Pausenlos tanken an der Wasserstofftankstelle
Wo E-Autos nicht weiterkommen, könnten FCEV zum Zug kommen - etwa, wenn Verbrenner verboten werden. Vorteil der H2-Tankstellen: Sie sind frei skalierbar.
- Christoph M. Schwarzer
Brennstoffzellenelektrische Fahrzeuge sind in wenigen Minuten mit Wasserstoff betankt. Das könnte zuerst für einige Linienbusse und im Lauf des Jahrzehnts auch für ausgewählte Pkw der entscheidende Vorteil im Vergleich zu batterieelektrischen Antrieben sein. In Kalifornien aber mussten Besitzer von Fuel Cell Electric Vehicles (abgekürzt FCEV) kürzlich lange warten, um an Wasserstoff zu kommen. Ein Toyota Mirai reihte sich an den nächsten. Heise/Autos dagegen hatte zum Beispiel mit dem Hyundai Nexo (Test) keine Probleme beim Tanken. Was passiert hier?
Die Ursache für diesen Unterschied ist neben der geringen Auslastung in Deutschland, dass die Tankstellen im bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat völlig veraltet sind. Grundsätzlich gilt: Ähnlich wie Ladesäulen für batterieelektrische Fahrzeuge (abgekürzt BEV für Battery Electric Vehicle) ist die pro Zeiteinheit lieferbare Energiemenge eine Frage der technischen Auslegung.
Plattenwärmetauscher liefern ohne Unterbrechung
Konkret: Der Wasserstoff (chemisch H2) wird auf bis zu 350 bar in Nutzfahrzeugen und bis auf 700 bar in Pkw komprimiert. Weil hierbei Wärme entsteht und die Maximaltemperatur in den sogenannten Typ 4-Tanks der FCEV nicht über 85 Grad betragen darf, muss das Gas vorab stark gekühlt werden.
Bei älteren Anlagen passiert das in einem Aluminiumkälteblock. Wenn viele H2-Fahrzeuge hintereinander tanken, hat dieses System eine Leistungsgrenze, weil nicht ausreichend Wärme abgeführt werden kann. Frank Fronzke, technischer Leiter bei H2 Mobility Deutschland, erklärt wie dieses Problem gelöst wurde: „Neue Anlagen mit Plattenwärmetauscher können kontinuierlich liefern“, so Fronzke. „50 der 90 von uns in Deutschland und Österreich betreuten Tankstellen sind damit ausgerüstet.“
Back-to-back-Fähigkeit
Ein weiterer begrenzender Faktor bei H2-Tankstellen kann der Verdichter für den Gas-Zwischenspeicher sein. Ist die Leistung zu knapp bemessen, müssen die Autofahrer Geduld haben. In der Branche spricht man von Back-to-back-Fähigkeit und meint damit die Zahl der Fahrzeuge, die direkt hintereinander tanken können. In Kalifornien ist die preisgünstige Auslegung nicht an die inzwischen hohe Nachfrage angepasst. Das wäre etwa so, als wenn für zwölf Porsche Taycan auf Fernreise nur eine 50 kW-Ladesäule zur Verfügung stehen würde.
In Deutschland ist das Bild umgekehrt. Gemessen an den wenigen Hundert FCEV gibt es eine Überversorgung. Faktisch ist mit dem Hyundai Nexo zurzeit nur ein Brennstoffzellen-Pkw tatsächlich lieferbar. Auf den Toyota Mirai II muss ein paar Monate gewartet werden. Im Bestand gibt es noch ein paar Exemplare des eingestellten Mercedes GLC F-Cell. Dazu gesellen sich die Versuchsträger der weltweiten Autoindustrie. Und natürlich diverse Nutzfahrzeuge, die mittelfristig die beste Perspektive haben.
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H2 in Tankstellennähe produzieren
Ein wichtiger und bekannter Anbieter von Systemlösungen für erneuerbare Energien ist das norddeutsche Unternehmen GP Joule. André Steinau ist bei GP Joule verantwortlich für die Business Unit Wasserstoff. Er bestätigt im Gespräch mit heise/Autos, dass ähnlich wie bei Ladesäulen im öffentlichen Raum die Auslegung entscheidend ist: „Der Betreiber einer Anlage plant und investiert für eine erwartete Nachfrage“, so Steinau. Der Vorteil bei H2-Tankstellen sei, dass sie prinzipiell aufrüstbar und skalierbar wären.