Ineos Grenadier: Gelände-Nutzfahrzeug erstmals als Prototyp zu sehen

Seite 2: Deutlicher „Unterbiss” in der Seitenansicht

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Erstens waren die Kühlerpakete dick und die Antriebseinheiten, die Ineos von BMW und ZF beziehen wird, recht lang. Zweitens konnte der Wagen nicht auf eine jahrzehntealte Homologation wie der über 70-jährige Defender bauen. Heute mussten für eine Neuzulassung auch Auflagen für Crashsicherheit und Fußgängerschutz erfüllt werden. Als Ergebnis ist die Haube in der Mitte länger als die eines Defenders. Dazu zeigt der vordere Stoßfänger in der Seitenansicht einen deutlichen „Unterbiss”. Der Chef-Designer betont: „Nichts dient nur der Optik. Wir konnten unserem Credo treu bleiben, ein nutzenorientiertes Fahrzeug zu entwerfen, das sich auch langfristig bewähren wird.“

Die Motoren (Otto- und Diesel) kommen von BMW, die Achtstufen-Wandlerautomaten steuert ZF bei – wie übrigens auch für den immer noch hochgeländegängigen Jeep Wrangler, in dem es einen ausgesprochen überzeugenden Job macht. Elektronikfrei geht da nichts mehr. Über die Provenienz der Verteilergetriebe wurde noch nichts gesagt. Die Achsen liefert Carraro, den Leiterrahmen faltet Gestamp. Bei der Fahrwerkstechnik hatte Magna (Steyr) die Federführung – auch im wörtlichen Sinn. Sie konstruierten wegen der Schraubenfedern eine Aufhängung an je zwei Längs- und einem Querlenker.

Da ungewöhnlicherweise beide Antriebswellen erst hinter der Kraftübertragung im Verteilergetriebe von der unteren Welle auf gleicher Ebene (in Fahrtrichtung links) abgehen, sind auch beide Achsen asymmetrisch und tragen ihre Differenziale ebenfalls auf der linken Seite. Auffällig weit in die Mitte gerückt ist wegen des langen Achtgang-Automatikgetriebes die Position des Verteilergetriebes. Da sich darunter noch ein recht ausladender Rahmenquerträger befindet, scheint der Rampenwinkel unnötig stark eingeschränkt, ähnlich wie beim längst verblichenen „Hängebauchschwein” Nissan K160 (Patrol), wie er bis Anfang der 90er-Jahre gebaut wurde. Aber vorsicht mit Spekulationen aufgrund einiger Frames aus dem Imagevideo: Was da am Prototypen gezeigt wird, kann später noch ganz anders gelöst werden.

Was alles unter der Karosserie wie zusammenarbeitet und welche Leistungs- und technische Daten dafür gelten, ist allerdings noch größtenteils geheim. Wir berichten darüber, sobald Ineos Automotive nach dieser Design-Präsentation auch Details über die Technik bekanntgibt. Über die nächsten zwölf Monate soll der Grenadier rund 1,8 Millionen Testkilometer sammeln. Benannt sei der Geländewagen übrigens nicht nach Ratcliffes martialischen Neigungen sondern vielmehr nach dessen Stammpub.

Die Fertigung soll ab Ende 2021 in einer eigens gebauten Fabrik in Bridgend (Wales) mit zunächst 200 Arbeitsplätzen beginnen, langfristig rechnet Ineos mit 500 Produktionsarbeitern. Eine Anlage für die Vormontage von Fahrwerk und Karosseriekomponenten soll in Estarreja (Portugal) aufgebaut werden, in der im Lauf der Zeit weitere 500 Stellen entstehen sollen.

Was den Umsatz angeht, sieht Ineos das Vereinigte Königreich, die USA, Australien, Südafrika und Deutschland als Schlüsselmärkte. Bei Produktionsstart Ende 2021 soll der Grenadier zunächst im Vereinigten Königreich und Europa ausgeliefert werden, in den anderen Märkten weltweit in den darauffolgenden Monaten. Dazu zählen Europa, Afrika, Nord- und Südamerika, Nahost, Südostasien und Australasien.

(fpi)