Pompöser Neustart bei Jaguar: Studie Type 00 vorgestellt
Mit einer bunten und lautstarken Show will die Marke Jaguar einen Neustart einleiten. Im Mittelpunkt steht die E-Auto-Studie Type 00.
- Stefan Grundhoff
Jaguar will es gewissermaßen mit Gewalt lösen: Sämtliche Anleihen an die temporär durchaus ruhmreiche Vergangenheit sollen gekappt werden. Die Zukunft soll bunter, dabei ausschließlich batterieelektrisch und deutlich weiter oben, sprich teurer, angesiedelt werden. Die Vorstellung der Studie "Type 00" soll einen ersten Vorgeschmack auf die Neuausrichtung der Marke geben.
Zielgruppe gesucht
Die Strategen waren auf maximale Aufmerksamkeit bedacht. Urbane Trendpeople, als woke Teletubbies in bunte Kleidchen gehüllt, wurden in einem Imagefilm vor gut zwei Wochen gereicht und hinterließen nicht überall Begeisterung. "Wir hatten damit gerechnet, dass wir polarisieren und genau das wollten wir auch", erzählt ein Markeninsider. Das dürfte tatsächlich gelungen sein, wobei man sich die Frage stellen kann, ob die Marke mit dem knallig-bunten und lauten Auftritt die anvisierte Zielgruppe erfolgreich angesprochen hat. Immerhin dürfte die wie die bisherige Jaguar-Kundschaft mehrheitlich die Karriereleiter schon eine Weile bearbeitet haben. Denn Jaguar will sich mit seinem künftigen Portfolio in die Luxus-Schiene begeben und damit deutlich teurer werden als bislang.
Maximale Aufmerksamkeit
Nicht allein die Show an sich wirkt etwas gewaltsam ins neue Bild gepresst, sondern auch der erste Ausblick auf ein Serienmodell. Zwei Exemplare brachte Jaguar mit nach Miami, eines in "London Blue", das andere in "Miami Pink". Schwer vorstellbar, dass dies in gut situierten Wohngegenden mehrheitsfähig ist. Doch Jaguar geht es bei dieser Showveranstaltung auch nicht darum, sondern um eine maximale Aufmerksamkeit. Schließlich muss noch gut ein Jahr überbrückt werden, bevor das erste Serienmodell der neuen Zeit ausgeliefert wird.
Feines Understatement und grazile Formen waren schon lange kein Markenzeichen mehr, auch wenn Jaguar damit noch immer oft verbunden wird. Stattdessen steht dort eine massige, mehr als fünf Meter lange Riesen-Coupé-Limousine mit vier Türen und 23-Zoll-Felgen. Selbst ein Porsche Taycan oder ein Audi e-tron GT wirken im Vergleich geradezu zierlich. Die Frage, ob das in die Zeit passt, stellt sich für Jaguar nicht, vermutlich sogar zurecht. Die Gruppe derjenigen, die so einen Auftritt bevorzugen, dürfte global betrachtet groß genug für die Pläne derjenigen sein, die das auf den Weg gebracht haben.
Jaguar Type 00 (7 Bilder)
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)Technische Daten
Technisch lässt sich Jaguar nur grob in die Karten schauen. Weiter geht es ausschließlich batterieelektrisch. Mehr als 700 kW Leistung, Allradantrieb und -Lenkung sind gesetzt. Die Reichweite im WLTP soll bei bis zu 770 km liegen. Wer in diesem Segment ernst genommen werden möchte, wird um eine 800-Volt-Spannungsebene nicht herumkommen. Das allein ist zwar noch kein Garant für hohe Ladeleistung und kurze Zwangspausen, aber hilfreich in der Umsetzung. Jaguar nennt mehr als 320 km Reichweite im WLTP, die unter idealen Bedingungen innerhalb von 15 Minuten nachgeladen werden können. Eine konservative Schätzung mit einem Verbrauch von 18 kWh/100 km ergibt, dass Jaguar in diesem Fenster eine durchschnittliche Ladeleistung von rund 230 kW erreichen müsste.
Aktuell wären sie damit vorn mit dabei. Allerdings ist das Entwicklungstempo in diesem Bereich rasant. Kunden schauen zunehmend genauer hin und lassen sich von hohen Spitzenladeleistungen allein nicht mehr blenden. In der Praxis ist entscheidend, unter welchen Bedingungen wie schnell welche Reichweite nachgeladen werden kann. Ein Glanzwert in dieser Hinsicht dürfte nachhaltiger wirken als die pompöse Auftaktshow einer Studie, dessen lange Motorhaube doch wieder an den Jaguar E-Type denken lässt – zumindest so ein ganz kleines bisschen.
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(mfz)