Bundesregierung: Streit über beschleunigten Bau der Infrastruktur

Grünen und FDP streiten weiter, ob auch Flughäfen und Autobahnen beschleunigt ausgebaut werden sollen. Beide berufen sich auf den Koalitionsvertrag.

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Autobahn

(Bild: BMW)

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Bundeskanzler Olaf Scholz wollte in der vergangenen Woche dem öffentlich ausgetragenen Streit ein Ende bereiten. Er lud die Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zu einem Gespräch, um den Disput zu beenden, der sich im Kern darum dreht, ob auch Straßen mit einem vereinfachten Planungsrecht zügiger als bisher gebaut werden können. Der Austausch sei konstruktiv verlaufen, hieß es danach. Man sei sich zwar nicht einig, aber optimistisch, einer Einigung näherzukommen. Befreit von kosmetischer Diplomatie bedeutet das übersetzt: Einig ist man sich, dass man sich nicht einig ist. Der Streit geht weiter, beide Seiten wähnen sich im Recht und verweisen auf den Koalitionsvertrag.

Dringenden Modernisierungsbedarf bei Schienen wie bei Straßen in Deutschland sieht die FDP. "Wir müssen nicht nur unsere Schienen-, sondern auch die Straßeninfrastruktur schnell ertüchtigen und erweitern", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag in Berlin nach einer Präsidiumssitzung der Liberalen. Ziel sei es, die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren für alle Verkehrsträger mindestens zu halbieren. Mit Blick auf die aktuellen Diskussionen innerhalb und außerhalb der Koalition nannte Djir-Sarai es "zumindest befremdlich, dass hier einige unterscheiden zwischen guter Infrastruktur und schlechter Infrastruktur". Es gehe um die Infrastruktur insgesamt. "Da sieht man schon eindeutig, dass da Potenzial nach oben besteht, dass hier sich einiges tun muss, und vor allem rasch tun muss." Diese FDP-Position sei aus seiner Sicht "völlig im Einklang mit dem Koalitionsvertrag", betonte Djir-Sarai.

Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hält von einem schnelleren Neu- und Ausbau von Autobahnen, Straßen und Wasserstraßen gar nichts. Diese Art von Projekten diene nicht dem Klimaschutz, erklärte Lemke. Die Bundesregierung habe bereits "eine ganze Reihe von Beschleunigungsmaßnahmen für Planung, Genehmigung und Realisierung zentraler Vorhaben auf den Weg gebracht", schrieb sie weiter. Das Kabinett habe im Zuge dessen im Juni 2022 beschlossen, "dass dabei Projekte im Fokus stehen müssen, die dem Klimaschutz dienen, ebenso wie Investitionen in die Schiene oder den Erhalt und den Ersatzneubau insbesondere von Brücken", betonte Lemke. "Neue Autobahnen dienen nicht der Erreichung der Klimaziele, das Gegenteil ist der Fall."

Zur Verfahrensbeschleunigung fordert die FDP unter anderem, die Liste der Projekte, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist, um die Bereiche Straße und Wasserwege zu ergänzen. Ersatzneubauten von Autobahnbrücken sollen ohne Genehmigung und Umweltverträglichkeitsprüfung realisiert werden können. Ebenfalls ohne Umweltverträglichkeitsprüfung soll der Bau von Radwegen an Bundesfernstraßen ermöglicht werden. Planfeststellungsverfahren will die FDP stärker digitalisiert sehen.

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Im koalitionsinternen Streit um die Beschleunigung von Bauvorhaben machte die Umweltministerin ihre Position im koalitionsinternen Dissens mit dem FDP-geführten Bundesverkehrsministerium noch mal deutlich. "Eine Absenkung von Umweltstandards, von Lärm- oder Gesundheitsschutz halte ich für den Autobahnneubau für nicht vertretbar", bekräftigte Lemke. Mit ihrem Kollegen Wissing sehe sie aber "Spielraum für gute Kompromisse". Dass beispielsweise marode Brücken schnell und unkompliziert durch neue ersetzt werden sollten, sei "notwendig und richtig – und eine Riesenaufgabe in Deutschland", sagte Lemke. Sie sei zuversichtlich, dass die Bundesregierung eine konstruktive Lösung finden werde.

(mfz)