Dank Windows 7 erzielt Microsoft Rekordgewinne
Im zweiten Geschäftsquartal hat Microsoft nach eigenen Angaben über 60 Millionen Kopien von Windows 7 verkauft, damit sei es das bislang am schnellsten verkaufte Betriebssystem. Andere Sparten des Konzerns stehen nicht so gut da.
Microsoft legt dank Windows 7 Rekord-Quartalszahlen vor, hat aber ein Problem. Denn die angesagte Musik spielt heute woanders, während der Konzern, der lange den Taktstock in der IT-Branche schwang, nur noch eine Polkaband zu beaufsichtigen scheint: Bei Internet-Software, Smartphones und all den Mobilgeräten, die mobiles Internet und Webanwendungen Otto Normalanwender nahebringen, bestimmen Firmen wie Google oder Apple die Musik, ja spricht man gar vom Zweikampf zwischen Google und Apple. Auch wenn Microsoft mit seiner neuen Suchmaschine Bing punkten konnte, so zieht Google im Internet doch anscheinend unberührt von den Bemühungen des Redmonder Konzerns seine Bahnen; und mit Windows Mobile kann Microsoft derzeit gegen Apple und Google keinen Stich machen.
Das droht mittlerweile selbst dem angestammten Geschäft mit PC-Betriebssystemen und Office-Software gefährlich zu werden. Zwar konnte Microsoft mit Windows 7 einen Erfolg bei den Betriebssystem landen – aber auch wenn Apples iPad noch nicht der große Wurf sein mag, der die IT- und Medienwelt endgültig umwälzt, so ist doch absehbar, dass der klassische PC für alltägliche Aufgaben, die man bislang mit dem Desktop-Rechner oder wenigstens mit dem Windows-Note- oder -Netbook erledigte, nicht mehr die Hardware der Wahl ist. Und moderne Mobilgeräte sowie leistungsfähige Internetanbindungen können über Webanwendungen gar die lokale Produktivitätssoftware vom Schlage eines Word, Excel oder Powerpoint für viele Anwender überflüssig machen.
Dass Microsoft die Gefahr für das eigene Geschäft und die Lücken im eigenen Portfolio erkannt hat, wird der Konzern nicht müde zu betonen. Bislang waren aber seine Aufholversuche nicht mit besonders viel Fortune gesegnet. Die Umstrukturierung der Sparte "Entertainment and Devices" oder mögliche neue Pläne für Windows Mobile sind deutliche Zeichen. Derzeit aber sprechen zumindest die Geschäftszahlen noch deutlich für Microsoft: Im zweiten Quartal seines Geschäftsjahrs steigerte Microsoft seinen Nettogewinn im Jahresvergleich um 60 Prozent auf 6,662 Milliarden US-Dollar (74 US-Cent pro Aktie). Der operative Gewinn lag bei 8,513 Milliarden US-Dollar, ein Plus von 43 Prozent. Der Umsatz stieg um 14 Prozent auf 19,022 Milliarden US-Dollar.
In den Zahlen sind insgesamt 1,71 Milliarden US-Dollar an sogenanntem Deferred Revenue enthalten; diese im deutschen Rechnungswesen passiver Rechnungsabgrenzungsposten genannten Umsätze resultieren in diesem Fall aus dem Windows-7-Upgrade-Programm, mit dem Kunden beim Kauf eines PC bereits eine Option auf Windows 7 vor seiner allgemeinen Verfügbarkeit erwerben konnten, sowie aus Vorabverkäufen an PC-Hersteller. Ohne diese Einkünfte lag der Quartalsumsatz von Microsoft noch mit 4 Prozent im Plus bei 17,31 Milliarden US-Dollar, im zweiten Quartal des Vorjahrs lag er bei 16,367 Milliarden US-Dollar.
Die außergewöhnliche Nachfrage nach Windows 7 habe zu dem Umsatzwachstum geführt, kommentierte Microsofts neuer Finanzchef Peter Klein. Und das weiter vorangetriebene Kostenmanagement habe dem Konzern ermöglicht, die Gewinne noch stärker als die Umsätze zu steigern. Im zweiten Quartal hat Microsoft nach eigenen Angaben über 60 Millionen Kopien von Windows 7 verkauft, damit sei es das bislang am schnellsten verkaufte Betriebssystem. Entsprechend konnte die Sparte "Windows & Windows Live" auch den Umsatz im Jahresvergleich von 4,064 auf 6,904 Milliarden US-Dollar steigern. Der operative Gewinn der Sparte kletterte von 2,712 auf 5.394 Milliarden US-Dollar.
In anderen Bereichen sieht es nicht ganz so gut aus: Der Bereich "Server and Tools" konnte immerhin den Umsatz von 3,755 auf 3,844 Milliarden US-Dollar steigern, der operative Gewinn lag bei 1,491 Milliarden US-Dollar nach 1,375 Milliarden US-Dollar im gleichen Quartal des Vorjahrs. In der "Business Division" (zu der die Office-Pakete und Unternehmenssoftware gehören) fiel dagegen der Umsatz von 4,881 auf 4,745 Milliarden US-Dollar, der operative Gewinn stagnierte bei 3,010 Milliarden US-Dollar (Vorjahresquartal: 3,021 Milliarden US-Dollar). Die Sparte für Online-Services, die Microsoft selbst als strategisch bedeutsam für die Zukunft des Unternehmens hält, mit der es aber bislang wenig Glück hat, verbuchte einen Umsatzrückgang von 609 auf 581 Millionen US-Dollar und weitete den Verlust von 320 auf 466 Millionen US-Dollar aus. Bei "Entertainment and Devices" sackte der Umsatz gar von 3,256 auf 2,902 Milliarden US-Dollar ab, immerhin stieg hier der operative Gewinn von 130 auf 375 Millionen US-Dollar.
Das Rekordquartal für Microsoft geht also vor allem auf Windows 7 zurück, dessen Einführung eine Art Sonderkonjunktur für den Konzern auslöste und durch den Deferred Revenue aus dem Vorquartal den Bilanzen zusätzlich auf die Sprünge half. Microsoft hegt nun die Hoffnung, dass Windows 7 auch in der Lage ist, die IT-Ausgaben der Unternehmen wieder anzuheizen. Die Börsianer scheinen sich nicht klar darüber zu sein, ob sie Microsoft darin folgen sollen oder ob die Schwächen in anderen Bereichen die Stärke mit Windows 7 überwiegen: Zu Beginn des nachbörslichen Handels in New York, nach Vorlage der Microsoft-Zahlen am Donnerstagabend, ging der Kurs der Microsoft-Aktie zurück, um dann erst einmal wieder anzuziehen.
Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft (Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli) |
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Quartal | Umsatz | Nettogewinn |
4/01 | 6.580 Mio. | 66 Mio. |
1/02 | 6.130 Mio. | 1.280 Mio. |
2/02 | 7.740 Mio. | 2.280 Mio. |
3/02 | 7.250 Mio. | 2.740 Mio. |
4/02 | 7.250 Mio. | 1.530 Mio. |
1/03 | 7.750 Mio. | 2.730 Mio. |
2/03 | 8.540 Mio. | 2.550 Mio. |
3/03 | 7.840 Mio. | 2.790 Mio. |
4/03 | 8.070 Mio. | 1.920 Mio.* |
1/04 | 8.220 Mio. | 2.610 Mio.* |
2/04 | 10.150 Mio. | 1.550 Mio.* |
3/04 | 9.180 Mio. | 1.320 Mio.* |
4/04 | 9.290 Mio. | 2.690 Mio. |
1/05 | 9.189 Mio. | (2.901 Mio.) 2.530 Mio ** |
2/05 | 10.818 Mio. | 3.463 Mio. |
3/05 | 9.620 Mio. | 2.563 Mio. |
4/05 | 10.161 Mio. | 3.700 Mio. |
1/06 | 9.741 Mio. | 3.141 Mio. |
2/06 | 11.837 Mio. | 3.653 Mio. |
3/06 | 10.900 Mio. | 2.977 Mio. |
4/06 | 11.804 Mio. | 2.828 Mio. |
1/07 | 10.811 Mio. | 3.478 Mio. |
2/07 | 12.542 Mio. | 2.626 Mio. |
3/07 | 14.398 Mio. | 4.926 Mio. |
4/07 | 13.371 Mio. | 3.035 Mio. |
1/08 | 13.762 Mio. | 4.289 Mio. |
2/08 | 16.367 Mio. | 4.707 Mio. |
3/08 | 14.454 Mio. | 4.388 Mio. |
4/08 | 15.837 Mio. | 4.297 Mio. |
1/09 | 15.961 Mio. | 4.373 Mio. |
2/09 | 16.629 Mio. | 4.174 Mio. |
3/09 | 13.648 Mio. | 2.977 Mio. |
4/09 | 13.099 Mio. | 3.045 Mio. |
1/10 | 12.920 Mio. | 3.574 Mio. |
2/10 | 19.022 Mio. (17.31 Mio. ***) | 6.662 Mio. |
*Â Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm fĂĽr Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell
***Â ohne Deferred Revenue, der durch Einnahmen mit Windows 7 vor der allgemeinen VerfĂĽgbarkeit des Betriebssystems erzielt wurde
(jk)