Vom Fahren zum Gefahrenwerden. Robotaxis – wer macht das Rennen in den USA?

Seite 2: Die Konkurrenten

Inhaltsverzeichnis

Das erst 2017 gegründete Aurora gilt trotz seiner Jugend als eines der erfahrensten Startups in der Branche, nicht zuletzt dank des hochkarätigen Personals: Neben Chris Urmson, der das Google-Projekt "Chauffeur" gestartet und acht Jahre lang geleitet hatte, ist noch Mitbegründer Sterling Anderson an Bord, der das Autopilot-Team bei Tesla aufgebaut hatte. Dazu kommt Drew Bagnell, Chief Technology Officer, ein Robotik-Professor von der Carnegie Mellon University, der bei der Gründung des selbstfahrenden Zentrums von Uber in Pittsburgh mitgewirkt hatte.

Das Geschäftsmodell von Aurora ist das Design einer technischen Plattform (Software, Hardware und Datendienste), die für den Einbau in jedes Fahrzeug lizenziert werden kann. Anfang Dezember 2020 gab Aurora dann die Übernahme der Advanced Technologies Group von Uber bekannt.

Ubers Abteilung für autonomes Fahren, die Advanced Technologies Group (ATG), wurde 2015 gegründet, und schon ein Jahr später startete eine Flotte von mit Kameras und Sensoren ausgestatteten Fahrzeugen vom Typ Ford Fusion den Testbetrieb in Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania. Noch 2019 sammelte ATG eine Milliarde US-Dollar an Venture-Kapital ein.

Aurora Pacifica Self-Driving Car

(Bild: Aurora)

ATG ist deutlich aggressiver vorgegangen als Waymo. Es kam zu mindestens zwei tödlichen Unfällen mit Uber-Fahrzeugen im Selbstfahrmodus. Insbesondere ein Unfall in Tempe, Arizona, bei dem eine Fußgängerin ums Leben kam, sorgte für einen behördlich angeordneten Stopp des Testbetriebs. Die New York Post schrieb in einer Einschätzung: "Der Geschäftszweig hatte zuletzt Schwierigkeiten, sinnvolle Fortschritte zu erzielen, und sieht sich einer intensiven Konkurrenz durch Waymo ausgesetzt."


Die Autoren

(Bild: Michelle Lischke)

Timo Daum ist Dozent und Sachbuchautor. 2019 erschien sein Buch "Das Auto im digitalen Kapitalismus. Wenn Algorithmen und Daten den Verkehr bestimmen". Timo Daum schreibt regelmäßig für de Rubrik Missing Link" auf heise online.

(Bild: David Ausserhofer)

Andreas Knie ist Politikwissenschaftler und leitet zusammen mit Weert Canzler die Forschungsgruppe "Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung". Er berät Kommunen und Organisationen zu den Themen Verkehr, Mobilität, Digitalisierung & Nachhaltigkeit.

(Bild: David Ausserhofer)

Weert Canzler leitet zusammen mit Andreas Knie die Forschungsgruppe Digitale Mobilität am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen sozialwissenschaftliche Verkehrs- und Mobilitätsforschung, Energiepolitik, Innovationsforschung und Technologiepolitik.

Andreas Knie und Weert Canzler sind Preisträger des Bertha-und-Carl-Benz-Preises 2021.


Möglicherweise unter dem Eindruck der negativen Publicity für Uber, aber auch wegen der finanziellen Schwierigkeiten durch Umsatzeinbrüche in der Corona-Pandemie beendete Uber seine Eigenentwicklung, die viele Beobachter und auch Ubers Gründer Kahlanick als die Zukunftsperspektive schlechthin gehandelt hatten: Das Ersetzen der menschlichen Fahrerinnen und Fahrer – den größten Kostenfaktor in Ubers Geschäftsmodell – durch einen Algorithmus. Allerdings gleicht der Deal mit Aurora eher einem Joint Venture. Uber investierte im Rahmen des Deals 400 Millionen US-Dollar in das Silicon Valley-Unternehmen. Es ist durchaus denkbar, dass Aurora in nicht allzu ferner Zukunft seine fahrerlose Technologie an den weltweit operierenden Ride-Sharing-Betreiber Uber liefern wird.

Autonomer Uber

(Bild: Dllu, CC BY-SA 4.0)

Autonomer Uber in San Francisco

(Bild: Dllu, CC BY-SA 4.0)

Zoox wurde 2014 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Foster City, Kalifornien. Das Startup wurde im Juni 2020 von Amazon für rund eine Milliarde Euro gekauft. Kurz darauf stellte Zoox sein erstes Fahrzeug vor: Einen fahrerlosen People Mover ohne Lenkrad und ohne Pedale, auch ein Rückwärtsgang fehlt, das Gefährt kann auf der Stelle drehen.

Das Fahrzeug kann in beide Richtungen gleichermaßen fahren und das 16 Stunden lang ohne aufzuladen. Er ist bis zu 120 km/h schnell und bietet vier Passagieren komfortabel Platz. Zoox ist für die Montage der Fahrzeuge zuständig, die Hauptkomponenten – Antriebseinheit, Gehäuse, Akkublock usw. – kommen von Zulieferern, angepeilt wird eine jährliche Produktion von 10.000 bis 15.000 Stück.

Das Fahrzeug hat dem Unternehmen zufolge alle relevanten Crashtests durch die Federal Motor Vehicle Safety Standards (FMVSS) bestanden. Zu den Sicherheitsmerkmalen des Fahrzeugs gehören Airbags, die im Falle eines Unfalls einen Kokon um jeden Passagier bilden.

Selbstfahrendes Fahrzeug von Zoox

(Bild: Zoox)

Um die Technik zu kommerzialisieren, plant Zoox die Einführung eines App-basierten Ride-Hailing-Dienstes in Städten wie San Francisco und Las Vegas, allerdings nicht vor 2022. Die Beförderungspreise sollen laut Zoox "erschwinglich" und "wettbewerbsfähig" sein und sich an den Preisen von Uber und Lyft orientieren, sagte CEO Aicha Evans gegenüber Bloomberg.

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Argo AI wurde 2016 von zwei Veteranen der Branche gegründet, Bryan Salesky und Peter Rander. Bryan Salesky war einst eine der führenden Persönlichkeiten in Googles Projekt "Chauffeur" und Rander zuvor technischer Leiter der Advanced Technology Group (ATG) von Uber. 2017 übernahm das Unternehmen den Lidar-Hersteller Princeton Lightwave. Hinter Argo AI stehen der größte und der sechstgrößte Autohersteller der Welt: Volkswagen und Ford haben Milliardenbeträge investiert, VW insgesamt 7 Milliarden US-Dollar. Zusätzlich brachte VW seine in München angesiedelte Autonomous Intelligent Driving Unit in Argo ein, damit ist Argo AI auch auf dem europäischen Markt präsent.

Am 1. April 2021 kündigte Mitbegründer Bryan Salesky vor der Belegschaft an, noch 2021 an die Börse gehen zu wollen. Die Aufnahme des Betriebs von Robotaxis und ein fahrerloser Lieferbetrieb sind für 2022 vorgesehen.

Argo AI Flotte

(Bild: Argo)

Mobileye ist ein israelisches Unternehmen, das auf Bildverarbeitung und fortgeschrittene Fahrerassistenzsysteme (ADAS) spezialisiert ist und insbesondere auf Echtzeit-Kartenmaterial als Informationsquelle setzt. Mobileye fing als Entwickler von Computer-Vision-Systemen an und dominierte diese Nische als Zulieferer seit einigen Jahren mit einem globalen Marktanteil von 80 % für Bildverarbeitung bei Fahrerassistenzsystemen. Mobileye lieferte bis 2016 Sensoren und Software für Teslas "Autopilot", seitdem setzt Tesla auf Inhouse-Entwicklungen. 2017 wurde Mobileye dann für 12,5 Milliarden Euro vom Chiphersteller Intel gekauft.

Mobileye-Fahrzeug in Detroit

(Bild: Mobileye)

Am 11. April 2021 ging Mobileye Drive ™ an den Start, ein Rundum-Sorglos-Paket, das von Autoherstellern und Flottenbetreibern lizenziert werden kann und aus drei Komponenten besteht: Ein Sensor-Paket mit zwei unabhängigen Systemen, die auf Kameras, Radar und Lidar beruhen, eigenes Kartenmaterial, das gespeist ist durch Crowdsourcing-Daten von Assistenzsystemen, und die eigentliche Fahrsoftware, die das Fahrzeug sicher und selbständig steuert.

Anfang 2021 kündigte Mobileyes CEO Amnon Shashua an, in den nächsten Monaten Testflotten in mindestens vier Städten zu starten, darunter Detroit, Paris, Shanghai und Tokio. Auch in New York plant das Unternehmen mit Tests auf öffentlichen Straßen zu beginnen.

Testpilot im autonomen Fahrzeug der Intel-Tochter Mobileye

(Bild: Mobileye)

Die Intel-Tochterfirma kann sich den Start ihres ersten Robotaxi-Dienstes in Deutschland 2022 vorstellen. "Wenn alle Voraussetzungen passen, würden wir gern ab nächstem Jahr mit unserem Dienst nach Deutschland kommen", sagte Mobileye-Manager Johann Jungwirth der "Welt am Sonntag". Mobileye beobachtet also gespannt, was dieser Tage im Bundestag debattiert wird.