EU-Kommission droht hohe Strafzölle auf E-Autos aus China an

Nach den USA könnte jetzt auch die EU Strafzölle auf chinesische E-Autos einführen. Darunter könnten deutsche Firmen doppelt leiden.

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Chinesisches Elektroauto von Nio

Elektroauto aus China von Nio

(Bild: Florian Pillau)

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Die EU-Kommission droht mit hohen vorläufigen Strafzöllen auf E-Autos aus China. Das teilte die Behörde am Mittwoch mit. Ob Hersteller die Zölle von bis zu 38,1 Prozent tatsächlich zahlen müssen, hängt den Angaben zufolge davon ab, ob mit China eine andere Lösung gefunden werden kann. Sie würden dann rückwirkend vom 4. Juli an einbehalten werden, sollte sich die EU darauf verständigen, langfristig höhere Zölle zu erheben.

Ob China mit Subventionen für seine Autohersteller den Markt verzerrt und sich so unfair Wettbewerbsvorteile verschafft und ob entsprechende Gegenmaßnahmen sinnvoll sind, hat eine Untersuchung der EU-Kommission seit Oktober 2023 untersucht. Der französische Präsident Emmanuel Macron gehört zu den Befürwortern zusätzlicher Zölle, Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnt sie ab. Die Kommission sei nun vorläufig zu dem Schluss gekommen, dass die Wertschöpfungskette für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) in China von einer unfairen Subventionierung profitiert. Deswegen droht die Kommission mit Zöllen zwischen 20 und knapp 40 Prozent.

Mitte vergangenen Monats haben die USA eine Abgabe auf Elektrofahrzeuge aus China von 100 Prozent verhängt. Der Zolltarif für Lithium-Ionen-Batterien, sofern sie in Elektrofahrzeugen eingesetzt werden, steigt auf 25 Prozent, für andere Lithium-Ionen-Batterien greift der Tarif erst 2026. Auch Bauteile für Batterien werden mit 25 Prozent verzollt.

Chinas Außenministerium kritisierte das als Protektionismus und eine Ausrede der EU, um Zölle gegen importierte Autos aus China zu erheben, was gegen internationale Handelsregeln verstoße, sagte Sprecher Lin Jian in Peking. Zuletzt werde das den eigenen Interessen Europas schaden. Am Vortag hatte Lin bereits angekündigt, dass China nicht tatenlos zu sehen und seine Interessen schützen werde.

China ist der größte Automarkt der Welt und deshalb für die deutschen Autobauer extrem wichtig – Gegenmaßnahmen würden deutsche Autobauer treffen. BMW etwa exportiert den 4er und den 7er aus der EU nach China. Über Volumina macht das Münchener Unternehmen keine Angaben. Auch Porsche wäre betroffen, wenn China mit Gegenmaßnahmen reagiert. Das Land ist einer der wichtigsten Märkte für Porsche und wird komplett aus Europa bedient. Audi exportiert ebenfalls zahlreiche Fahrzeuge nach China. "Für 2024 rechnen wir ca. mit 60.000 Einheiten", teilte der Konzern mit.

Bei Mercedes entfielen im vergangenen Jahr rund 30 Prozent des Absatzes auf China. VW verkaufte dort 2023 sogar fast 50 Prozent der eigenen Autos, bedient den Markt aber fast ausschließlich aus lokaler Fertigung. Nach Berechnung der Unternehmensberatung JSC Automotive Consulting, die regelmäßig die Zulassungszahlen in China auswertet, waren bei der Marke VW 2023 nur 0,6 Prozent der dort verkauften Fahrzeuge Importmodelle. Audi kam auf 9 Prozent, BMW auf 13 und die Mercedes-Benz Group auf 20 Prozent. Bei Porsche lag die Quote mangels Fertigung vor Ort bei 100 Prozent.

Deutsche Marken wollen es in China mit Konkurrenten wie dem US-Autobauer Tesla und chinesischen Marken wie BYD oder Nio aufnehmen. BMW, Mercedes, VW und andere Firmen könnten das erste Ziel möglicher chinesischer Gegenmaßnahmen sein. Noch am 22. Mai hatte die chinesische Handelskammer in Brüssel vor dieser Möglichkeit gewarnt. Man sei von Insidern darüber informiert worden, dass China erwäge, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf importierte Fahrzeuge mit großen Motoren zu verhängen, hieß es in einer Mitteilung der Kammer auf X.

Deutsche Firmen könnten derweil nicht nur von Gegenmaßnahmen betroffen sein, sondern auch von den EU-Maßnahmen selbst – denn sie produzieren auch in China für den Export. Mini etwa baut den im Mai auf dem Weltmarkt eingeführten Elektro-Cooper zusammen mit dem chinesischen Autohersteller Great Wall in China. Im VW-Konzern könnte nur der neue Cupra Tavascan, der im Herbst auf Markt kommen soll, betroffen sein. Es ist das erste und einzige Modell im Konzern, das in China gebaut und nach Europa exportiert wird. BMW importiert den iX3 aus China in die EU. Mercedes baut die Smart-Fahrzeuge zusammen mit seinem Großaktionär Geely vollständig im chinesischen Xi'an und exportiert sie auch nach Europa.

(fpi)