Lebenszeichen: Elektromotorrad ScrAmper aus der Ukraine

Emgo Technology aus Odessa hat mit der ScrAmper ein bemerkenswertes E-Motorrad am Start. Kriegsbedingt wird es nun in Polen gebaut, das Lager kam nach Leipzig.

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(Bild: Emgo)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Emgo wurde erst 2019 als Joint Venture des ukrainischen Herstellers Geon mit einem Elektromotorrad-Start-up gegründet. Die Mitarbeiter können auf längere Erfahrung in der Motorradkonstruktion zurückblicken. Nachdem zunächst der Elektroroller Razzo und der E-Scooter Flywheel an den Start gebracht wurden, folgt nun ein Elektromotorrad, dessen Namensgebung auf ein Wortspiel aus "Scrambler" und "Ampere" beruht.

Präsentiert wurde die ScrAmper bereits vergangenes Jahr auf der EICMA, doch wegen des Krieges verlegte Emgo die Produktion von der Ukraine nach Polen und die fertigen ScrAmper kommen in ein Lager nach Leipzig. Um den Widerstand gegen die russische Invasion zu unterstützen, spendet Emgo für 15 verkaufte ScrAmper ein Motorrad dem ukrainischen Militär.

Im Design bewegt sich die ScrAmper eher in Richtung Naked Bike als Scrambler, aber das muss kein Nachteil sein. Emgo schaffte es, durch einen Gitterrohrrahmen aus Stahl und Aluminiumblenden die Batterie so geschickt zu verstecken, dass die ScrAmper erst auf den zweiten Blick als Elektromotorrad zu identifizieren ist.

Eine Tankattrappe mit deutlichen Ausbuchtungen für die Knie und eine nach hinten ansteigende Sitzbank lassen die Emgo ziemlich konventionell erscheinen. Lediglich die grobstolligen Enduroreifen im 17-Zoll-Format auf den schwarz lackierten Drahtspeichenfelgen und gezackte Stahlfußrasten weisen ein wenig auf das Thema Scrambler hin. Immerhin verfügt sie über 207 mm Bodenfreiheit, was zumindest frühen Kontakt mit größeren Steinen verhindert. Eine ordentlich dimensionierte Upside-down-Gabel und eine schlichte, aber elegante Schwinge runden das Erscheinungsbild ab.

Elektromotorrad ScrAmper Teil 1 (12 Bilder)

Die ukrainische Marke Emgo baut die ScrAmper. Das Elektromotorrad soll ein bisschen Srambler-Flair verströmen, was aber in erster Linie an den grobstolligen Reifen liegt. Wegen des Kriegs hat Emgo die Produktion der ScrAmper nach Polen verlegt, die Lagerung erfolgt in Leipzig.

Die LED der Beleuchtung wurden vorn in einen Rundscheinwerfer gepackt, das ebenfalls runde Rücklicht thront auf der hinteren Radabdeckung. Mit einem Radstand von 1400 mm blieb die ScrAmper eher auf der kurzen Seite, über Lenkkopfwinkel und Nachlauf macht Emgo ebenso wenig Angaben wie über das Gewicht. Vorne verzögert eine Vierkolben-Bremszange eine 270-mm-Bremsscheibe, hinten unterstützt eine Zweikolben-Bremse an einer 220-mm-Bremsscheibe.

Emgo verweist stolz auf ihre Li-NMC-Batterie (Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Batterie) HD1025PP, auf die sie ein Patent angemeldet haben. Die 9,8-kWh-Batterie verfügt über ein Kühlsystem, das es erlaubt, sie über einen Zeitraum von 30 Minuten mit bis zu 25 kW zu laden, ohne dass die Temperatur der Zellen über 38 Grad Celsius steigt. Außerdem verspricht Emgo 3000 Ladezyklen und noch 80 Prozent der Kapazität nach 2000 Zyklen und gibt fünf Jahre Garantie auf die Batterie.

Im Dauerbetrieb leistet der Elektromotor neun kW und in der Spitze 16 kW bei 7200/min. Er soll die ScrAmper laut Werksangaben auf 125 km/h beschleunigen können. Den Daten zufolge sollte das Bike also von Führerschein-Klasse-1A-Besitzern oder B196-Umsteigern gefahren werden dürfen. Für die Kraftübertragung benutzt sie eine Vierganggetriebe und eine Kette zum Hinterrad. Das Ladegerät ist in das Motorrad integriert und sitzt rechtes neben dem Zentral-Federbein. Die Batterie kann sowohl an der Haushaltssteckdose, als auch an einer CCS2-Ladestation gefüllt werden. Emgo gibt an, dass der Akku in 60 Minuten zu 80 Prozent und in 100 Minuten vollständig geladen sei.

Elektromotorrad ScrAmper Teil 2 (7 Bilder)

Der Antrieb zum Hinterrad läuft über ein Vierganggetriebe und eine Kette.

Die Reichweite hat EMGo akribisch für verschiedene Geschwindigkeiten aufgelistet. Wer dauerhaft 45 km/h fährt, etwa im Stadtverkehr, soll bis zu 200 km weit kommen, bei 65 km/h bis zu 185 km, mit 85 km/h noch 160 km und bei 125 km/h sollen es angeblich 110 km sein. Erfahrungsgemäß sind solche Angaben sehr optimistisch ausgelegt. Mit einer Zuladung von 180 kg steht die ScrAmper recht ordentlich da, Zwei-Personen-Betrieb dürfte problemlos möglich sein. Das Motorrad lässt per Bluetooth mit dem iOS- oder Android-Smartphone koppeln, wenn die entsprechende App von Emgo vorher installiert wurde.

Die ScrAmper kann in sechs verschiedenen Farben geordert werden und kostet 6300 Euro, was im Vergleich zu einigen Konkurrenten erfreulich billig ist. Allerdings gibt die Firma zwar fünf Jahre Garantie auf die Batterie, aber nur ein Jahr auf das Chassis. Zurzeit sammelt Emgo auf der Fundrising-Plattform Indiegogo Geld ein, das Ziel sind 630.000 Euro, um 100 ScrAmper bauen zu können. Das wäre, laut Aussage von Emgo, das Minimum, damit sich die Produktion rentiert. Die ScrAmper kann über die Homepage bestellt werden.

Hersteller Emgo
Modell ScrAmper
Motor und Antrieb
Leistung in kW (Spitzenleistung) 9 (16)
Drehmoment in Nm 150
Endantrieb Kette
Fahrwerk
Radaufhängung vorn Upside-Down-Telegabel
Radaufhängung hinten Zweiarmschwinge mit Feder-Dämpferbein
Reifengröße vorn 110/90-17
Reifengröße hinten 130/80-17
Bremsen vorn Einzelscheibe, 270 mm
Bremsen hinten Einzelscheibe, 220 mm
Maße und Gewichte
Radstand in mm 1400
Leergewicht in kg k.A.
Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit dauerhaft in km/h 125
Reichweite urban 200 km
Daten Stand April 2022

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