Promotion in der IT: Lohnt der Doktor fürs Digitale?

Absolventen in Informatik müssen nicht promovieren, um einen spannenden Job zu bekommen. Aber lohnt der Titel – für ein höheres Gehalt und eine steile Karriere?

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(Bild: Photographee.eu/Shutterstock.com)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Peter Ilg
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Der berufliche Weg kann ein ziemlicher Zickzack-Kurs sein. Jonas Schiffl, heute 31, hat einen Bachelor-Abschluss in Sinologie gemacht, dann aber festgestellt, dass er damit beruflich nicht wirklich etwas anfangen kann. Also studierte er Informatik, ein Fach, in dem ein Job garantiert ist.

Er ging an das Karlsruher Institut für Technologie, KIT, machte den Bachelor- dann Master-Abschluss und ist jetzt in der Halbzeit seiner Promotion in Informatik angekommen. Zunächst hatte er aber seine Zweifel am Promovieren: "Ich wusste nicht, ob es das richtige ist für mich, relativ frei über einige Jahre zu arbeiten. Sollte ich mir nicht besser einen Job suchen und gibt es ein Thema, das es wert ist, sich jahrelang ganz intensiv damit zu beschäftigen?" Einer seiner Professoren hat ihm diese Bedenken genommen.

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Das ist heute sein Doktorvater, Prof. Dr. Bernhard Beckert, Dekan der Fakultät Informatik am KIT. "Promovieren kann nicht jeder Absolvent, die Kandidaten müssen schon fachlich gut sein", sagt Beckert. Davon scheint es in Karlsruhe einige zu geben: von den jährlich etwa 250 Master-Absolventen in Informatik beginnt jeder Fünfte eine Promotion. Was auch daran liegt, dass es an großen und in Informatik bedeutenden Universitäten wie Karlsruhe, München oder Saarbrücken an Forschungsgeldern nicht mangelt und daher Mittel für Doktoranden zur Verfügung stehen.

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Schiffl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am KIT. "Ich habe Aufgaben im Projekt, für das wir Fördermittel bekommen und arbeite gleichzeitig an meiner Doktorarbeit." Er forscht im Bereich der formalen Verifikation. In diesem Gebiet wird mithilfe mathematischer Logik versucht, zu beweisen, dass Computerprogramme korrekt arbeiten. Bezahlt werden Doktoranden nach öffentlichen Tarifen der Länder, in Baden-Württemberg sind das etwa 4.500 Euro monatlich.

Vielleicht könnte Schiffl mehr verdienen, wenn er einen Job in der Industrie angenommen hätte. Doch das ist unbedeutend. "Es macht mir Spaß, mich mit meinem Thema zu beschäftigen, weil es spannend ist. Ein eventuell höheres Gehalt mit dem Dr.-Titel ist für mich kein Grund für die Promotion, eher anschließend eine größere Auswahl bei den Stellenangeboten zu haben", sagt Schiffl. Inzwischen weiß er, dass seine Zweifel unberechtigt waren. Was er aber feststellen musste, ist, "dass promovieren ein ständiges Auf und Ab ist". Mal läuft es gut, dann geht für eine Weile überhaupt nichts voran. Damit muss man umgehen können.

In Biologie oder Chemie ist eine Promotion Teil der Ausbildung, ohne die haben diese Absolventen kaum Chancen auf eine Stelle. In anderen Disziplinen ist promovieren etabliert, etwa der Medizin. "In Informatik gibt es keinen Zwang, deshalb promovieren auch nur die, die tatsächlich wollen", sagt Beckert. Denn auch ohne Dr.-Titel finden die Absolventen interessante und hoch dotierte Jobs.

Für eine wissenschaftliche Karriere, wie die Habilitation, ist eine Promotion Voraussetzung. Etwa 10 bis 20 Prozent der promovierten Informatiker am KIT gehen diesen Weg. Weil wegen der Digitalisierung viel Geld in die Forschung von Informatik gesteckt wird, gibt es auch viele Stellen für Doktoranden, sogar mehr als Interessenten. Die Chancen auf eine erfolgreiche Promotion sind zudem deutlich höher als im Studium. "Knapp die Hälfte unserer Anfänger studieren bis zum Masterabschluss, bei den Doktoranden sind es geschätzt 80 bis 90 Prozent", sagt Beckert. Er geht davon aus, dass die interessantere Jobs bekommen, höher in der Hierarchie aufsteigen und mehr Geld als die Master-Absolventen bekommen.

Und tatsächlich: Informatiker mit Dr.-Titel verdienen nicht nur mehr als Master-Absolventen, sondern haben mit rund 57.000 Euro das höchste Einstiegsgehalt unter den promovierten aller Fachrichtungen. Im Vergleich zum Master-Absolventen bekommt der Dr. in Informatik etwa 7.000 Euro jährlich mehr. Diese Zahlen stammen vom Vergütungsportal gehalt.de. Die Autoren der Studie merken an, dass "der fachliche Wert der Promotion eindeutig am Thema hängt". Wer sich in die theoretische Welt zu tief vergaloppiert, landet eventuell in der Sackgasse.