In die Röhrchen gucken

Seite 6: In die Röhrchen gucken

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Samsung ist mit dem Ergebnis zufrieden genug, um einem Journalisten von Technology Review als erstem nicht koreanischen Reporter einen Besuch im Advanced Institute of Technology zu gestatten. Beim Rundgang durch die labyrinthartigen, neonbeleuchteten Labors des Instituts, jedes mit dem obligatorischen Inventar, bestehend aus weiß bekittelten Forschern und leuchtenden Computerbildschirmen, erläutert Kim, dass das Display etwa 100 Watt benötigt. Etwa ein Drittel der Energie, die ein Plasmadisplay vergleichbarer Größe benötigt. "Das ist der aktuelle Wert", fügt er hinzu. Mit kaum zwei Millimeter Dicke ist das Glas dünn genug, um das Display dünner als jedes momentan auf dem Markt befindliche zu machen.

Beim Display angekommen, stellt Kim es mit der leichten Nervosität stolzer Eltern vor, die hoffen, dass ein Fremder die besonderen Qualitäten des Nachwuchses zu schätzen weiß. Das Bild ist so scharf wie das eines Displays mit herkömmlicher, hochauflösender Bildröhre vergleichbarer Größe, auch wenn einige weiße Fehlstellen zu erkennen sind. ("Die Schwierigkeiten eines Prototyps eben", erklärt Kim.) Gefragt, ob die Technologie kurz vor der Marktreife steht, tauschen die For- scher im Raum unsichere Blicke aus. Schließlich antwortet Kim, dass Samsung sich gerade der finalen Herausforderung stellt, der Welt Nanotechnologie nahe zu bringen: Man muss sich das Produkt leisten können. "Die ökonomischen Probleme sind sehr viel größer als die technologischen."

Samsung ist nicht allein. Zwei Stunden entfernt, in Japan, hat Saitos Erfolg - und die Angst, von Korea überflügelt zu werden - dazu geführt, dass die "New Energy and Industrial Technology Development Organization" der Regierung ein 37 Millionen US-Dollar umfassendes und auf zweieinhalb Jahre angelegtes Programm aufgelegt hat, um Feldemissions-Displays im Schnelldurchgang zu entwickeln. Im Jahr 2003 gestartet, hat das Programm vier große Teilnehmer: Hitachi, Asahi Glass sowie eine von Saito geleitete Kollaboration der Nagoya Universität mit Noritake und ein gemeinsames Projekt von Mitsubishi mit der Universität von Kyoto, der Universität von Osaka und der Osaka Präfektur-Universität. "Noch haben die Koreaner einen Vorsprung", sagt Saito. "Aber wir arbeiten hart daran aufzuholen." Das tun auch ein Dutzend anderer Firmen in Japan, Europa und den Vereinigten Staaten. Allgemein werden Noritake, Mitsubishi, Motorola und das Labor für Elektronik und Informationstechnologie der französischen Atomenergiekommission in Grenoble als führend angesehen.

Nanotechnologie gilt als eine Technologie, die das Potenzial hat, die etablierte Ordnung auf den Kopf zu stellen. In einer von Unternehmensberatern oft strapazierten Theorie werden solche Technologien kaum von den Platzhirschen einer Industrie entwickelt, und das aus zwei Gründen: Zum einen sind sie in ihren frühen Phasen wenig profitabel, und zum zweiten haben sie das Potenzial, bereits bestehenden Produkten das Wasser abzugraben. Schließlich, so die Lehre, entwickelt ein kleines Start-up die Technologie und erschüttert so das Establishment. Ob Feldemissions-Displays eine solche Technologie darstellen, wird sich zeigen. Auf dem Papier haben Nanoröhrchen unbestreitbare technologische Vorteile, aber auf dem Markt stellen sie sich weit weniger beeindruckend dar. Momentan werden Plasmadisplays mit gut einem Meter Bildschirmdiagonale für etwa 2500 bis 3500 US-Dollar verkauft, große LCDBildschirme kosten zwischen 5500 und 7000 US-Dollar. Aber der Preis für beide Technologien fällt. "Die Herstellungskosten pro drei Zentimeter Bildschirmdiagonale eines Plasmadisplays werden 2005 und 2006 bei etwa neun US-Dollar liegen", sagt Kim. "Aber wegen unserer Anfangsinvestitionen müssen wir das mit einer vernünftigen Marge unterbieten - etwa sieben US-Dollar pro drei Zentimeter Diagonale."