Autounfälle: Polizeigewerkschaft für digitales Meldeportal statt Wartepflicht

Um Unfallfluchten entgegenzuwirken, fordert die Gewerkschaft der Polizei ein digitales Meldeportal.

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Mann telefoniert um einen Autounfall mit zwei Fahrzeugen zu melden.

(Bild: Monkey Business Images/Shutterstock.com)

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Derzeit wird aufgrund geplanter Reformen diskutiert, ob Unfallflucht künftig als Ordnungswidrigkeit gelten soll. Dabei wird die Wartepflicht am Unfallort für Autofahrer, die ein anderes Auto beschädigt haben, ebenfalls diskutiert. Laut Gewerkschaft der Polizei soll sie durch ein digitales Meldeportal ersetzt werden, damit der Unfallverursacher sich dort direkt melden kann. Außerdem besteht die Hoffnung, mit dem digitalen Meldeportal die Zahl der Unfallflüchtigen zu verringern.

Ebenso könne das Portal der Polizei Arbeit abnehmen, da sie nicht mehr eingeschaltet werden muss, damit Unfallverursacher straffrei bleiben. Die Daten für die Schadensregulierung sollten dann bei einer neutralen und gesetzlich geregelten Meldestelle hinterlegt werden. Ziel sei, dass Unfallopfer nicht auf dem Schaden sitzen bleiben, sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens.

"Ein von der Polizei unabhängiges Meldeportal hätte den Vorteil, dass sich dort auch Unfallverursacher melden würden, die bislang nur deshalb Fahrerflucht begehen, weil sie fürchten, sonst wegen anderer Delikte wie Fahren unter Alkoholeinfluss belangt zu werden", sagte Mertens. Während manche Unfallverursacher einfach wegfahren, nutzen andere, um keine Unfallflucht zu begehen, Zettel, die sie an die Scheibe kleben – das reicht jedoch nicht aus. Wichtig sei insgesamt, dass die Geschädigten die notwendigen Informationen erhält, etwa, bei wem sie sich bei der Beschädigung eines anderen Fahrzeugs melden sollen.

Ebenfalls für eine digitale Meldestelle bei Unfallen "mit reinem Sachschaden" spricht sich unter anderem der Automobil-Club aus. Nach Ansicht des Strafrechtsprofessors Jan Zopfs von der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz könne die Wartepflicht durch eine nachträgliche Meldung des Unfalls per App oder bei einer Meldestelle innerhalb eines bestimmten Zeitraums ersetzt werden.

Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte im Zuge der Reform auch vorgeschlagen, dass Fahrerflucht in Zukunft als eine Ordnungswidrigkeit und nicht mehr als Straftat geahndet wird. "Wer bei einem Unfall flüchtet, hat oft etwas anderes zu verbergen", meint hingegen der Leiter der Unfallforschung beim Gesamtverband der Versicherungswirtschaft, Siegfried Brockmann. Ein Unfall wegen Trunkenheit ließe sich am Folgetag nicht mehr nachweisen und die Unfallverursacher müssten sich lediglich für die weniger hart bestrafte Fahrerflucht verantworten.

Mertens kritisiert jedoch: "Selbst harmlose Parkrempler können wegen der komplexen Elektronik, die in modernen Fahrzeugen eingebaut sind, schnell zu mehreren tausend Euro Reparaturkosten führen. Deshalb darf sich der Staat bei der Bekämpfung der Unfallflucht nicht aus der Verantwortung ziehen".

Laut der stellvertretenden Hauptgeschäftsführerin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, Anja Käfer-Rohrbach, nehme "die Aggressivität im Straßenverkehr" immer mehr zu. Demnach halte sie eine Herabstufung der Fahrerflucht für ein falsches Signal. Dadurch könnte es sein, dass weniger Unfälle gemeldet und Schäden nicht beglichen würden. Und auch die Gewerkschaft der Polizei hält nichts von der Herabstufung und befürchtet, dass die Zahl an Unfallfluchten in Deutschland weiter steigt. Der Automobil-Club und der Auto Club Europa sprechen sich ebenfalls gegen die Herabstufung der Unfallflucht aus.

Der Deutsche Anwaltsverein kritisiert hingegen, dass Menschen, die derzeit ein Auto versehentlich beschädigt haben, für das Verlassen des Tatorts bestraft würden, aber nicht dafür, wenn sie ein Auto "vorsätzlich demolieren". Das würde sich ändern, sofern Fahrerflucht keine Straftat mehr sei. Dadurch werde ein "Zwang zur Selbstbezichtigung geschaffen", der eigentlich nicht mit dem Prinzip eines Rechtsstaats vereinbar sei, sagt Rechtsanwalt Andreas Krämer von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht beim Deutschen Anwaltverein. Seiner Ansicht nach sei eine Reform dringend notwendig, die die Unfallflucht zur Ordnungswidrigkeit herabstuft, außer bei schweren Personenschäden.

(mack)