Andreas Eschbach: "Ich will mit meinen Lesern staunen"

Seite 2: Vorbilder

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Mac & i: Hast Du Vorbilder?

Eschbach: Vorbilder in dem Sinne von "ich möchte so schreiben wie der oder die", das habe ich nicht mehr. Am Anfang hat man das – ein großes Vorbild in meiner Jugend war zum Beispiel Alistair MacLean, so etwas wie der Dan Brown der 60er-Jahre –, aber für schriftstellerische Vorbilder gilt dasselbe wie für Medikamente: Wenn man’s damit übertreibt, schaden sie. Am Anfang motivieren sie einen und helfen, das Handwerkliche des Schreibens zu erlernen, aber man muss als Autor letztlich seine eigene Stimme finden, und die findet man nicht, wenn man zu lange seinen Vorbildern nacheifert.

Was ich noch habe, sind Autoren, die ich gern lese, und Autoren, von denen ich mir etwas abzugucken versuche. Manchmal sind das auch dieselben. Aber da müsste ich jetzt meinen Bücherschrank abschreiten und eine lange Liste erstellen.

Mac & i: John Irving, einer meiner anderen Lieblingsautoren, sagt, dass er zwar sein MacBook liebt, den ersten Entwurf seiner Romane aber immer von Hand schreibt – und dann von seiner Assistentin abtippen lässt.

Eschbach: Ich glaube, die Schreibgewohnheiten von Autoren haben eher damit zu tun, wie man das Schreiben angefangen hat. Ich zum Beispiel habe erst angefangen, eigene Geschichten zu schreiben, als ich eine Schreibmaschine hatte, also auf einer Tastatur. Und ich brauche zum Verfassen eines Textes auch immer eine Tastatur. Wenn ich Prosa von Hand schreibe, kommt nichts Gescheites dabei heraus. Ich könnte meine Roman auch nicht diktieren, wie es ja auch manche tun und wie es heute technisch ja problemlos ginge. Dann hätten meine Finger nichts zu tun, und eigentlich sind die es, die meine Romane schreiben.

Selfie von Stephan Ehrmann mit Andreas Eschbach nach dessen Lesung im Thalia in Bremen.

Mac & i: Du hast mir bei einem früheren Treffen erzählt, dass Du bis heute kein Smartphone besitzt. Wie kommt das?

Eschbach: Ich hatte in meiner Zeit als Unternehmer ein Mobiltelefon, …

Mac & i: Du warst damals selbstständiger Software-Entwickler …

Eschbach: Genau. Das war Mitte der 90er, also zu einer Zeit, als es noch richtig cool war, ein Handy zu haben. Aber schon damals fand ich es stressig, immer erreichbar zu sein. Außerdem telefoniere ich höchst ungern, also, wozu sollte ich ein Telefon mit mir herumschleppen? An dem Tag, an dem ich aus meiner Firma ausgeschieden bin, habe ich das Telefon – es war ein schickes kleines Ericsson, mit "nur" 199 Gramm das damals leichteste Gerät – auf den Tisch gelegt, und die Erleichterung, es losgeworden zu sein, hält immer noch an …

Mac & i: Gerade bei Dir als Science-Fiction-Autoren hat mich das aber doch überrascht. Wie kannst Du da trotzdem aktuelle Entwicklungen beurteilen, die Du doch für Deine Geschichten auf dem Schirm haben musst?

Eschbach: Vielleicht kann ich das als Außenstehender sogar besser, wer weiß? Maxim Gorkis Bonmot, dass man nicht in einer Pfanne gelegen haben muss, um über ein Schnitzel schreiben zu können, gilt auch heute noch.