Temperaturabhängig: Weißabgleich und Farbwiedergabe

Seite 2: Was ist Farbtemperatur?

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Aufgenommen mit Einstellung auf 6500 K, von oben nach unten: Sparlampen "Daylight" gefiltert auf ca. 10.000 K, Leuchtstofflampen "Biolux", Sparlampen "Coolwhite", Halogenlampe, Kerzenlicht

Die Farbstimmung des Lichtes (siehe Bildreihe), also wie die Balance zwischen dem langwelligen Kanal (R) und dem kurzwelligen (B) eingestellt werden muss, beschreibt man durch die sogenannte Farbtemperatur in Kelvin. Auch wir sehen bei Sonnenuntergang oder Kerzenlicht die Farben etwas anders – hauptsächlich aber empfinden wir eine „warme“ Stimmung. In der abendlichen Wohnung verlangt der Mensch nach „Lagerfeuerstimmung“ und schraubt Glühbirnen oder „Warmton-Energiesparlampen“ in die Fassung. Die Farbtemperatur leitet sich von der Strahlung ab, die ein glühender sogenannter „schwarzer Körper“ (der also kein Licht von außen reflektiert) aussendet, gemessen in Kelvin. Der Nullpunkt der Kelvin- Skala liegt bei –273.15 °C. Paradoxerweise empfinden wir aber die Farbe von glühendem Eisen oder einer Kerze bei 1500 K bis 2000 K als „warm“, höhere Farbtemperaturen, die bläulichem Licht entsprechen (7000 K bis 10 000 K und höher) dagegen als „kalt“.

Es kommt aber auch vor, dass im mittleren Spektralbereich (Grün) mehr Energie vorhanden ist, zum Beispiel bei Aufnahmen unter einem Baum, dessen grünes Laub das Licht filtert. Oder bei vielen Leuchtstoffröhren, namentlich den billigeren „Tageslicht“-Versionen. Dadurch entsteht ein Grünstich. Fehlt umgekehrt Grün im Vergleich zu Rot und Blau im Lichtangebot, ergibt sich ein Magenta oder Purpurstich. Messtechnischer Weißabgleich beseitigt auch diesen, für die manuelle Korrektur steht in Raw-Konvertern außer dem Einsteller für die Farbtemperatur ein entsprechender „Farbwert-Einsteller“ (Tint) von Magenta nach Grün zur Verfügung.

Eigentlich müssten Gegenstände aufgrund der physikalischen Unterschiede der Zusammensetzung des Lichtspektrums und dessen Wechselwirkung mit den „Körperfarben“ je nach Beleuchtung (also Tageslicht am Mittag oder Kunstlicht von der Leuchtstofflampe bis zum Feuerschein oder der Kerze) unterschiedlich aussehen. Körperfarben bewirken, dass das sichtbare Licht in unterschiedlichem Maße reflektiert wird. Vereinfacht gesagt reflektiert ein mittelgrauer Gegenstand, etwa eine Graukarte, jeweils 18 % Rot, 18 % Grün und 18 % Blau, wenn alle Komponenten zu 100 % vorhanden sind. Wenn im Ausgangslicht aber Rot:Grün:Blau im Verhältnis 100:50:25 enthalten sind, bleiben davon 18:9:4,5 in Prozenten (bezogen auf die Intensität im Rotbereich). Ein Körper mit einem Reflektionsvermögen von 18 %, 9 % und 4,5 % würde bei „weißem“ Licht mit gleichen Ausgangsanteilen genau die gleiche Lichtzusammensetzung reflektieren – sähe aber dunkelbraun aus. Selbst wenn man den mittleren Bereich durch Verdoppelung der Werte auf 18 % anhebt (Belichtungsausgleich), sodass man mit 36:18:9 in etwa die gleiche „mittlere Helligkeit“ erreicht, bleibt es ein kräftiges Rotbraun. Das kann man durch Einstellen einer Farbe in einem Bildbearbeitungsprogramm auf die entsprechenden RGB-Werte 46:23:11 beziehungsweise 92:46:22 leicht nachprüfen!

Wir sehen aber eine Graukarte oder einen grauen Anzug in der Abenddämmerung oder bei Kerzenlicht nicht rotbraun, sondern nach wie vor grau. Verantwortlich dafür ist eine Leistung des Sehsystems namens „Farbkonstanz“, die – vereinfacht gesagt – ähnlich wie ein fast perfekter „Weißabgleich“ wirkt.

Ohne individuell angepassten Weißabgleich „sieht“ eine Kamera bei unterschiedlichen Lichtarten so wie im Bildstreifen abgebildet. Dazu wurde der Weißabgleich starr auf 6500 K (Tageslicht mittags, bedeckter Himmel) eingestellt, und so ähnlich „verstimmt“ erschiene auch uns bei verschiedenen Farbtemperaturen die Welt, wenn sich die Augen nicht adaptieren (anpassen) würden. Farbwiedergabe und Abstimmung erscheinen in der Probebildreihe am besten bei Tageslicht-Leuchtstoffröhren (zweites Bild von oben), wobei aber ein leichter Gelbgrün-Stich verbleibt. Das Tageslicht kann Werten von 5000 K (Morgen oder Abendsonne) und darunter oder bis über 10 000 K (blauer Himmel im Schatten) entsprechen. Glühbirnen liegen bei 2700 K (40 Watt) bis 3200 (Halogen). Kerzenlicht hat 2000 K oder weniger. Mondlicht soll wie Coolwhite-Leuchtstoffröhren um 4000 K liegen, Xenarc-Scheinwerfer in neueren Autos (die blauen Blender) haben etwa 4100 K.