In die Röhrchen gucken

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Diese Ankündigung einzuhalten wird nicht einfach sein. Um die Feldemissions-Displays von den Labortischen in die Ladenregale zu bekommen, müssen noch einige schwerwiegende technische Probleme gelöst werden. Außerdem werden die aktuellen Flachbildschirme auf Flüssigkristall- und Plasmabasis immer besser und preisgünstiger. Und auch ein Durchbruch schafft ganz eigene Probleme, da Samsung als einer der weltweit führenden Hersteller von sowohl Flüssigkristall- und Plasmabildschirmen als auch gewöhnlichen Bildröhren sich selbst Konkurrenz machen würde. Nanodisplays sind also sowohl Vorboten einer kommenden technologischen Revolution als auch Beispiel dafür, wie große Elektronikkonzerne, mit lukrativen und etablierten Marktsegmenten, die sie schützen müssen, diese Revolution zu managen versuchen. "Wir glauben, dass wir dieses Feld meistern müssen, um zu wachsen", sagt Young. "Aber wir dürfen dabei unsere Firma nicht zugrunde richten."

Feldemissions-Displays sind eine alte Idee. Im Jahr 1991 gewannen sie plötzlich an Attraktivität, als ein Spezialist für Elektronenmikroskope bei NEC Research, Sumio Iijima, entdeckte, dass sich Kohlenstoffmoleküle zu langen, dünnen Zylindern verbinden können - Gebilde, die später Nanoröhrchen getauft wurden (Nano = gr. "Zwerg"; Milliardstel Meter). Man kann sich die Röhren vorstellen wie Zylinder, die aus winzigen Lagen von Kohlenstoffmolekülen zusammengerollt wurden – mit einem Durchmesser zehntausendmal kleiner als der eines menschlichen Haares. Forscher fanden schnell heraus, dass diese ungewöhnlichen Strukturen eine Vielzahl interessanter Eigenschaften haben, neben hoher thermischer und elektrischer Leitfähigkeit auch hohe Festigkeit.

Aber was die Nanoröhrchen für Forscher Saito besonders interessant machte, war ihre Eignung als Elektronen-Kanone. In einem entsprechend ausgerichteten elektrischen Feld platziert, können die winzigen Röhrchen Elektronen verschießen, ähnlich dem gerichteten Wasserstrahl aus einem Schlauch. Viele Materialien emittieren Elektronen, wenn genug Spannung angelegt wird. Der Unterschied besteht darin, dass Nanoröhrchen die Elektronen tatsächlich über ihre gesamte Länge beschleunigen und sie somit Elektronen von genügend hoher Energie emittieren können, um Phosphor schon bei niedrigen Spannungen zum Leuchten zu bringen. Saito, mittlerweile Professor für Quantenmechanik, demonstrierte den Effekt erstmals 1998 öffentlich. Zusammen mit dem großen Keramik- und Elektronikhersteller Noritake aus Nagoya konstruierte er eine kleine Anordnung von Nanoröhrchen, die Elektronen auf einen Phosphorschirm schossen und ihn hell aufleuchten ließen. Saitos Experiment hatte ein offensichtliches kommerzielles Ziel: den Weltmarkt für Fernseher mit einem jährlichen Volumen von 61 Milliarden US-Dollar.

Die Kathodenstrahlröhren in herkömmlichen Fernsehgeräten haben sich seit ihrer Erfindung in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts kaum verändert - im krassen Gegensatz zu allen anderen elektronischen Geräten für Heimanwender. Sie schießen Elektronen aus den Enden von Drähten auf einen Phosphorschirm und rufen dadurch Muster von Leuchtpunkten hervor, die das menschliche Auge als bewegte Bilder interpretiert. Kathodenstrahlröhren sind bauartbedingt recht klobig, denn die Elektronenkanone muss weit genug weg vom Schirm platziert sein, um jeden Punkt auf ihm erreichen zu können. Dadurch wird die Bildröhre in einem Heimfernseher zu einem unförmigen Objekt, das einen Raum mehr oder weniger dominiert.