Wirtschaft: "Chicken Tax" fĂĽr die ganze US-Autoindustrie. Eine gute Idee?
US-Präsident Donald Trump kündigt Zölle auf Importe von Autos "in der Nähe von 25 Prozent" an. Was könnte er mit dieser Maßnahme bewirken – und was nicht?

Die USA haben bereits seit 1964 einen 25-prozentigen Schutzzoll auf Autos aus eigener Produktion. Die "Chicken Tax" schĂĽtzt einheimische Pick-up-Trucks wie diesen Chevrolet Silverado.
(Bild: GM)
In einer Zeit, in der die europäische Autoindustrie bereits unter einer Nachfrageflaute leidet – insbesondere nach Elektroautos – kündigt US-Präsident Donald Trump Zölle auf Importe von Autos "in der Größenordnung von 25 Prozent" an. Das passiert kurz nach der Verhängung von Abgaben auf Stahl und Aluminium ab Mitte März sowie auf Güter aus China. Hohe Zölle möchte er auch auf Halbleiter- und Pharmaimporte erheben.
Das widerspricht zum Teil den Regeln des internationalen Handels, wie sie über Jahrzehnte von der Welthandelsorganisation (WTO) entwickelt wurden, wie etwa dem Meistbegünstigungsprinzip. Letzteres besagt, dass Handelsvorteile, die einem Vertragspartner zugutekommen, im Zuge der Gleichberechtigung allen Vertragspartnern gewährt werden müssen. Damit drohen kräftige Verschiebungen des fein austarierten Gefüges, wie es bisher bereits für rund die Hälfte der globalen Abgaben galt. Ein weltweiter Handelskrieg mit schweren Schäden droht.
"Grenzausgleichsteuer" und "Chicken Tax"
Am 14. Februar sagte Trump, dass er sich zu möglichen Zöllen auf Autos am zweiten April äußern wolle. Mitglieder seines Kabinetts sollen ihm darüber hinaus Berichte über weitere Möglichkeiten für eine Reihe von Einfuhrzöllen vorlegen. Eine davon heißt Border Adjustment Tax (BAT), oder "Grenzausgleichsteuer". Mit ihr würde im Prinzip alles steuerpflichtig, was aus dem Ausland in die USA importiert wird. Die jeweilige Höhe soll eine neue Behörde, der External Revenue Service, danach festlegen, wie hoch das jeweilige Gut auf dem umgekehrten Weg besteuert wird. Der Zoll würde dann wechselseitig festgelegt.
Damit könnte er das Problem der seiner Meinung nach unfairen Behandlung amerikanischer Automobilexporte auf ausländischen Märkten lösen. So erhebe die Europäische Union einen Zoll von 10 Prozent auf Fahrzeugimporte, die USA jedoch nur 2,5 Prozent. Diesen Abgabensatz möchte Trump nicht nur angleichen, sondern gleich auf 25 Prozent erhöhen. Das ist der gleiche Satz, wie er bisher schon auf Pick-up-Trucks erhoben wurde, sofern sie nicht aus Mexiko und Kanada in die USA importiert werden. Für diese beiden Länder gab es besondere Einfuhrbedingungen. Dieser Schutzzoll macht das Geschäft mit Pick-ups für die US-Hersteller bisher äußerst profitabel. Die sogenannte "Chicken Tax" ist indes keine von Trumps Ideen. Bereits seit 1964 wird dieser Zoll auf Geflügel und nicht im Land gebaute Nutzfahrzeuge erhoben.
Rechnung ohne die Einfuhrumsatzsteuer gemacht
Trump versteht auch die Umsatzsteuer anderer Staaten als Zoll gegen die USA. Auf Güter aus Deutschland würde er also zusätzlich 19 Prozent aufschlagen, was sie extrem verteuern würde. Es ist kaum zu verstehen, welcher Nachteil ausgeglichen werden soll, wenn doch diese Abgabe vom Endkunden an seinen jeweiligen Staat gezahlt wird. Die Umsatzsteuer wird in Europa von europäischen Herstellern genauso abgeführt wie die Sales Tax von amerikanischen. Unternehmen, die aus den USA an andere Unternehmen in der EU liefern, wird die Einfuhrumsatzsteuer ohnehin erstattet. Das gilt ganz allgemein für Unternehmen, die Güter aus einem Drittland importieren und ein anderes Unternehmen in der EU beliefern.
Ebenfalls kaum nachvollziehbar scheinen die Zollabsichten der Regierung Trump im Hinblick auf ihre unmittelbaren Auswirkungen. Für den Fall, dass es nicht nur bei den Androhungen bleibt, dürften die geplanten Abgaben zu einer kräftigen Inflation in den USA und dem Verlust hunderttausender Arbeitsplätze führen. Autos und deren Teile sind nach wie vor Deutschlands wichtigstes Exportgut. Der wichtigste Einzelmarkt für Ausfuhren aus Deutschland sind erstmals seit 2015 wieder die USA. Davor war es China.
Wirtschaft der USA würde kräftig einbrechen
Nach einer vorläufigen Einschätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und dem Institut für Makroökonomie, welche die Süddeutsche Zeitung veröffentlicht hat, würde die Wirtschaftsleistung der USA damit um zwischen rund vier Prozent im laufenden Jahr und knapp fünf in jedem weiteren bis 2028 sinken. Vertreter der US-Autoindustrie, wie jüngst Ford-Chef Jim Farley, äußerten sich ähnlich. Sie will nicht von Zöllen geschützt werden. Für Deutschland sind es noch zwischen gut einem Prozent bis 2026 und rund einem halben bis 2028.
Man darf also weiterhin davon ausgehen, dass die Zölle als Drohungen im Raum stehen, damit die betroffenen Länder den USA auf anderen Wegen entgegenkommen. Die Frage an Trump, ob die EU die vergangene Woche vorgeschlagenen gegenseitigen Zölle vermeiden könne, beantwortete jener damit, dass die EU bereits signalisiert habe, ihre Zölle auf US-Autos auf den US-Satz zu senken. Dazu passt, dass Trump für 25 Prozent Zolle auf Arzneimittel und Halbleiterchips kein Datum für die Einführung nannte. Vielmehr sagte er, die Hersteller von Medikamenten und Chips sollten etwas Zeit bekommen, um Fabriken in den USA errichten zu können, um die Abgaben zu vermeiden.
Im Falle der angekündigten Zölle auf Autos könnte sich wiederholen, was bereits 2018 und 2019 während Trumps erster Amtszeit passierte. Die Ergebnisse einer Untersuchung des Handelsministeriums zu Autoimporten hatten Trump 2019 offenbar bewogen, davon abzusehen. Es könnte also sein, dass der Präsident am zweiten April einen für ihn genehmen Kompromiss verkündet statt der bis dahin im Raum stehenden 25-prozentigen Abgabe. Die neu erfundene Grenzausgleichsteuer inklusive des dafür neu geschaffenen Ministeriums hingegen könnte sein neues Lieblingsinstrument in seinem im Wortsinne grenzenlosen Machtstreben werden. Denn sie gäbe Trump eine Möglichkeit, anstelle der gesamten EU einzelne europäische Länder gegeneinander auszuspielen und hätte damit einen Hebel, den Zusammenhalt der EU zu schwächen.
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(fpi)