Thüringens Kultusministerium erteilt Spickmich die Absolution

Das Kultusministerium in Erfurt hat eine Handreichung für den Umgang mit Lehrer-Mobbing im Internet herausgegeben. Das Schülerportal "spickmich.de" wird darin als Seite beschrieben, die sich "deutlich" von anderen Internetangeboten unterscheide.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 61 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Das Thüringer Kultusministerium hat eine Handreichung (PDF-Datei) für den Umgang mit Mobbing von Lehrkräften im Internet herausgegeben. Das neunseitige Papier informiert Lehrer darüber, welche pädagogischen und rechtlichen Möglichkeiten es gibt, wenn sie im Internet dargestellt und beurteilt werden. Das Schülerportal "spickmich.de", das sich zuletzt immer wieder vor Gericht gegen zwei klagende Lehrerinnen aus Nordrhein-Westfalen durchsetzen konnte, die sich durch Schülerbenotungen in ihren Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt sahen, wird darin ausdrücklich als Internetseite beschrieben, die sich "deutlich" von anderen "gänzlich unregulierten Internetangeboten" unterscheide, wo etwa "Hinrichtungsvideos und pornografische Fotomontagen von Lehrkräften" zu finden seien.

Das Kultusministerium klärt die Lehrkräfte darüber auf, dass Bewertungen auf "spickmich.de" vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sind und keine Persönlichkeitsverletzungen darstellen. Auch sei von den Gerichten ein Anspruch auf Unterlassung aus Datenschutzgründen abgelehnt worden, weil die Speicherung und Veröffentlichung von Lehrer-Daten auf "spickmich.de" in ihrer konkreten Ausgestaltung nach dem Bundesdatenschutzgesetz gestattet sei. Die Verfasser der Handreichung raten den Lehrern deshalb in die Offensive zu gehen: Zu empfehlen sei "die Entwicklung einer Rückmeldekultur an der Schule", die es allen erlaube, Kritik und Anregungen in einer sachlichen Atmosphäre zu äußern, ohne Angst vor Verletzungen der Persönlichkeit.

"Lehrerinnen und Lehrer sollten Feedback als festen Bestandteil in ihren Unterricht einbauen", heißt es weiter. Schüler, die sagen können, was ihnen gefällt und was man verbessern könnte, hätten kaum das Bedürfnis, ihre Lehrer im Internet "fertig zu machen". Manchmal gehe es den Schülern aber nicht um konstruktive Kritik, sondern um den Abbau von Frust, verdeutlichte Thüringens Kultusminister Bernward Müller (CDU). Und wenn dafür als Medium das Internet gewählt werde, "ist dies bedenklich". In der Schule sollten deshalb Fragen des Schutzes der Persönlichkeitsrechte von Lehrern und Schülern sowie strafrechtliche und zivilrechtliche Komponenten behandelt werden.

"Während der Gespräche ist es ganz wichtig, den Schülerinnen und Schülern klar zu machen, welche Wirkung ihr Handeln hinterlässt und welche Konsequenzen es haben kann", führte der Minister aus. Wenn alle Maßnahmen für eine gütliche Lösung ausgeschöpft seien, müssten auch strafrechtliche Mittel geprüft werden. Wie bei einzelnen Sachverhalten vorgegangen werden kann, beschreibt die Handreichung am Beispiel von insgesamt 12 exemplarischen Fällen, darunter die Veröffentlichung von Video- und Tonaufnahmen aus dem Unterricht im Internet (zivilrechtliche Unterlassungsansprüche gegen den Seitenbetreiber wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eigenen Bild), oder das Auftreten eines Schülers in einem Singles-Chatroom, der unter dem Namen von Lehrkräften andere Lehrerinnen und Lehrer mit sexuellen Begriffen und Unterstellungen beleidigt.

Siehe dazu auch:

(pmz)