Ein weiterer Abschied bei optischen Netzen

Sag beim Abschied leise Servus: Ein weiterer Netzwerk-Ausrüster gibt die Entwicklung optischer Switches und Cross-Connects für photonische Netze auf.

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Von
  • Jürgen Kuri

Sag beim Abschied leise Servus: Nach Nortel gibt auch JDS Uniphase die Entwicklung optischer Switches auf. Nachdem der kanadische Konzern bereits die Einstellung seiner Entwicklungen entsprechender Gerätschaften bekannt gab, verkauft nun JDS Uniphase, Spezialist für Komponenten optischer Netze, gleich die ganze Abteilung, die die zu Grunde liegende Technik entwickelte. Vor gut zwei Jahren erst hatte der Konzern die Firma Cronos, Entwickler von MEMS (Micro-Electromechanical Systems), für 750 Millionen US-Dollar gekauft. Nun geht die Sparte für 8,5 Millionen US-Dollar an die französische MEMSCAP, nach eigenen Angaben weltweit führend bei MEMS. Sollte die übernommene Sparte ein nicht näher spezifiziertes Umsatzziel innerhalb der nächsten zweieinhalb Jahre erreichen, muss MEMSCAP zusätzlich 5,2 Millionen US-Dollar in Aktien an JDS Uniphase bezahlen.

Was einerseits für MEMSCAP ein schönes Schnäppchen darstellt, ist andererseits ein weiteres Zeichen für die Krise der Internet-Carrier und der Netzwerk-Ausrüster. Offensichtlich interessiert sich kaum noch jemand für die einst als Schlüsseltechnologie bei photonischen Netzen betrachtete Technik der MEMS. Die Entwicklungen von Cronos dienten dazu, rein optische Vermittlung in Routern und Switches zu realisieren. Cronos baute Chips, die mechanisch steuerbare Silizium-Mikrostrukturen enthalten, die zur Steuerung, Verstärkung und Umlenkung von Lichtwellen genutzt werden können.

Diese in Art von Mikrospiegeln arbeitenden Chips ermöglichen optische Schaltern/Switches, so genannte optischen Cross-Connects, die als entscheidende Grundlage für eine nahezu unbegrenzte Bandbreite bei Internet-Backbones betrachtet wurden. Durch die neue Technik waren die mit optischen Netzen auf Basis von Wavelength Division Multiplexing (WDM) möglichen Datenraten nicht mehr nur auf direkte Verbindungen zwischen zwei Netzwerkknoten begrenzt, sondern ein Großteil des Datenstroms (Transitverkehr) konnte bei Bedarf ohne Geschwindigkeitsverlust über die Netzknoten direkt weitergeleitet werden; die bis dahin auch in optischen Netzen notwendigen und vergleichsweise langsamen Umsetzungen zwischen Optik und Elektronik in den Vermittlungsknoten entfielen.

Allerdings scheint so viel Geschwindigkeit in der Vermittlung heutzutage gar nicht mehr notwendig: Angesichts von Überkapazitäten in den Backbones, allgemeiner Wirtschaftsflaute und Krise der Internet-Ökonomie wuchs der Bandbreitenbedarf längst nicht so explosionsartig wie ursprünglich gedacht: einer der Gründe für Carrier-Pleiten und Bilanzskandale. Die Auswirkungen aber bekommen offensichtlich nicht nur die Backbone-Betreiber zu spüren, sondern auch die Netwerkausrüster -- und damit auch die Forscher und Ingenieure, die die technische Entwicklung der optischen Netze weiter vorantreiben sollten.

Zu den Entwicklungen bei den Backbones und optischen Netzen siehe auch: (jk)