoröhrchen herstellen. Stattdessen werden sie als Pulver von Carbon Nanotechnologies gekauft, ein Anbieter aus Houston, der eine nicht unbeträchtliche Zahl von Patenten auf diesem Gebiet hält. Ein Gramm Nanoröhrchen- Pulver, genug für ein halbes Dutzend Großdisplays, kostete laut Kim im Jahr 2003 100 US-Dollar. In zwei Jahren soll der Preis bei rund zehn US-Dollar liegen. "Das ist ein Wettbewerb, an dem wir uns nicht beteiligen wollen."

Ebenso will sich Samsung auch nicht um den Klebstoff kümmern, der die winzigen Röhrchen auf ihrem glasartigen Substrat hält. Das allein ist schon eine schwierige technologische Herausforderung. Man arbeitet mit DuPont zusammen, um ein Haftmittel zu entwickeln, das vielschichtigen Anforderungen genügen muss. Es muss dünnflüssig genug sein, um sich zu verteilen, ausreichend stark, um die ultrafeinen Röhrchen festzuhalten, dehnbar genug, um seine Haftkraft trotz der unausweichlichen, thermisch bedingten Expansion und Kontraktion nicht zu verlieren, sowie leicht zu entfernen, sodass die Hersteller überschüssigen Kleber leicht von der Oberseite der Nanoröhrchen abtragen können, damit die Elektronen frei fließen können.