Worldcoin: Tausche Kryptowährung gegen Augen-Scan

Seite 5: Was sagt die bayerische Datenschutzaufsicht?

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Die in Deutschland zuständige Aufsichtsbehörde ist das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht. Sie hat sich mit Worldcoin noch nicht befasst: Bisher habe man "keinen Anlass" gesehen, zu überprüfen, "ob die geschäftlichen Datenverarbeitungstätigkeiten des Unternehmens sich überhaupt im Anwendungsbereich der DSGVO befinden". Die Datenschutzbehörden seien aber "unabhängig von Beschwerden oder Informationen über konkrete Verstöße im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung jederzeit befugt, vom Verantwortlichen Informationen einzuholen". Auf die Nachfrage, ob die bisherigen TR-Recherchen nicht Anlass genug seien, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, antwortete die Behörde: "Zu laufenden Ermittlungen oder auch Planungen diesbezüglich geben wir in der Regel keine Auskunft."

Als wir Worldcoin sieben Seiten mit den Ergebnissen unserer Recherche vorlegten, bezeichnete das Unternehmen fast alle Vorkommnisse als "Einzelfälle", die in der nächsten (öffentlichen) Version nicht mehr auftauchen würden.

"Wir werden unsere Systeme immer wieder von Datenschutzexperten auseinandernehmen lassen, bevor wir sie in großem Maßstab einsetzen", versprach Alexander Blania gegenüber TR. Das Unternehmen erkannte die Datenerfassung der bisher gescannten 450.000 Nutzer als problematisch und wollte sie einstellen. "Innerhalb der nächsten Wochen wird sich jeder bei Worldcoin anmelden können, ohne seine biometrischen Daten mit uns zu teilen", versprach das Unternehmen.

Die bereits gescannten Legionen von Testnutzern sind aber zum größten Teil nicht die beabsichtigten Endnutzer. Ihnen bot das Unternehmen nicht den gleichen Schutz ihrer Privatsphäre. Vielmehr waren sie einfach nur Futter für die neuronalen Netze von Worldcoin und eine attraktive Nutzerbasis, mit der sich Worldcoin besser als Identitätslösung des Web3 verkaufen kann. Und wenn die echten, monetarisierbaren Produkte – seien es die Orbs, der Web3-Zugang, die Währung selbst oder alles zusammen – für die vorgesehenen Endnutzer auf den Markt kommen, bleibt der Einsatz der vielen gescannten Körper verborgen. Ironischerweise hat gerade der massive Versuch von Worldcoin, Menschen zu erkennen, zu deren Entmenschlichung geführt.

Mitarbeit: Gregor Honsel, Herbert Mackert (grh)