Elektronische Gesundheitskarte: Forderungen an die Lösungsarchitektur

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar verlangt eine technikoffene Probephase, in der alle Lösungen "ohne Vorfestlegung auf ein bestimmtes technisches Verfahren" getestet werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 40 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Unmittelbar nach der Übergabe der Lösungsarchitektur der elektronischen Gesundheitskarte auf der CeBIT haben sich die Parteien zu Wort gemeldet, die über die Ausgestaltung der Spezifikationen hinaus Gefahren sehen. Stefan Etgeton vom Bundesverband der Verbraucherzentralen verwies in einem Vortrag über Patientenrechte darauf, wie wichtig der Genehmigungsvorbehalt seitens des Gesundheitsministeriums ist. Über diesen Vorbehalt haben Etgeton zufolge die Datenschützer die Möglichkeit, in das Projekt einzugreifen, wenn die Privatsphäre bedroht wird.

Außerdem machte Etgeton darauf aufmerksam, dass das Kartenkonzept keineswegs von "Oma Krause bis zum Computerfreak Bill McApel" ausgetestet sei. Während der Freak allein zurecht komme, müsse die Oma aufwendig vom Arzt beraten werden. Etgeton forderte die Kommunikationswissenschaften auf, ihre Untersuchungen über die Bedienung von Fahrkartenautomaten und anderen Geräten öffentlich in das Projekt einzubringen.

Mit einer Presseerklärung meldete sich Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar zu Wort und forderte eine technikoffene Probephase, in der alle Lösungen "ohne Vorfestlegung auf ein bestimmtes technisches Verfahren" getestet werden. Zur Akzeptanz der Karte betonte Schaar, dass die Ängste und Befürchtungen der Bürger gemindert werden müssten. "Aus diesem Grund ist es mir besonders wichtig, nochmals auf die gesetzlichen Regelungen aufmerksam zu machen, die eine weitestgehend freiwillige Nutzung der Anwendungen vorsehen", erklärte der Datenschützer.

Für die Ärzte machte Leonard Hansen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein darauf aufmerksam, dass die Patienten von den ersten beiden geplanten Anwendungen der Gesundheitskarte keinen Nutzen haben. Sowohl das elektronische Rezept als auch die Prüfung der Zahlungspflicht und des Zuzahlungsstatus durch die Krankenkassen brächten den Versicherten gar nichts. Darum forderte Hansen, zur kommenden flächendeckenden Einführung der Karte die Medizindokumentation als "Killerapplikation" auf die Karte zu laden.

Weil 25 Prozent der Investitionen und 60 Prozent der Betriebskosten der medizinischen Telematik von den Ärzten bezahlt werden müssten, forderte Hansen bei der anzuschaffenden Hardware eine Subvention der Ärzte und Zahnärzte in der Art, wie die Mobilfunker Handys subventionieren. Last but not least verwies der Arztfunktionär darauf, dass die Kommunikationsinfrastruktur sehr leistungsfähig sein muss. Wenn es mehrere Minuten brauche, ein eRezept zu speichern, sei die Lage kritisch. Hansen: "Das eRezept muss flutschen, sonst ist das Projekt tot."

Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch:

(Detlef Borchers) / (anw)