Prognose 2025: Elektroautos vor einem Boom - dank fallender Preise

Verschärfte CO₂-Flottengrenzwerten und drastisch verfallenden Batteriepreise könnten 2025 zu einem deutlich steigenden Marktanteil von Elektroautos führen.

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Hyundai Inster

Das Angebot an preisgĂĽnstigen Elektroautos im A-, B- und C-Segment wird 2025 deutlich wachsen. Ein Beispiel dafĂĽr ist der Kleinstwagen Hyundai Inster, der in Deutschland ab 23.900 Euro angeboten wird.

(Bild: Hyundai)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Es läuft nicht bei den Elektroautos. Das zumindest ist in der öffentlichen und veröffentlichen Meinung immer wieder zu hören. Wie es unabhängig von persönlichen Haltungen und politischen Positionen tatsächlich aussieht, zeigen die Zulassungszahlen: In der gesamteuropäischen Betrachtung aus den 27 EU-Staaten, dem Vereinigten Königreich von Großbritannien, Island, Liechtenstein, Norwegen sowie der Schweiz waren von Januar bis inklusive Oktober 14,8 Prozent der Neuwagen elektrisch. Das sagt die Statistik des Europäischen Herstellerverbands ACEA. 2025 wird sich dieser Anteil deutlich erhöhen: Das Mittel aus mehreren Prognosen liegt bei 25 Prozent. Ein Viertel der Neuzulassungen in der EU wird elektrisch. Die wesentlichen Treiber dieser Entwicklung sind die verschärfte CO₂-Flottengrenzwerte, stark fallende Batteriepreise sowie eine Vielzahl von attraktiven Premieren.

Schauen wir zunächst auf die Analyse für das Jahr 2024: In Deutschland hat es eine signifikante Delle beim Marktanteil der Elektroautos gegeben. Ursache war die planmäßige Abschaffung der Kaufprämien für gewerblich zugelassene Fahrzeuge zum 1. September 2023 plus die überraschende kurzfristige Streichung der Kaufprämien für Privatkunden zum Jahreswechsel. Eigentlich hätte das Geld mehrere Monate weitergezahlt werden sollen. Als Resultat liegt Deutschland im Zeitraum von Januar bis inklusive Oktober mit 13,3 Prozent Elektroautos unter dem europäischen Durchschnitt. Neuerdings gibt es wieder einen Zuwachs: Im Oktober waren es 15,3 Prozent.

Die Vorgaben zu den CO₂-Flottengrenzwerten der Europäischen Union fordern von der Autoindustrie 2025 eine Senkung der Emissionen um 15 Prozent. Ausgangsbasis sind die 95 Gramm Kohlendioxid nach dem abgeschafften Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), die von 2021 bis 2024 gültig waren. Nun sind es 15 Prozent weniger. Dieses verschärfte Limit bleibt bis 2029 konstant; 2030 muss das Minus zum Vergleichszeitraum 2021 bis 2024 bei 55 Prozent liegen. Es geht auch mehr: In Großbritannien verlangt das ZEV mandate, das 80(!) Prozent der 2030 neu verkauften Pkw lokal emissionsfrei sein müssen.

Ein Treiber für den Hochlauf der E-Mobilität sind die Regulierungen des EU-Gesetzgebers: Die CO₂-Flottenemissionen müssen 2025 um 15 Prozent sinken. Die kostengünstigste Methode, um das zu erreichen, sind Elektroautos.

(Bild: EU)

Es gibt eine auffällige politische Parallele zwischen den EU-Flottengrenzwerten und dem ZEV mandate in Großbritannien: Beide wurden von konservativen Mehrheiten in Kraft gesetzt. In Brüssel waren die Beschlüsse im Parlament und im Rat – quasi der Länderkammer – eindeutig, obwohl Konservative in beiden Kammern die Mehrheit hatten. Ähnlich war es in London, wo die Tories unter Premierminister Rishi Sunak das ZEV mandate verabschiedet haben. Dass inzwischen aus diesen Parteifamilien lauter Protest vernehmbar ist, ist bemerkenswert.

In der Europäischen Union gibt es kein explizites Verbot für Verbrennungsmotoren. Faktisch läuft es aber darauf hinaus: Für die Autoindustrie ist es am einfachsten, die Vorgaben durch immer mehr Elektroautos zu erfüllen – und es ist am günstigsten. Die Kosten für Batteriezellen sinken und sinken. Eine hörenswerte aktuelle Quelle hierzu ist der Geladen Batteriepodcast des Helmholtz-Instituts Ulm (HIU) und dem Exzellenzcluster Post-Lithium-Storage (PoLiS) an den Standorten Ulm und Karlsruhe. Der Gast, Professor Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen, berichtet, dass Lithiumzellen mit NMC-Chemie für 80 US-Dollar/kWh und jene mit LFP-Zellen für 50 US-Dollar/kWh (rund 76 und 48 Euro) gehandelt werden. Die entscheidende Botschaft, die Sauer und andere Branchenvertreter berichten: Der Markt hat sich in den letzten 18 Monaten gedreht. Das Angebot bei Batteriezellen ist so groß, dass die Käufer innerhalb der Autoindustrie gegenüber den Produzenten die bessere Position haben.

Für die Prognose des Anteils der Elektroautos in der Europäischen Union gibt es unterschiedliche Szenarien. Ein bewusst pessimistisches Rechenmodell hat der International Council on Clean Transportaion (ICCT) gewählt: Sollte es absolut keinen Fortschritt bei Verbrennungsmotoren und Plug-in-Hybriden geben, müssten 28 Prozent der Neuwagen elektrisch fahren. Am anderen Ende der Prognoseskala ist Schmidt Automotive Research, die von 22,2 Prozent ausgehen. Überschlägig ist das also rund ein Viertel.

Im Jahresverlauf bis inklusive Oktober lag der Anteil der Elektroautos am Neuwagenmarkt in den 27 EU-Staaten bei gut 14 Prozent. Rechnet man GroĂźbritannien, Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz hinzu, sind es 14,8 Prozent. In Deutschland gab es wegen der Abschaffung der Kaufsubventionen eine vorĂĽbergehende Delle.

(Bild: ACEA)

Die Autoindustrie kennt die Vorgaben seit langem und hat die Modellpolitik entsprechend ausgerichtet. Um auf ausreichende Stückzahlen für die Flottengrenzwerte zu kommen, müssen mehr Fahrzeuge im A-, B- und C-Segment angeboten werden. Das ist eine gute Nachricht für alle potenziellen Käufer, die es sich nicht leisten können, 50.000 oder noch mehr Euro beziehungsweise die dazugehörigen Leasingraten aufzubringen.

In Auszügen: Die Hyundai Group bringt den Hyundai Inster und den Kia EV3. Bei Stellantis kommen der Citroën e-C3 Aircross und der Fiat Grande Panda. Renault verkauft zusätzlich zum R5 den pragmatischen R4. Bei der BMW Group steht der Mini Aceman im Verkaufsraum. Skoda hat mit dem Elroq ein attraktives E-Auto ins Programm genommen. Das Segment von 25.000 bis 35.000 Euro wird umfangreicher.

Volkswagen wird den ID.2 und dessen Derivate Cupra Raval und Skoda Epiq erst 2026 ausliefern. Es ist folglich zu erwarten, dass die Basisversion des ID.3 weiterhin zu einem Einstiegskurs von unter 30.000 Euro angeboten wird. Selbst Toyota, der vorübergehend durch die Hybridantriebe befreite Weltmarktführer, wird das Urban SUV – eine Art elektrischer Yaris Cross – auf die Straße zu bringen.

Es spricht alles dafür, dass dies der Beginn eines weiteren kontinuierlichen Hochlaufs ist. Selbst wenn sich die nationale oder europäische Politik für eine Aufweichung oder Abschaffung von Vorgaben entscheiden sollten, ändert das nichts an der Realität der sinkenden Batteriepreise: Es wird noch besser.

(mfz)