Netze: Ab jetzt reguliert Klaus Müller

Der Verbraucherschützer und ehemalige Landespolitiker der Grünen übernimmt mit dem Spitzenjob bei der Regulierungsbehörde auch ein paar heiße Eisen.​

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Der neue Präsident der Bundesnetzagentur: Klaus Müller.

(Bild: Bundesnetzagentur)

Lesezeit: 4 Min.

Der ehemalige Verbraucherschutz-Lobbyist Klaus Müller hat am heutigen Dienstag sein Amt als Präsident der Bundesnetzagentur angetreten. Er folgt auf Jochen Homann, der die Regulierungsbehörde zehn Jahre geleitet hat und nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten konnte. Müller war von 2014 bis zum Jahresbeginn Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Als Chefregulierer kommt ihm eine entscheidende Rolle beim Breitbandausbau und der Energiewende zu.

Im Politikbetrieb ist Müller nicht nur wegen seiner Zeit an der Spitze des vzbv kein Unbekannter. Der Diplom-Volkswirt ist Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und war von 1998 bis 2000 Abgeordneter des Deutschen Bundestags. Von 2000 bis 2005 war Müller Umweltminister in der schleswig-holsteinischen Landesregierung, bevor er 2006 als Vorstand zur Verbraucherzentrale NRW wechselte.

Die Bundesnetzagentur ist die Regulierungsbehörde für die vernetzte Infrastruktur in Deutschland. Sie führt die Oberaufsicht über Fest- und Mobilfunknetze, aber auch Strom- und Gasnetze sowie Eisenbahnen. In der Telekommunikation ist die Bundesnetzagentur maßgeblich für den Interessenausgleich zwischen dem ehemals staatlichen Netz der Telekom und deren Wettbewerbern zuständig. Dienstsitz der nominell unabhängigen, aber dem Bundeswirtschaftsministerium nachgeordneten Behörde ist die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn.

Müller sieht einen Schwerpunkt seiner Arbeit in der Energiewende. "Wir wollen bei der Genehmigung der großen Stromleitungen weiter Tempo machen. Wir werden unseren Beitrag leisten, dass der Ausbau der Erneuerbaren schnell vorankommt", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur. Der Energiesektor ist angesichts der Verwerfungen auf dem Strommarkt nur eines der heißen Eisen, die Müller nun anpacken muss. Auch die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und das umstrittene Pipeline-Projekt Nordstream 2 werden Müller beschäftigen.

"Deutschland muss auch bei der Digitalisierung schneller werden. Dafür schaffen wir klare Rahmenbedingungen für den Ausbau von Glasfasernetzen", sagt Müller. Beim Glasfaserausbau dürfte er den von Homann eingeleiteten Übergang zu einer Regulierung der leichten Hand weiterführen. Konfliktpotenzial gibt es auch hier reichlich, die Debatte um die konkrete Ausgestaltung des neu eingeführten Rechts auf schnelles Internet ist da nur eine Baustelle von vielen.

Branchenvertreter warnen bereits, dass die Ambitionen der marktmächtigen Deutschen Telekom einen "hellwachen Regulierer" erfordere. VATM-Chef Jürgen Grützner wünscht sich einen Chefregulierer, der "maximale Investitionsleistung in die Netze und kundenfreundlichen Wettbewerb in einer optimalen Balance" halte. Auch Breko-Geschäftsführer Stephan Albers betont, in der "entscheidenden Phase des Glasfaserausbaus" sei "vor allem eine investitions- und wettbewerbsfreundliche Regulierung" wichtig.

Die Mobilfunkbranche wird die weiteren Weichenstellungen der Bundesnetzagentur bei der Frequenzvergabe aufmerksam beobachten. "Wir werden den weiteren Ausbau der Mobilfunknetze in Deutschland mit Nachdruck vorantreiben", sagt Müller. Die drei etablierten Netzbetreiber fordern bei der Neuvergabe von Frequenznutzungsrechten, die Ende 2025 ablaufen, eine Abkehr von teuren Auktionen und eine zumindest zeitweise Verlängerung. Mit 1&1 will ein vierter Anbieter sein eigenes Netz aufbauen und meldet Ansprüche auf eine offene Frequenzvergabe an.

"Die Bundesnetzagentur spielt als Regulierungsbehörde eine zentrale Rolle für die Versorgungssicherheit in Deutschland und die Umsetzung der Energiewende, sei es beim Netzausbau oder bei der Netzregulierung", erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). "Ich bin froh, diese wichtigen, verantwortungsvollen Aufgaben bei Klaus Müller als erfahrenem Behördenleiter, Politiker und Verbraucherschützer in guten Händen zu wissen."

Die Berufung Müllers erfolgt vor dem Hintergrund des jüngsten Regierungswechsels in Berlin. Habeck und Müller kennen sich aus der schleswig-holsteinischen Landespolitik. Der politische Beirat der Bundesnetzagentur, der mit Vertretern aus Bundestag und Bundesrat besetzt ist, hatte Müller im Janaur als neuen Behördenleiter vorgeschlagen. Dem hatte die Bundesregierung in einer Kabinettssitzung am 23. Februar zugestimmt. Am Montag erfolgte dann die Ernennung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müllers Vorgänger Homann tritt nach zehn Jahren an der Spitze der Bundesnetzagentur Ende Februar in den Ruhestand.

(vbr)