Mash-ups für Professoren

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Archivieren nach Farben

Auch wenn die vielen Systeme unterschiedliche Datenmodelle und Dienste benutzen, sind sie grundsätzlich kompatibel und ermöglichen eine noch vor wenigen Jahren unvorstellbare Recherche-Bandbreite. Und auch die Universitäten selbst profitieren: "Wer in Zukunft als Forschungseinrichtung international sichtbar sein will, muss im Web auffindbar sein", sagt Hey und verweist auf Suchmaschinen wie OAIster – ein Projekt der Universität Michigan, das einen Metaindex von rund zwölf Millionen Dokumenten an bald 800 Institutionen angelegt hat. Der Google-Dienst Scholar wiederum, seit Ende 2004 als Spezial-Suchmaschine nach wissenschaftlichen Aufsätzen verfügbar, dient mittlerweile als Referenz für Uni-Rankings – je höher die Artikel ihrer Forscher in den Suchergebnissen erscheinen, desto besser die Bewertung des akademischen Erfolgs einer Hochschule.

Für einige Akademiker geht diese Öffnung allerdings weder schnell noch weit genug. Einer der lautstärksten Wortführer der Open-Access-Bewegung ist der aus Ungarn stammende Kognitionswissenschaftler Stevan Harnad. Seiner Ansicht nach sollte jedem Forscher die Selbstarchivierung aller für eine Veröffentlichung in Fachzeitschriften angenommenen Artikel vorgeschrieben werden – "ohne Ausnahme, ohne Verzögerung". Für Harnad liegen die Vorteile dieses Vorgehens auf der Hand: Offen zugängliche Artikel würden deutlich häufiger und mit weniger zeitlichem Abstand von der Fachwelt zitiert, verbreiten also neues Wissen weiter und schneller. Offene Forschung erhöhe damit den Einfluss wissenschaftlicher Arbeit und treibe den Fortschritt voran.

"Geldgeber und Universitäten werden verpflichtend vorschreiben, dass Veröffentlichungen in ihren eigenen institutionellen Lagern gespeichert werden", sagt Harnad voraus. Die Folgen für die etablierten Verlage interessieren den in Montreal lehrenden Wissenschaftler dabei herzlich wenig: Wenn sich das Abo-Modell in einem offeneren Umfeld nicht mehr rechne, müssten sie eben auf Open Access umsteigen, ihre Kosten also durch Veröffentlichungsgebühren wieder hereinholen.

Doch so schön und simpel diese Vision klingt, so schwer ist sie zu realisieren. Bislang sind nur geschätzte 10 bis 15 Prozent aller Forschungsarbeiten offen zugänglich – die Mehrzahl der Forscher weiß entweder über ihre Rechte als Urheber nicht Bescheid, kümmert sich nicht um Alternativen zum herkömmlichen Modell oder will sich nicht mit der freiwilligen Selbstarchivierung herumschlagen. Und auch die Hochschulen wissen oft nicht, wie wenig Zeit und Geld sie investieren müssen, um ein eigenes Archiv zu installieren: Die nötige Hardware samt Open-Source-Software ist laut Experten wie Arthur Sale von der australischen University of Tasmania für eine einmalige Investition von rund 5000 Dollar zu haben. In Großbritannien haben sich rund zwei Dutzend Universitäten zum Sherpa Project zusammengetan, das Wissenschaftlern beim Archivieren in Eigenregie helfen soll: Seine Romeo-Datenbank listet nach einem einfachen Farbschema auf, welcher Fachverlag wie viel davon erlaubt, Juliet verrät, welche Fördereinrichtung wie viel davon verlangt.