Wie recyceltes Trinkwasser unser Dürreproblem lösen könnte

Seite 2: Wie sauber darf es sein?

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Das Ringen um die Frage, wie sauber aufbereitetes Abwasser für die Nahrungsmittelproduktion sein muss, steht allerdings noch bevor. Die Verordnung macht kaum konkrete Vorgaben und überlässt es den lokalen Behörden, in jedem Einzelfall die Risiken zu managen. Lediglich wenige Parameter wie die Zahl der Kolibakterien im aufbereiteten Abwasser sind im Anhang des Regelwerks mit einem Limit versehen.

Spezialisten für Wasserrecycling geben bis dato eine recht pragmatische Antwort auf die Frage, wie sauber recyceltes Abwasser sein muss: "Das kommt darauf an, wofür man es verwendet", sagt Drewes. Wenn man beispielsweise nur Kühlwasser benötigt, sind technischer Aufwand und Kosten geringer, als wenn man die Flüssigkeit hinterher trinken möchte. "Man analysiert das Abwasser und die Gefahren darin", erläutert Drewes. "Dann etabliert man multiple Barrieren – also beispielsweise mehrere Techniken zur Reduktion der Schadstoffe –, damit das Wasser mit ausreichender Sicherheit sauber genug für die bestimmte Anwendung wird."

Das Elephant Butte Reservoir in New Mexico versorgt auch El Paso mit Wasser. Auf Satellitenbildern ist deutlich zu sehen, wie stark der Wasserstand zwischen Juni 1994 (links) und Juli 2013 (rechts) zurückgegangen ist.

(Bild: Nasa Earth Observatory / Jesse Allen, Robert Simmon; Landsat Data, U.S. Geological Survey)

Was recht technokratisch klingt, ist Arbeitsalltag für den Berliner Mittelständler Envirochemie. Das Unternehmen hat sich mit Wasserrecycling weltweit einen Namen gemacht. Die Kunden kommen aus der Lebensmittelindustrie, die viel Trinkwasser benötigt, aber auch aus anderen wasserintensiven Branchen, berichtet Vertriebs- und Projektmanager Klaus Dickhoff.

Im vergangenen Jahr entbrannte etwa heftiger Streit um den Wasserbedarf des Tesla-Werkes im brandenburgischen Grünheide. Der Wasserverband Strausberg-Erkner soll der Elektroautofabrik in dem jetzt schon von Trockenheit geplagten Bundesland pro Jahr 1,4 Millionen Kubikmeter Wasser liefern. Das würde bedeuten, dass gegebenenfalls die Mengen für andere Abnehmer rationiert werden müssten, sagte der Verbandsleiter gegenüber Medienvertretern. "Wir arbeiten nun an einem Konzept für das Wasserrecycling", sagt Dickhoff. 40 bis 60 Prozent des Abwassers sollen künftig in der Gigafactory recycelt werden.

Wie sehr sich der Wasserbedarf über eine strikte Kreislaufführung drosseln lässt, habe man etwa an Molkereien gelernt, führt Dickhoff aus. Diese bräuchten für jeden Liter Milch bis zu drei Liter Wasser, um das Produkt in der Fabrik zu kühlen und die Anlagen zu reinigen. Beim Eindampfen der Milch zu Milchpulver fällt aber auch viel Wasser an – Milch besteht zu 86 Prozent aus Wasser. Dieses sogenannte Brühenkondensat fließt bei den allermeisten Molkereien bisher in die Kläranlage. "Dafür ist es aber zu schade. Da es über Destillation entsteht, ist es schon salzfrei und enthält kaum störende Stoffe", erklärt Dickhoff. Das Wasser ist allerdings etwas trüb und riecht leicht nach Milch, da der Wasserdampf beim Einkochen flüchtige Substanzen aus der Milch mitreißt. Diese sind ein idealer Nährboden für Keime, weshalb das Brühenkondensat ohne weitere Behandlung "rasch vergammelt", so Dickhoff.

Sein Unternehmen leitet die Flüssigkeit deshalb zunächst über eine biologische Behandlungsstufe, ein einfaches Kiesbett. Auf dem Kies siedeln sich Mikroben natürlich an und verzehren die vorüberfließenden organischen Substanzen. Danach wird das vorgereinigte Wasser über zwei weitere Filtrationstechniken so weit von Fremdstoffen befreit, dass es wieder klar ist und auch nicht mehr nach Milch riecht. "Beide Techniken halten Keime zu 100 Prozent zurück, sodass wir einen doppelten Schutz vor Verkeimung haben. Das ist wichtig im sensiblen Bereich der Nahrungsmittelproduktion", sagt Dickhoff. Jene Molkerei, die Envirochemie 2021 mit dem Recyclingverfahren ausgestattet hat, verwende es als Kühl- oder Kesselspeisewasser. Sie verbrauche seither 30 bis 40 Prozent weniger Leitungswasser. "Das Einzige, was wir nie recyceln, ist das Sanitärabwasser in den Fabriken", stellt Dickhoff klar. "Nicht weil es technisch nicht ginge, sondern aus psychologischen Gründen." Wenn das Toilettenwasser mit in die Aufbereitungsanlage flösse, wäre der potenzielle Ekelfaktor groß – und die Akzeptanz des gesamten Recyclings stünde auf dem Spiel.

Die Kosten für das Wasserrecycling seien mit den Trinkwasserkosten für Gewerbe vergleichbar, die etwa bei 0,7 bis 1,2 Euro je Kubikmeter lägen, sagt Dickhoff. Da aber die Entsorgung mit drei bis sechs Euro je Kubikmeter zu Buche schlage und sich die Abwassermenge reduziere, sparen die Unternehmen dort Ausgaben ein.