LKW-Maut: Der Start ist gelungen

Der erste harte Maut-Tag ist nach Einschätzung von Toll Collect ohne größere Probleme zu Ende gegangen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 302 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Nach dem Start des Mautsystems von Toll Collect zur LKW-verkehrsarmen Zeit an den Neujahrstagen ist auch der erste harte Maut-Tag nach Einschätzung von Toll Collect ohne größere Probleme zu Ende gegangen. Am heutigen Montag registrierten die Maut-Betreiber 345.000 Einbuchungen über die On-Board-Units (OBU) und 45.000 Einbuchungen über das Internet respektive die Maut-Terminals. Dies ist eine deutliche Steigerung gegenüber dem Sonntag, an dem man 29.000 OBU-Buchungen und 7000 manuelle Vorgänge registrierte.

Auch die befürchteten Staus mit der Aufhebung des Fahrverbotes am Sonntagabend blieben aus. Am Grenzübergang Bentheim begann die holländische Hatz nach Berlin wie an jedem Ende des Wochenendes. Probleme gab es nur bei ausländischen Fahrern, die auf unbekannter Strecke nicht die korrekte Ausfahrt am Terminal bestimmen konnten. Ein englischer LKW-Fahrer hatte in Bentheim in seinen Ladepapieren beispielsweise nur "Hanover Fair Entry South" stehen und musste vor der Liste der angebotenen Abfahrten in Hannover Hilfe suchen. Auch die hochmotivierten Helfer von Toll Collect mussten bei einigen dieser Fälle (ohne eigene Navigationssoftware im Notebook) mangels Ortskenntnisse kapitulieren.

Nach Angaben des für die Mautkontrolle zuständigen Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) wurden stichprobenartig 13.950 Fahrzeuge kontrolliert -- eine Dauerkontrolle ist laut Autobahnmautgesetz unzulässig. Von diesen Fahrzeugen fuhren 1200, ohne Maut entrichtet zu haben, was auf eine Mautprellerquote von 8 bis 9 Prozent hinausläuft. Diese Quote liegt unterhalb der 10 Prozent, die am ersten Tag erwischt wurden beziehungsweise unterhalb der 10 Prozent, die gegen die Euro-Vignette "Standard" verstoßen haben. Nur 320 der 1200 mautlosen Fahrzeuge wurden von Mautbrücken erfasst, der Rest von den im Verkehr "mitschwimmenden" Fahrzeugen des BAG. Ausländische Frachtführer sollen bei den Ertappten deutlich in der Mehrzahl sein.

Ob schlichte Unwissenheit oder der Glaube an das Nicht-Funktionieren des Systems hinter den Mautverstößen steckt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen müssen. Als Konsequenz aus der Situation sollen nun auch die an dem ersten Tag nicht erhobenen Sicherheitsleistungen auf nachzuzahlende Gebühren eingeführt werden. Für Ausländer sind dies 7300 Euro, für Deutsche 1200 Euro. Insgesamt sollen Toll Collect und BAG an den ersten drei Tagen 3,4 Millionen Euro eingenommen haben.

Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe erklärte zum Mautstart zwar, dass die erste Etappe gewonnen sei, räumte aber eine 100-tägige Schonfrist ein, wie sie sonst nur Politikern gewährt wird. Erst danach könne man die Maut realistisch beurteilen, so Stolpe.

Widerspruch gab es von den Spediteursverbänden. Sie machten darauf aufmerksam, dass die erste Januarwoche traditionell wenig LKW-Verkehr auf die Straßen bringt, da in vielen Speditionen noch Weihnachtsferien sind und viele Werke erst die Produktion anlaufen lassen. Der Bundesverband Güterverkehr (BGL) machte auf einen Fall in Sachsen aufmerksam, wo ein Spediteur von seinem Kunden gezwungen werden sollte, das Gesamtgewicht seiner 40-Tonner in den Papieren auf mautfreie 11,9-Tonnen "ablasten" zu lassen. Gegen ein solches Ansinnen werde man sich zur Wehr setzen, verkündete der BGL.

Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland siehe auch:

(Detlef Borchers) / (anw)