Elektronische Gesundheitskarte: Starker Mann, was nun?

Offenbar gibt es zwischen den Leistungserbringern (Ärzte, Zahnärzte, Apotheker) und den Krankenkassen immer noch keine Einigung darüber, welche Daten auf der elektronischen Gesundheitskarte und welche auf zentralen Servern gespeichert werden sollen.

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Von
  • Detlef Borchers

Nach dem geplatzten Termin vom 1.Oktober, an dem die "Selbstverwaltung der Leistungserbringer" und die Krankenkassen ihr gemeinsamen Konzept für die elektronische Gesundheitskarte vorstellen wollten, ist die für den heutigen Freitag angekündigte Vorlage einer Änderungsliste auf den kommenden Montag vertagt worden. Offenbar gibt es zwischen den Leistungserbringern (Ärzte, Zahnärzte, Apotheker) und den Krankenkassen immer noch keine Einigung darüber, welche Daten auf der Gesundheitskarte und welche auf zentralen Servern gespeichert werden sollen.

Die Zeit drängt: Am 21. Oktober soll der "Lenkungsausschuss Gesundheitskarte" eine Konsenslösung vorlegen, damit die Pilotprojekte gestartet werden können. Aus Regierungskreisen wurde am vergangenen Mittwoch die Information gestreut, dass man beim Zeitdruck keinesfalls nachlassen werde. Notfalls wolle man einen starken Mann installieren, einen Projektmanager, der im Auftrag des Ministeriums die Details zur Server- und Kartenarchitektur festlegt. Zusammen mit dieser angedrohten Ersatzvornahme heißt es aus dem Ministerium, dass die Technik ohnehin enge Grenzen setze und die Debatte daher unverständlich sei: Eine Speicherung der Patienten- und Rezeptdaten auf Servern (wie von den Krankenkassen bevorzugt) sei ohnehin notwendig, weil es ein "Backup" zu den auf der Karte gespeicherten Rezepten geben müsse. Außerdem habe das Kartenmedium nicht genügend Arbeitsspeicher, um etwa neben den Rezepten, Notfallinformationen und der Arzneimitteldokumentation noch elektronische Patientenakten speichern zu können.

Derzeit ist die Speicherkapazität des EEPROMs auf der Gesundheitskarte noch nicht festgelegt, man schwankt zwischen 32, 48 und 64 KByte. Die endgültige Festlegung erfolgt mit der Endauswahl der Kartenbetriebssysteme, die unterschiedlichen Speicherbedarf haben. Von ihnen stehen derzeit 6 verschiedene Varianten zur Debatte: Seccos von Gemplus, Starcos von Giesecke & Devrient, Micardo von Orga Datensysteme, Abacos von Pavcard, Cardos von Siemens und Tcos von T-Systems.

Der starke Mann, der in den Diskussionen durchgreift, ist nicht bei allen Beteiligten erwünscht. Gegenüber der Ärzte-Zeitung erklärte Michaela Gottfried, Sprecherin des Ersatzkassenverbandes VdAK, ein Projektmanager könne die verfahrene Situation nicht besser lösen als die Selbstverwaltung.

Während erste Zweifel daran laut werden, dass der 1. Januar 2006 als Termin für die elektronische Gesundheitskarte haltbar ist, betonen Regierungskreise, dass das Projekt technologisch gut umsetzbar sei und sich daher grundlegend von der Maut unterscheide. Die größten Probleme seien logistischer Natur, etwa die Einsendung/Aufnahme der Fotos von 80 Millionen Versicherten und die Verteilung der PIN-Nummern. Auch die Veranstalter des von Bundeskanzler Schröder zu eröffnenden Jahreskongresses der Initiative D21 geben sich unverzagt. "Wissen à la Carte: Die Gesundheitskarte kommt!" heißt es im Programm.

Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)