Motorrad: Ducati erneut ohne Plus, Hoffnung auf günstigere Modelle

Ducati ist sportlich ganz weit vorn, doch die Verkäufe stagnieren trotz vieler Fans seit Jahren. Auf Dauer ist das problematisch.

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Ducati Panigale V4

Die Ducati Panigale V4 gilt als eines der besten Superbikes auf dem Markt.

(Bild: Ducati)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Ingo Gach
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Ducati ist im Sport überaus erfolgreich, der italienische Hersteller ist zum dritten Mal in Folge MotoGP-Weltmeister geworden, zweimal mit der Werks-Desmosedici und einmal mit einer Werksmaschine für Pramac-Ducati, und gilt auch in der Saison 2025 als Favorit. Die Traditionsmarke kann 16 Superbike-WM-Titeln vorweisen, so viel wie kein anderer Hersteller, und gewann in den letzten beiden Jahren mit der Panigale 955 V2 die Supersport-WM. Die Elektromotorrad-WM MotoE wird mit der Einheitsmaschine V21L von Ducati gefahren. Jetzt mischt die Marke aus Bologna auch noch voller Ehrgeiz mit seiner neu entwickelten Desmo 450 MX in der Motocross-WM mit.

Sportlich kann es also kaum besser laufen, und dennoch kämpft Ducati mit einem hartnäckigen Problem: Die Verkaufszahlen der Serienmotorräder stagnieren seit Jahren und das trotz Modelloffensive. Vergangenes Jahr lieferte Ducati 54.495 Motorräder weltweit aus, ein Rückgang von 6,4 Prozent zum Vorjahr. Offensichtlich kann der Verkauf nicht von den MotoGP-Erfolgen profitieren.

Ducati stellt mit der V21L die Einheitsmotorräder für die Elektro-WM. Das Bild zeigt die Maschine ohne Verkleidung.

Die Situation im vergangenen Jahr ist keine Ausnahme, denn Ducati bewegt sich schon seit Langem auf dem Niveau um die 50.000 Einheiten pro Jahr, 2017 waren es 55.451 Stück, 2020 ging es bis auf 48.042 runter. Nur zum Vergleich: BMW Motorrad wächst seit Jahren kontinuierlich und konnte im vergangenen Jahr 210.408 Motorräder verkaufen, das waren über 40.000 mehr als 2020.

Von solchen Zahlen kann Ducati nur träumen, trotz guten Rufs als Kultmarke mit ausgesprochen sportlichem Image. Die Modelle haben kräftige Motoren, modernste Elektronik und – in den meisten Fällen – ein attraktives Design, aber dennoch wächst Ducati nicht. Woran liegt es? Das meistverkaufte Modell war 2024 die Reiseenduro Multistrada mit 13.069 Stück weltweit, davon 10.114 mit dem bärenstarken V4-Motor. Auch in Deutschland war die Multistrada V4 mit 904 Neuzulassungen die erfolgreichste Ducati.

Ducatis Volumenmodell Multistrada V2 verliert einiges an Gewicht und die markentypische Desmodromik.

Ein erstes Hindernis für Käufer wird beim Preis deutlich: Die Multistrada V2 (113 PS) startet bei 15.990 Euro, für die Multistrada V4 (170 PS) sind mindestens 20.590 Euro fällig und die Multistrada V4 Rally mit langen Federwegen und Drahtspeichenrädern schlägt gar mit 27.190 Euro zu Buche. Die Multistradas sind ausgezeichnete Motorräder, aber die V2 ist im Vergleich zur Konkurrenz deutlich teurer und die V4 muss gegen die (kaum günstigere) BMW R 1300 GS (Test) antreten. Die Boxer-Enduro dominiert den Markt seit Jahren mit drückend überlegenen Verkaufszahlen, 2024 setzte BMW weltweit über 68.000 Stück der Modelle R 1250 GS Adventure, R 1300 GS und R 1300 GS Adventure ab.

Dahinter folgten 2024 im Ducati-Verkaufsranking die Panigale-Sportmodelle. Hier müssten eigentlich die WM-Titel in der MotoGP und Superbike den Verkauf ankurbeln, doch ganz allgemein finden sehr starke Sportmotorräder bei allen Marken schon seit Jahren kaum noch Käufer. Die Panigale-Modelle kamen auf gerade mal 8456 Stück weltweit. Auch sie bewegen sich im Hochpreis-Segment. Die Panigale V2 mit 155 PS kostete vergangenes Jahr 20.690 Euro, die Panigale V4 mit 216 PS fing bei 26.190 Euro an, die Panigale V4 R – das Homologationsmodell für die Superbike-WM – mit 218 PS hatte heftige 43.990 Euro auf dem Preisschild.

Ducati stagniert (7 Bilder)

Ducati gilt als Kultmarke und baut seit 1946 in Bologna Motorräder. Ihre aktuellen Motorräder werden zwar sehr geschätzt, doch die Verkaufsstatistik stagniert seit Jahren. (Bild:

Ducati

)

Die Geschäftsleitung in Bologna versucht, mit einer für 2025 komplett erneuerten Panigale V2 gegenzusteuern. Sie hat zwar mit 120 PS deutlich weniger Leistung, kostet dafür aber mit 16.390 Euro merklich weniger als die Vorgängerin. Den niedrigeren Preis erzielte Ducati unter anderem mit dem Verzicht auf die aufwendige, desmodromische Ventilsteuerung und die Einarmschwinge. Bei der besser ausgestatteten Panigale V2 S mit Fahrwerkskomponenten von Öhlins springt der Preis auf 18.890 Euro. Ob die Maßnahmen sich in den Verkaufszahlen der Ducati-Sportler niederschlagen, wird sich zeigen, denn wirklich günstig sind sie weiterhin nicht.

Erst nach den ganzen Premium-Modellen taucht in Ducatis 2024er-Verkaufsstatistik das Naked Bike "Monster" auf, das eigentlich die Rolle des Volumenmodells übernehmen sollte. Einst Garant stetiger Einnahmen für Ducati, hatte sich die Monster seit ihrem Erscheinen 1992 über 350.000-mal verkauft. Doch dann entschied die Firmenleitung 2022 eine komplette Abkehr im Design der Monster. Ohne Gitterrohrrahmen, Desmodromik und dem V2-Motor hinter Plastikabdeckungen gleiche sie jedem beliebigen asiatischen Motorrad, sagen böse Zungen. Sie wurde von den eingefleischten Ducatisti nicht mehr als Monster wahrgenommen. Sie straften das Modell deshalb mit Kaufverweigerung. Ganze 6344 Monster wurden letztes Jahr weltweit ausgeliefert.

Blick auf eine Plastikwand statt auf den schönen Rohrrahmen: Die erleichterte Ducati Monster.

Dabei ist die aktuelle Monster ganz sicher kein schlechtes Motorrad. Sie fährt sich gut, ist leicht und der 937-cm3-Zweizylinder geht ordentlich mit seinen 111 PS. Doch auch sie ist mit 12.390 Euro alles andere als ein Sonderangebot, als SP-Version mit Öhlins-Komponenten in ihrem Fahrwerk, hochwertigeren Bremsen und einem Auspuff von Termignoni kostet sie sogar 15.290 Euro. Das in Deutschland meistverkaufte Naked Bike und direkte Konkurrentin der Monster, die Kawasaki Z 900 (Test), leistet mit einem druckvollen Reihenvierzylinder bei annähernd gleichem Hubraum 124 PS. Sie kostete letztes Jahr allerdings nur 10.295 Euro und kam allein in Deutschland auf 4129 Neuzulassungen. Die Monster brachte es hingegen auf nur 887.

Ducati konterte 2022 auf die Erfolgswelle der Enduros vom Schlag einer Honda CRF 1100 Africa Twin (Test) und Yamaha Ténéré 700 Explore Edition (Test) mit der DesertX. Die Bologneser wollten in der geländegängigen Mittelklasse ein Stück des Kuchens abhaben. Obwohl die Fachpresse die Italo-Enduro mit dem 110 PS starken V2 (auch sie hat den 937-cm3-Zweizylinder) einhellig lobte, fand sie bislang nicht allzu viele Käufer, denn mit 16.790 Euro lag sie preislich rund 1800 Euro über der Africa Twin, die in Deutschland auf 1591 Neuzulassungen kam.

(Bild: Ducati)

Auch bei den restlichen Ducati-Modellen wie der Streetfighter, Diavel oder Hypermotard zeigte sich dasselbe Schema: Schön und kräftig, aber teuer und daher nur schwer verkäuflich. Die Modellpolitik bei Ducati ist zu sehr auf Premium ausgerichtet und so verharrt die Marke weiterhin auf demselben Stückzahlenniveau. Der zulassungsstärkste Markt für Ducati ist wenig überraschend Italien. In seiner Heimat konnte Ducati 2024 mit 9589 verkauften Motorrädern nur um ein mageres Prozent zulegen. Im zweitwichtigsten Markt, den USA, brach der Verkauf hingegen um 14 Prozent auf 6993 Stück ein und in Deutschland ging es um vier Prozent runter auf 6575 Exemplare.

Die 99 Jahre alte Marke Ducati gehört seit 2012 zu Audi und damit zur Volkswagen-Gruppe. Audi steht zu seiner italienischen Motorrad-Marke, aber die Bilanz 2024 mit einem Verkaufsrückgang von 6,4 Prozent wird der finanziell angeschlagenen Automarke zu denken gegeben haben, auch wenn sich Claudio Domenicali, CEO von Ducati, betont optimistisch gibt: "Wir verfügen über eine solide finanzielle Basis, die es uns ermöglicht, kontinuierlich und in erheblichem Umfang in Forschung und Entwicklung, Innovation und Wettbewerb zu investieren."

Zwar erreichte Ducati 2024 einen Umsatzerlös von 840 Millionen Euro, was aber einen Rückgang von 48 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Das operative Ergebnis sank sogar um 18,4 Prozent auf 91 Millionen Euro (2023: 112 Millionen Euro). Nach der aufwendigen Modelloffensive 2024 hatte die Geschäftsführung sicher auf mehr gehofft. Immerhin erzielte Ducati eine ordentliche operative Umsatzrendite von 9,1 Prozent, was allerdings ein Minus von 1,4 Prozent im Vergleich zu 2023 bedeutet.

(Bild: Ducati)

Solange Ducati solche Renditen vorweisen kann, müssen sie sich keine Sorgen machen. Aber das ausbleibende Wachstum kann auf Dauer zum Problem werden. Teure Modelle mit relativ hohen Gewinnmargen, aber niedrigen Verkaufszahlen hat Ducati genug. Was der Marke fehlt, ist ein Volumenmodell, das wieder die Herzen der Fans erobert und verlässlich Geld in die Kassen spült. Gut zwei Jahrzehnte lang erfüllte die Monster diese Aufgabe, dann folgte 2014 das Retro-Modell Scrambler als Bestseller, doch Letztere trifft heute nicht mehr den Zeitgeist, während die aktuelle Monster schlicht zu teuer ist, um auf hohe Stückzahlen zu kommen. Sportliche Erfolge sind für Ducati sehr wichtig, reichen aber allein nicht aus, um die Verkaufszahlen zu steigern.

(fpi)