LKW-Maut: Abseits der Autobahn ...

Die Diskussion um die Feinstaubbelastung deutscher Städte hat nun die deutsche satellitengestützte LKW-Maut erreicht. Auch die gesammelten Maut-Daten wecken neue Begehrlichkeiten, unter anderem mit dem Argument der Terrorismusbekämpfung.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Diskussion um die Feinstaubbelastung deutscher Städte hat nun die deutsche LKW-Maut erreicht. Am Dienstag wurden neue Belastungswerte veröffentlicht, nach denen neben München auch in Stuttgart die zulässigen Jahresgrenzwerte beim Feinstaub überschritten wurden. Zur Reduzierung der Feinstaubemission fordern Politiker aller Parteien Fahrverbote für schwere LKW ohne Partikelfilter in den Städten. Zur Reduzierung des Ausstoßes forderte der SPD-Umweltexperte Hermann Scheer zusätzlich, dem Dieselkraftstoff Bioethanol zuzusetzen. Die Mischung der Treibstoffe soll nach seinen Angaben die Partikelemission um 46 Prozent senken.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) meldete sich mit einem Positionspapier zu Wort, das die Erhöhung der LKW-Maut fordert, damit schadstoffbegrenzende Maßnahmen wie die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene greifen. So soll die Mautgebühr von durchschnittlich 12,4 Cent pro Kilometer auf 45 Cent angehoben werden, wie sie in der Schweiz kassiert werden. Außerdem sollen alle Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs eine Maut entrichten (bisher nur ab 12 Tonnen) und die Maut selbst nicht auf die Autobahnen beschränkt bleiben, sondern (die Schweiz ist auch hier Vorbild) flächendeckend im gesamten Bundesgebiet erhoben werden. In diesem Zusammenhang hat der BUND eine Liste der Ausweichstrecken erstellt, die belegen soll, dass eine Bemautung all dieser Strecken zu einer flächendeckenden Mauterhebung führt.

Die Bemautung von Ausweichstrecken abseits der Bundesautobahnen ist mit der "OBU 2.0" möglich, die im Januar 2006 gestartet werden soll. Derzeit wird die OBU 2.0 in etwa 2000 LKW getestet. Die OBU -- "die im deutschen Maut-System die "ganze Arbeit macht" --, so Toll-Collect-Sprecher Martin Rickmann auf der CeBIT, kann in der erweiterten Version 2.0 variabel neue Landkarten laden und neue Mautpreise oder variable Mautpreise (etwa für den Wochenendverkehr) speichern. Dies ist mit der Version 1.0 nicht möglich. Zum Upgrade von 1.0 auf 2.0 müssen die LKW allerdings in die Werkstatt. Das Aufspielen der neuen Software vor Ort soll 30 bis 40 Minuten dauern und ab Sommer 2005 immer dann erfolgen, wenn ein LKW ohnehin die Werkstatt aufsuchen muss. Derzeit sind nach Angaben von Toll Collect 433.000 OBU personalisiert und ausgeliefert, davon 397.000 in den LKW eingebaut.

Laut Toll Collect ist der "Trend zur OBU" ungebrochen. Im Januar wurden mit dem Start der LKW-Maut 75 % aller mautpflichtigen Fahrten über eine OBU abgerechnet, im Februar waren es bereits 79 %, im März soll die 80 %-Marke überschritten sein. Deutlich rückläufig ist nach Angeben des Mautbetreibers die Nutzung von Mautterminals von 22 % im Januar auf 19 % im Februar. Die Mautbuchung per Terminal soll sich dabei auf 200 Geräte von insgesamt 3500 Terminals konzentrieren, die sehr stark genutzt werden. 400 Terminals seien bisher überhaupt nicht benutzt worden, der Rest eher selten, heißt es bei Toll Collect. Auch die Internet-Buchung soll rückläufig sein. Im Januar erfolgten 3 % aller Buchungen über das Internet, im Februar waren es nur 2 %. Für den März erwartet Toll Collect einen neuen Einnahmerekord. Im Januar wurden 209 Millionen, im Februar 215 Millionen Euro eingenommen.

Mit der zunehmenden Verbreitung der OBU wächst das Interesse an den Mautdaten. Auf der CeBIT pries Toll-Collect-Sprecher Rickmann die Eignung der OBU 2.0 für das elektronische Flottenmanagement und die Verbesserung der Verkehrssicherheit an. So könne sich Toll Collect eine Vehicle-to-Vehicle-Kommunikation vorstellen, die die LKW bei Staugefahr abbremse, desgleichen eine integrierte Abstandskontrolle zwischen den Fahrzeugen. Wolfgang Zeitlmann, der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, forderte gar den polizeilichen Zugriff auf Maut-Daten zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung. Nach seiner Einschätzung gebe es kein Interesse der LKW-Besitzer am Schutz ihrer Daten, wenn mit diesen Daten Terrorakte verhindert und damit Menschenleben gerettet werden könnten, so Zeitlmann in einer Presseerklärung. Mit der Erklärung reagierte Zeitlmann auf einen SPD-Vorschlag, den Geheimdiensten den Zugriff auf die Daten von Reisebüros und Autovermietern zu gestatten.

Zur satellitengestützten LKW-Maut in Deutschland siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)