Die Neuland-Interviews #3: Der lange Marsch der SPD zum "Weltniveau"

2030 soll die Digitalisierung der BRD "Weltniveau" erreichen. Bis dahin hält sich die SPD viele Optionen offen, wie Dr. Jens Zimmermann im Interview erklärt.

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In den Neuland-Interviews von c't und heise online sprechen wir mit den sechs im Bundestag vertretenen Parteien über ihr Programm zur Bundestagswahl. In den jeweils etwa eine Stunde dauernden Interviews stehen die digitalpolitischen Sprecherinnen und Sprecher Rede und Antwort zu digitalpolitischen Themen: Wie wollen Sie den Ausbau von Breitband und 5G vorantreiben? Wer darf bei der europäischen Cloud GAIA-X mitmachen? Werden Schüler künftig von KI-Programmen unterrichtet? Halten Polizei und Verfassungsschutz Sicherheitslücken für Staatstrojaner offen? Und was ist eigentlich diese Blockchain, über die Start-ups und Investoren jubeln?

Die Interviews haben wir in den vergangenen zwei Wochen aufgezeichnet und veröffentlichen jeden Tag ein Gespräch. Nach der Linken und der CDU/CSU begrüßen wir heute Dr. Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD. Zum Abschluss der Interview-Reihe sprechen Redakteure von c't und heise online am kommenden Sonntag, den 5. September über die Positionen der Parteien.

Die SPD hat nicht nur das dünnste Wahlprogramm von den sechs großen Parteien, an vielen Stellen bleiben die Sozialdemokraten auch vage in ihren Aussagen. So sprechen sie beim Ausbau der digitalen Infrastruktur vom Jahr 2030, auf dem Deutschland endlich Weltniveau erreichen soll – also erst in der überübernächsten Legislaturperiode. Dr. Jens Zimmermann machte klar, dass die SPD dazu den Ausbau von Glasfaser und nicht mehr von Kupfer fördern will. Einer Verstaatlichung der Netze erteilte er eine Absage: "Wenn wir uns im Jahr 1990 befänden, würde ich das genau so machen", heutzutage sei eine Vergesellschaftung aber keine Option.

Bei der Mobilfunkversorgung sieht er ähnlich wie die Grünen große Probleme beim Einsatz chinesischer 5G-Technik von Huawei. Die SPD will stattdessen den Einsatz von europäischen Anbietern wie fördern: "Bei 5G haben wir europäische Technik, und die möchten wir gerne zum Erhalt der digitalen Souveränität in Europa fördern."

Weniger strikt ist die SPD allerdings bei der Beteiligung außereuropäischer Firmen beim Cloud-Projekt GAIA-X. Hier sollen in einem "erweiterten Ring" auch Firmen außerhalb der EU beteiligt werden, wenn sie bestimmten Anforderungen genügen.

Beim Thema Innere Sicherheit und Staatstrojaner verteidigt Zimmermann die Zustimmung der SPD zu den von der Union vorangetriebenen Gesetzen. "Es ist ein ganz großes Problem, dass das Innenministerium von Horst Seehofer da nicht weiß, was es eigentlich tut," sagte Zimmermann. Trotzdem sei die SPD zu Kompromissen gezwungen gewesen: "Es ist in jeder Koalition ein Ringen um Positionen [...] das wird anderen Parteien genauso gehen." Zimmermann selbst bevorzuge eine Koalition mit Grünen und FDP (Ampel), wie er im Interview ausführte.

Die Sicherheitsbehörden sollten laut Zimmermann nicht "blind und taub" bleiben: "Sie können natürlich fordern, dass Sicherheitslücken nicht mehr genutzt werden sollen. Dann müssen Sie aber auch sagen, was die Sicherheitsbehörden dann machen sollen." Als Beispiel führte er Afghanistan an, dort sei Deutschland komplett abhängig von den US-Geheimdiensten. Allerdings hatten diese trotz umfangreicher Überwachungsmöglichkeiten das schnelle Vorrücken der Taliban nicht vorhergesehen.

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Das volle Interview können Sie hier im Videoplayer oder auf Youtube mit einer zugehörigen Themen-Timeline zur schnellen Navigation sehen. Außerdem stellen wir die Gespräche als Podcast bereit.

Auf Youtube finden Sie außerdem noch "Reaktionsvideos", die kurz nach den Interviews entstanden sind und auch noch einmal Bezug auf die verschiedenen Gespräche und Situationen nehmen.

Passend zu den Interviews lesen Sie in der aktuellen c't-Ausgabe 19/2021 einen Schwerpunkt zur Bundestagswahl mit umfangreichen Analysen und Bewertungen der digitalpolitischen Programme der sechs großen Parteien:

c’t Ausgabe 19/2021

In c’t 19/2021 bauen wir einen maßgeschneiderten Server, vergleichen 60 Prozessoren in unserem großen CPU-Ratgeber und widmen uns der anstehenden Bundestagswahl: Wie stehen die Parteien zu Datenschutz, Überwachung und digitaler Souveränität? Außerdem im Heft: Mit der Fritzbox günstig ins Ausland telefonieren, Hotspots mit OpenWRT verwalten und PDF-Tabellen in Excel importieren. Ausgabe 19/2021 finden Sie ab dem 27. August im Heise-Shop und am gut sortierten Zeitschriftenkiosk.

Wir haben zudem auf heise online in einer neunteiligen Serie die Wahlprogramme der Parteien, die voraussichtlich im neuen Bundestag vertreten sein werden, anhand wichtiger Themengebiete genauer untersucht:

Bundestagswahl 2021: Partei-Wahlprogramme unter der Lupe

(hag)