Sitzung des Volkswagen-Aufsichtsrats: Reizthema Vorstandschef Diess

Volkswagen steht eine intensive Sitzung des Aufsichtsrates ins Haus. Dabei dürfte die Personalie Diess eine große Rolle spielen – wieder einmal.

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Herbert Diess

Die Personalie Herbert Diess wird nicht zum ersten Mal für eine lebhafte Debatte im Aufsichtsrat von Volkswagen sorgen.

(Bild: Volkswagen)

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  • dpa
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Nach einem Treffen seines Kontrollgremiums will der Volkswagen-Konzern am Donnerstag über die jüngsten Beschlüsse informieren. Eigentlich war dies schon für Mitte November geplant, doch weiterer Beratungsbedarf bei manchen Fragen verzögerte den Ablauf. Heiß diskutiert werden dürfte über Standorte, Investitionen und Personalpolitik bis hinauf in die Führungsebene.

Bei ihrer traditionellen Herbstrunde befassen sich die Aufsichtsräte in erster Linie mit Vorschlägen des Managements, wo welche Ausgaben in den nächsten fünf Jahren wie zu verteilen sind. Dabei kann es zu Rivalitäten zwischen den Marken und Standorten im weltweiten Volkswagen-Netz kommen. Besonderes Augenmerk liegt zurzeit darauf, wie sich die Investitionen in alternative Antriebe sowie Software und Vernetzung aufschlüsseln. Auf der anderen Seite ringen Fabriken mit einem Schwerpunkt auf der Verbrenner-Produktion um Zusagen für Elektroautos und neue Konzepte zur Weiterqualifikation der Beschäftigten.

Dieses Jahr wurden die Verhandlungen von einem Reizthema in den Schatten gestellt: dem konfliktgeladenen Verhältnis zwischen Vorstandschef Herbert Diess und dem Betriebsrat sowie der IG Metall, teils auch dem Land Niedersachsen als zweitgrößtem Eigner. Rund um eine turbulente Sitzung im September hatte sich ein neuer Konflikt hochgeschaukelt. Betriebsratschefin Daniela Cavallo kritisierte Diess wegen der Irritationen, die nach Überlegungen zu womöglich Zehntausenden überschüssigen Stellen entstanden waren. Außerdem seien hinter dem Rücken der Belegschaftsvertretung verschiedene Spar- und Kürzungsvorschläge durchgerechnet worden.

Der Vorstandschef entgegnete, man habe ihn hier missverstanden, er habe lediglich Extremszenarien diskutieren wollen. Diess unterstrich jedoch, dass er speziell für die Wolfsburger Zentrale noch Bedarf an mehr Effizienz und mutigerem Umsteuern sieht, damit VW in der "neuen" Autowelt mit Konkurrenten wie Tesla oder Anbieter aus China mithalten könne. Hinter den Kulissen soll es dennoch weiter gebrodelt haben: Ein Vermittlungsausschuss des Aufsichtsrats traf sich mehrmals, um Lösungen zu suchen, die den Manager im Amt halten und gleichzeitig die Wogen im Zoff mit der Arbeitnehmerbank glätten.

Herbert Diess hat sich in den vergangenen Jahren nach außen als forscher Reformer präsentiert. Intern hat das durchaus Kritiker.

(Bild: Volkswagen)

Theoretisch denkbar wäre außer einem Abgang von Diess oder einer Weiterbeschäftigung im bisherigen System auch eine Mischlösung. Demnach bliebe er formal Konzernchef, würde sich in der Funktion aber auf die strategische Gesamtplanung konzentrieren. VW-Kernmarkenchef Ralf Brandstätter wurde als zusätzliches Mitglied des Konzernvorstands und als China-Chef ins Spiel gebracht. Auch dazu gab es vor der Sitzung weder eine Bestätigung noch ein Dementi.

Sicher ist bislang nur, dass Volkswagen in der bevorstehenden Zeit weiterhin dem Ausbau der Elektromobilität eine sehr hohe Priorität einräumen wird. Der Konzern kündigte an, mit der Recycling- und Materialtechnik-Firma Umicore sowie dem US-Start-up 24M zusammenzuarbeiten. Mittelfristig sollen zudem Verbindungen des Rohstoffs Lithium auch in Deutschland gefördert und erneuerbare Energieprojekte vorangetrieben werden.

Zumindest in einer Hinsicht gibt es keinen Dissens: Volkswagen wird sich bei allen künftigen Projekten auf die Elektromobilität konzentrieren. Im Bild: VW ID.4 (Test)

(Bild: Volkswagen)

In Europa will Volkswagen zunächst sechs eigene Fabriken für Batteriezellen bauen. Neben Salzgitter ist Skellefteå in Nordschweden schon gesetzt, ein dritter Standort in Spanien hat gute Chancen. Das Ziel: die Abhängigkeit von externen Zelllieferanten zu durchbrechen und eine profitable Großserienproduktion eigener Batteriesysteme aufzusetzen. Der Betriebsrat erhofft sich neben dem Projekt Trinity, für dessen ersten Serienableger die Aufseher eine eigene Fabrik nahe Wolfsburg prüfen, mindestens einen zusätzlichen Stromer für den Stammsitz selbst.

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In Hannover, dem Hauptsitz der leichten VW-Nutzfahrzeuge, entsteht ab etwa 2024 ein neues Oberklasse-SUV als "Tesla-Fighter" in einer Kooperation von Audi, Porsche und Bentley. Porsche soll sich auch für eine Aufstockung des Werks Leipzig interessieren, wodurch in Hannover weitere E-Kapazitäten frei werden könnten. Klar ist, dass dort ab 2022 der Elektro-Bus ID.Buzz startet.

In der vorangegangenen Planungsrunde Ende 2020 hatte der Konzern 35 Milliarden Euro an Investitionen in die E-Mobilität über den Fünfjahreszyklus freigegeben. Für Software und Digitales waren 27 Milliarden Euro veranschlagt. Vor allem die interne Software-Sparte Cariad soll neue Jobs schaffen, während in klassischen Bereichen im Rahmen bestehender Programme tendenziell Stellen abgebaut oder umgewandelt werden. Die Gesamtinvestitionen der Volkswagen-Gruppe waren auf eine Fünfjahres-Gesamtsumme von 150 Milliarden Euro festgelegt worden.

(mfz)