Kommentar: Die Elektroauto-Kaufprämie – Nachruf auf eine merkwürdige Subvention

Die finanzielle Unterstützung beim Kauf eines Elektroautos läuft aus. Damit endet eine merkwürdige Subvention, kommentiert Martin Franz​.

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Tesla in Carport

(Bild: Tesla)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Erst im Sommer 2023 stockte das Bundeswirtschaftsministerium den Fördertopf um rund 400 Millionen Euro auf, nun ist Schluss: Die Unterstützung beim Kauf eines Elektroautos, sei es neu oder nur wenig gebraucht, endet ziemlich abrupt. Nehmen wir also Abschied von der Idee, Käufern, die vergleichsweise viel für ihre Individualmobilität ausgeben können, großzügig Steuergeld in die Tasche zu stecken. Ein Nachruf auf den Umweltbonus.

Es war 2007, als die Bundesregierung das Ziel formulierte, dass bis 2020 eine Million Elektroautos in Deutschland zugelassen sein sollen. Nach der Idee kehrte Ruhe ein, und zwar für viele Jahre. Ein paar wenige Elektroautos gab es zwar zu kaufen, doch praktisch niemand griff zu. Die Politik hingegen durchlebte einen Lernprozess. Als mit der Krise 2008/2009 die Befürchtung eines wirtschaftlichen Niedergangs Schrecken verbreitete, kam man auf die Idee, Menschen, die ihr altes Auto verschrotten lassen und ein neues kaufen, mit einer Abwrackprämie unter die Arme zu greifen. 2500 Euro gab es, und der erhoffte Boom setzte ein. Dabei wurden zum Teil Autos in die Presse geschoben, die noch einige Jahre ihren Dienst hätten erledigen können. Doch der Jagdinstinkt war geweckt. Geld vom Staat wirkt belebend auf die Nachfrage. Schön für den Einzelnen, gesellschaftlich aber stellte sich schon damals die Frage, ob das Geld an anderer Stelle nicht sinnvoller angelegt gewesen wäre. Sie verhallte, schließlich verschenkte der Staat gerade Geld. Wer wollte da schon als Spielverderber dastehen?

Als dann 2015 der Betrug mit Abgaswerten den Aufstieg des Dieselmotors beendete, zog als Folge unter anderem auf breiter Front langsam die Erkenntnis ein, dass dem Verbrennungsmotor schneller ein Ende drohen könnte, als in langfristigen Plänen der Politik vorgesehen. Ein Wandel bei der Fahr-Energie ließ sich doch nicht noch weiter in die Ferne schieben, und so holte man die Pläne aus dem Jahr 2007 wieder aus der Schublade. Flugs stellte die Politik dabei fest, dass das Jahr 2020 ganz plötzlich recht nah, die einst formulierten Ziele aber recht fern waren. Also zog man sich zurück und ersann eine wahrlich großzügige Förderung, um der Elektromobilität auf die Füße zu helfen. Inwieweit in die Industrie bei der zeitlichen Koordinierung mitgestaltete, weiß ich nicht. Da sie recht gut vernetzt ist, liegt eine tatkräftige Unterstützung aber nahe.

Fest steht, dass damit eine Rallye gestartet wurde. Die ersten Auszahlungen begannen noch 2016. 2000 Euro waren es anfangs, die der Staat zuschoss. Mangels Angebot wurden bis Januar 2017 knapp 11.000 Anträge gestellt. Zwei Jahre später waren von den eingeplanten 1,2 Milliarden Euro noch keine 200 Millionen Euro abgerufen. Um die bis dato zähe Nachfrage zu beleben, verfiel die Regierung auf das Rezept der einfachsten Verlockung: Sie verdoppelte im November 2019 einfach die Prämie. Inklusive des Entfalls der Mehrwertsteuer auf den Herstelleranteil konnten Käufer nun bis zu 6570 Euro vom Listenpreis abziehen. Dass die Hersteller sich mit 3000 Euro Rabatt an der Aktion beteiligen mussten, sollte nicht überbewertet werden. Es ist eine der ältesten Handelswahrheiten: “Rabatt, das lass dir sagen, wird vorher immer draufgeschlagen!”

Vor knapp vier Jahren fegte dann die erste Corona-Welle auch die Autohäuser leer. Was tun? Abermals wurde aufgestockt. Auf den Bundesanteil der Umweltprämie kam die Innovationsprämie in Höhe von weiteren 2000 Euro. In der Spitze konnte der E-Auto-Käufer somit 9570 Euro abgreifen, von denen 6570 aus dem Steuersäckel kamen. Ähnlich wie etwas später bei der Förderung von Wallboxen war die Nachfrage rege, auch der Autor dieser Zeilen hat davon profitiert. Ein zuvor geerbter Mini Cooper D musste einem Opel Corsa-e weichen. Und ja, die Prämie hat diese Entscheidung erleichtert.

Gesellschaftlich betrachtet war der Zuschuss allerdings immer fragwürdig. Die Politik hätte schon mit einem Teil der insgesamt fast 2,5 Milliarden Euro aus diesem Topf der Elektromobilität auch anders beschleunigend helfen können. Nur zwei Gedanken dazu: Wie sähe die öffentliche Ladeinfrastruktur wohl aus, wenn nur ein Drittel der Fördersumme dort gelandet wäre? Staatliche Investitionen dieser Art hätten ebenfalls privates Kapital angezogen. Man hätte den Strom an öffentlichen Ladesäulen mit einer deutlich reduzierten Abgabenlast anbieten können. Das hätte nicht nur den Erwerb von Neuwagen attraktiver gemacht, sondern der E-Mobilität insgesamt geholfen. Zudem bleibt die Frage offen, warum der Staat mit ihm anvertrauten Mitteln ausgerechnet jene unterstützen muss, die finanziell so aufgestellt sind, dass sie einen Neuwagen in Betracht ziehen können?

Die Chance darauf, dieses Geld anders zu verteilen, ist vertan. Es ist ausgegeben. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zwingt die politisch Verantwortlichen, mit etwas weniger Geld auszukommen. Wenn das eine gute Seite hat, dann vielleicht diese: Der Staat muss nun genauer darauf achten, welchen Hebel er mit den eingesetzten Mitteln in Bewegung bringt. Auch deshalb läuft die Subventionierung des Erwerbs von neuen Autos früher aus als geplant.

Die Elektromobilität muss auf dem deutschen Markt nun ohne diese Starthilfe auskommen. Eine wesentliche Förderung bleibt mit der reduzierten Steuerlast für privat genutzte Dienstwagen bestehen. Nicht nur deshalb gibt es durchaus Anlass, optimistisch zu bleiben, was den langfristigen Absatz von Elektroautos anbelangt. Sinkende Preise sind zu erwarten, unter anderem chinesische Hersteller werden diesbezüglich Druck machen. Die Unterhaltskosten eines Elektroautos liegen unter denen eines vergleichbaren Verbrenners. Viele E-Autos haben in den vergangenen Jahren bei Reichweite und Ladeleistung zugelegt. Dazu wächst die öffentliche Ladeinfrastruktur inzwischen sichtbar. Ganz nebenbei: Wer eine gewisse Zeit ein Elektroauto im Alltag bewegt hat, wird nur im Ausnahmefall zum Verbrenner zurückkehren. Es fährt derart überzeugend, dass eine Anschubfinanzierung in der bislang gezahlten Größenordnung wirkt, als wolle man seinen Garten bei Dauerregen gießen. Ruhe sie also in Frieden und vor allem für alle Zeiten, die steuerliche Kaufunterstützung für Neuwagen.

(mfz)