Neuer Chef von Lernout & Hauspie wieder gefeuert (Update)

Die "alte Garde" bei Lernout & Hauspie soll sich gegen den neuen Chef John Duerden durchgesetzt und seine Ablösung veranlasst haben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der angeschlagene Spezialist für elektronische Spracherkennungssysteme, Lernout & Hauspie in Ypern, hat einen neuen Chef. Der frühere Chef des belgischen Energieversorgers Tractebel, Philippe Bodson, rückte an die Stelle des US-Amerikaners John Duerden, teilte das Unternehmen mit. Firmen-Mitgründer Jo Lernout zog sich zudem aus dem Board of Directors zurück, bleibt aber Technik-Chef (Chief Technology Officer) bei Lernout & Hauspie.

Bodson gilt in Belgien als erfahrener Sanierer und Industriekapitän. Zu seiner Ernennung als neuer CEO von L&H erklärte er, momentan sei er noch nicht in der Lage, irgendwelche Aussagen über die Zukunft von Lernout & Hauspie zu machen noch irgend etwas zu versprechen: "Ich habe einige Bedingungen für die Annahme dieser Ernennung gestellt, darunter, dass die Banken mich akzeptieren. Ich garantiere absolute Transparenz, was das Management des Unternehmens, die getroffenen Entscheidungen und die Strategien für die Zukunft angeht."

Das seit Wochen kriselnde Unternehmen hatte erst Anfang Januar unter harten Auflagen Gläubigerschutz erhalten und ist damit bis Ende Juni von Zahlungsverpflichtungen befreit. Lernout & Hauspie werden Fehler und Bilanz-Unregelmäßigkeiten vorgeworfen, verschiedene Manager stehen unter Betrugsverdacht.

Anscheinend ist der Rausschmiss von Duerden, der zuvor Chef der von L&H aufgekauften US-Firma Dictaphone war und vorerst noch einen Direktorenposten bei L&H behält, auf seine Bemühungen zurückzuführen, die Betrugsvorwürfe um die Bilanzen des Konzerns aufzuklären und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Die Absetzung Duerdens soll auf Veranlassung der "alten Garde" bei Lernout & Hauspie erfolgt sein, schreibt das Wall Street Journal. Die Maßnahme sei nach Wochen wachsender Spannungen zwischen Duerden und mehreren belgischen Direktoren unter Führung von Jo Lernout und Francis Vanderhoydonck, dem Chef der L&H-Holding, erfolgt. Unter anderem wollte die Gruppe im Gegensatz zu Duerden den Prüfungsbericht nicht veröffentlichen, in dem die Bilanz-Unregelmäßigkeiten untersucht wurden und disziplinarische Maßnahmen gegen mehrere Manager, einschließlich Lernout, empfohlen wurden.

Die Ablösung von Duerden könnte L&H allerdings Probleme in den USA bereiten. Erboste Anleger können sich dort gegen die Absetzung durch das alte Management wenden – und hätten rechtlich die Chance, die Einsetzung eines Treuhänders zumindest für die US-Firmen von L&H zu erreichen. Ein Konkursanwalt kommentierte gegenüber dem Wall Street Journal, es sei doch recht unwahrscheinlich, dass man unter solch strittigen Umständen einer bankrotten Firma selbst die Entscheidungsgewalt lasse, einen neuen Chef einzusetzen. (jk)