AT&T und Verizon streiten Kooperation mit NSA ab
Nach BellSouth streiten nun auch AT&T und Verizon ab, dem US-Geheimdienst Telefonverbindungsdaten übergeben zu haben.
Die US-amerikanischen Telefonriesen wehren sich gegen Vorwürfe, sie hätten insgeheim der National Security Agency (NSA) Telefonverbindungsdaten ihrer Kunden übergeben. AT&T, der größte Telefondienstleister in den USA, der vergangene Woche in einem Bericht von USA Today neben Verizon und BellSouth benannt wurde, sagte nun laut Wall Street Journal, es handele nicht ohne richterliche Verfügung. Das Unternehmen gestatte keine Abhöraktionen ohne Rechtsgrundlage und habe auch anderweitig keine Kundeninformationen an Strafverfolger oder Regierungsbehörden ohne offizielle Anweisung weitergeleitet. BellSouth hatte vorgestern bereits die Vorwürfe zurückgewiesen.
Verizon zieht sich in einer Mitteilung zunächst auf den Standpunkt des US-Präsidenten George W. Bush zurück, der verdeutlicht habe, das von ihm autorisierte NSA-Programm gegen al-Qaida sei "streng vertraulich". Verizon könne und werde das Programm nicht kommentieren und auch nicht bestätigen, ob es in irgendeiner Beziehung dazu stehe. Weiter heißt es aber in der Stellungnahme, die Behauptung, Verizon habe mit der NSA nach dem 11. September 2001 ein Abkommen über die Lieferung von Kundendaten geschlossen, sei falsch. Bis vor vier Jahren habe Verizon fünf Geschäftsbereiche gehabt, und keiner von ihnen sei an den Aktionen der NSA beteiligt. Anfang Januar hat den US-Carrier MCI übernommen, der in den jüngsten Berichten über die NSA nicht aufgetaucht ist.
Verizon weist weiter darauf hin, dass Telefonunternehmen oft keine Aufzeichnungen über Ortsgespräche besitzen, da diese für die Kunden größtenteils kostenlos geführt werden. Daher sei die Mutmaßung, dass die NSA Gespräche innerhalb einer Stadt leicht nachvollziehen könne, mindestens in diesen Fällen falsch. Verizon sei bereit, beim Schutz der US-Bürger zu helfen, werde dies aber nur auf der Grundlage der bestehenden Gesetze und des Datenschutzes tun.
USA Today hatte vergangene Woche berichtet, die Telecom-Unternehmen AT&T, BellSouth und Verizon hätten geheim in großem Stil der NSA Telefonverbindungsdaten übergeben. Darauf regte sich massive Kritik bei Politikern und Bürgerrechtlern. Das Wall Street Journal berichtet nun, Justizminister Alberto Gonzales habe in einem Interview mit CNBC die Ansicht vertreten, bei den fraglichen Daten handele es sich um "Geschäftsaufzeichnungen" und nicht um solche, die dem Schutz der Privatsphäre unterstellt sind, wie ihn der vierte Verfassungszusatz vorsieht.
Derweil ist bekannt geworden, der US-Präsident habe eingewilligt, dass sämtliche 15 Mitglieder des Senatsausschusses, der für Geheimdienste zuständig ist, über die NSA-Aktivitäten informiert werden dürfen und nicht mehr nur, wie vorher vorgesehen, zwei. Die Informationen würden ihnen vor Beginn der Anhörung zur Ernennung des früheren NSA-Chefs Michael Hayden zum Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA mitgeteilt.
Siehe dazu auch: (anw)
- NSA setzt offenbar soziale Netzwerkanalyse ein in Technology Review online
- Affäre um Überwachungsmaßnahmen in den USA schlägt weiter hohe Wellen
- Erneut massive Kritik an Überwachungsmaßnahmen in den USA
- Umfassender Lauschangriff auf US-Bürger auf Telepolis
- Das Total Information Awareness Projekt – ein digitaler Untoter in Technology Review
- Die Software von "Big Mother"?
- AT&T und die NSA: US-Bürgerrechtler klagen gegen "Big Mother
- Republikaner legen Lauschangriff-Gesetzentwurf für US-Regierung vor
- US-Senat stimmt unbefristeter Verlängerung des Patriot Act zu
- Umfrage: US-Bürger mehrheitlich gegen unkontrollierte Abhöraktionen
- US-Gericht setzt Veröffentlichungsfrist für Dokumente zum NSA-Bespitzelungsprogramm
- US-Regierung gibt Details zum NSA-Bespitzelungsprogramm preis
- Bürgerrechtler verklagen US-Geheimdienst wegen Abhöraktivitäten
- US-Kritik am Überwachungsstaat zum Martin Luther King Day
- US-Geheimdienst überwachte Internet-Kommunikation
- US-Richter protestiert mit Rücktritt gegen Bushs Überwachungspolitik
- Senatoren blockieren Anti-Terror-Politik des US-Präsidenten