Interview zur Automatisierung: "Nahezu kein Beruf fällt komplett weg"

Seite 3: Uber und die Gig-Economy

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Ich bin mir nicht sicher, ob Ihre Message in der Breite ankommt. Woran liegt es, dass in der Bevölkerung trotzdem verbreitet Vorbehalte gegenüber der Automatisierung bestehen?

Viele Menschen wurden in den vergangenen Jahren zurückgelassen. Sie haben in der Tat schlechte Erfahrungen mit neuen Technologien und Globalisierung gemacht – und wir haben verpasst, sie mitzunehmen. In der Folge haben sie Demagogen zugehört statt Ökonomen und das hat die Dinge bisher schlimmer gemacht statt besser.

Ich bin sehr enttäuscht über die Politik. Statt auf den Nutzen dieser Technologien hinzuweisen, sind Politiker den Vorbehalten in der Bevölkerung gefolgt. Ich würde gerne sehen, dass meine Idee umgesetzt wird, dass wir den Kuchen größer machen und breiter teilen können. Wenn wir solche Leute besser ausbilden würden, wären sie auch offener.

In einem Interview haben Sie hervorgehoben, dass die Automatisierung Phänomene wie Uber möglich gemacht hat, weil nun niemand mehr für große Taxidienstleister fahren muss. Aber sind es nicht gerade solche Uber-Fahrer, die zurückgelassen wurden? Sind nicht gerade das die prekären Jobs?

Wir alle nutzen Uber mehr als wir früher Taxis genutzt hätten, oder? Weil es bequem ist und günstig. Hier ist der Kuchen schon größer geworden. Es gibt mehr solche Jobs und das ist schon mal gut. Aber auch hier besteht ein riesiges Missverständnis: Diese Fahrer arbeiten sehr selbstbestimmt. Wenn der Arbeitgeber entscheidet, wann du arbeitest, ist das ein prekärer Job. Bei Uber ist es genau andersherum.

Die meisten sind froh über die Flexibilität, sie können beispielsweise mitten am Tag zum Klaviervorspiel ihrer Tochter gehen und wenn sie samstags frei haben, können sie vier Stunden extra arbeiten. Es ist das Gegenteil von prekär, es ist eine große Freiheit. Die Leute verstehen es falsch, wenn sie das prekäre Arbeit nennen. Sprechen Sie mit Uber-Fahrern?

Ja, immer. Die meisten scheinen in der Tat zufrieden zu sein, zumindest im Vergleich zu ihrem vorherigen Job. Aber das heißt doch vor allem, dass der vorige Job noch schlechter war. Heißt das aus Ihrer Sicht, dass Uber-Fahrer ein guter Job ist? Werden diese nicht unglaublich schlecht bezahlt?

Wenn sich jemand für Job A statt für Job B entscheidet, dann ist der zweite Job besser, jedenfalls für ihn. Klar, es wäre besser, wenn sie mehr verdienen würden. Aber wenn wir jetzt durch Automatisierung und Zusammenarbeit mit Maschinen die Produktivität steigern und den Reichtum gerecht verteilen – dann verdienen sie mehr.

(lca)