Studie zur Autoindustrie: Gute Geschäfte, düstere Aussichten

Die Autoindustrie wächst derzeit, die Geschäfte laufen glänzend. Doch die Aussichten trüben sich ein. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Marktanalyse.

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Autohaus Audi

Auf Neuwagen vieler Marken mussten Kunden lange warten. Ein knappes Angebot und eine rege Nachfrage bedeuteten: Hohe Preise, geringe Rabatte. Das könnte sich rasch ändern.

(Bild: Audi)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Aktuell könnte die Situation kaum besser sein. Viele Autohersteller sind noch damit beschäftigt, die aufgelaufenen Bestellungen abzuarbeiten. Der weitgehend überwundene Chipmangel hatte lange Lieferfristen und ein knappes Angebot an Neuwagen zur Folge. Die Preise stiegen kräftig, auch weil Hersteller margenarme Basismodelle aus dem Sortiment nahmen und Rabatte kaum noch zu erzielen waren. Diese für die Autohersteller so günstige Lage könnte sich rasch drehen. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY.

Momentan allerdings laufen die Geschäfte für die Autokonzerne glänzend. Im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum stiegen die Umsätze im zweiten Quartal 2023 um 18,1 Prozent, der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) wuchs um 31,3 Prozent. Auch der Absatz legte von April bis Juni um mehr als ein Zehntel zu. Bis auf Tesla und Ford konnten demnach alle Unternehmen ihre Gewinne steigern. Befeuert wurde das deutliche Gewinnwachstum vom schwachen Yen, der den japanischen Herstellern zu einem Plus von 91,2 Prozent verhalf. Verhaltener war die Entwicklung bei den deutschen Konzernen, deren operativer Gewinn um gut 19 Prozent stieg. Die US-Hersteller verzeichneten hingegen einen Rückgang von 5,7 Prozent.

Die Profitabilität – gemessen an der Ebit-Marge, welche das operative Ergebnis ins Verhältnis zum Umsatz setzt – lag im zweiten Quartal bei 8,8 Prozent. Das waren 0,8 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Der Spitzenreiter war wie bereits von Januar bis März Mercedes-Benz mit einer Ebit-Marge von 13 Prozent. Dahinter folgen Kia mit knapp 13 Prozent und BMW mit 11,7 Prozent. "Die Pkw-Produktion wird derzeit hochgefahren, ein komfortables Auftragspolster ermöglicht deutlich mehr Auslieferungen zu immer noch sehr guten Preisen", sagt Constantin Gall, Leiter der Mobilitätssparte Westeuropa bei EY. Die Gewinnsituation sei insgesamt immer noch sehr gut. Darüber hinaus sei es den Unternehmen gelungen, die Profitabilität weit oben zu halten.

Er warnte aber, dass die Zeit dieser hohen Margen für viele Autohersteller bald vorbei sein werde: "Wir werden wohl noch in diesem Jahr erleben, wie sich der Markt dreht." Denn wenn die Aufträge aus der Zeit des Chipmangels abgearbeitet seien, müssten sich die Hersteller der neuen Realität aus Konjunkturschwäche, sinkender Nachfrage, Preisdruck und Überkapazitäten stellen. Mit Folgen: Für sie werde es dadurch immer schwieriger, hohe Preise am Markt durchzusetzen und auf Rabatte zu verzichten. Außerdem rechnet Gall vor diesem Hintergrund mit einer neuen Kostensenkungswelle in der Autoindustrie.

"Viele Konzerne wirtschaften aktuell sehr profitabel und werden auch zukünftig keine Abstriche bei der Marge zulassen wollen", sagte Gall. Sie müssten nun wieder verstärkt auf alle Kostenarten achten, etwa auf die Ausgaben für das Personal. "Gerade am Standort Deutschland mit seinen sehr hohen Energie- und Arbeitskosten und der hohen Steuerbelastung wird der Druck nochmal deutlich steigen". Vor allem eine Abschwächung der Dynamik bei Elektroautos, die in Deutschland sehr wahrscheinlich sei, werde vielen Unternehmen richtig wehtun.

Quellen für diese Analyse sind unter anderem Quartalsberichte und Pressemitteilungen der Unternehmen, Angaben von Branchenverbänden sowie entsprechende Datenbanken. Untersucht wurde jeweils das Gesamtgeschäft der Gruppe. Alle Zahlen beziehen sich auf die Monate April bis Juni, unabhängig vom Beginn der Geschäftsjahre der Unternehmen. Für die Umrechnung der Berichtswährungen in Euro wurde immer der jeweilige Durchschnittskurs des Monats verwendet.

(mfz)