Thüringens Kultusministerium erteilt Spickmich die Absolution
Das Kultusministerium in Erfurt hat eine Handreichung für den Umgang mit Lehrer-Mobbing im Internet herausgegeben. Das Schülerportal "spickmich.de" wird darin als Seite beschrieben, die sich "deutlich" von anderen Internetangeboten unterscheide.
Das Thüringer Kultusministerium [1] hat eine Handreichung [2] (PDF-Datei) für den Umgang mit Mobbing von Lehrkräften im Internet herausgegeben. Das neunseitige Papier informiert Lehrer darüber, welche pädagogischen und rechtlichen Möglichkeiten es gibt, wenn sie im Internet dargestellt und beurteilt werden. Das Schülerportal "spickmich.de [3]", das sich zuletzt immer wieder vor Gericht gegen zwei klagende Lehrerinnen aus Nordrhein-Westfalen durchsetzen konnte [4], die sich durch Schülerbenotungen in ihren Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt sahen, wird darin ausdrücklich als Internetseite beschrieben, die sich "deutlich" von anderen "gänzlich unregulierten Internetangeboten" unterscheide, wo etwa "Hinrichtungsvideos und pornografische Fotomontagen von Lehrkräften" zu finden seien.
Das Kultusministerium klärt die Lehrkräfte darüber auf, dass Bewertungen auf "spickmich.de" vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sind [5] und keine Persönlichkeitsverletzungen darstellen. Auch sei von den Gerichten ein Anspruch auf Unterlassung aus Datenschutzgründen abgelehnt worden, weil die Speicherung und Veröffentlichung von Lehrer-Daten auf "spickmich.de" in ihrer konkreten Ausgestaltung nach dem Bundesdatenschutzgesetz gestattet sei. Die Verfasser der Handreichung raten den Lehrern deshalb in die Offensive zu gehen: Zu empfehlen sei "die Entwicklung einer Rückmeldekultur an der Schule", die es allen erlaube, Kritik und Anregungen in einer sachlichen Atmosphäre zu äußern, ohne Angst vor Verletzungen der Persönlichkeit.
"Lehrerinnen und Lehrer sollten Feedback als festen Bestandteil in ihren Unterricht einbauen", heißt es weiter. Schüler, die sagen können, was ihnen gefällt und was man verbessern könnte, hätten kaum das Bedürfnis, ihre Lehrer im Internet "fertig zu machen". Manchmal gehe es den Schülern aber nicht um konstruktive Kritik, sondern um den Abbau von Frust, verdeutlichte Thüringens Kultusminister Bernward Müller (CDU). Und wenn dafür als Medium das Internet gewählt werde, "ist dies bedenklich". In der Schule sollten deshalb Fragen des Schutzes der Persönlichkeitsrechte von Lehrern und Schülern sowie strafrechtliche und zivilrechtliche Komponenten behandelt werden.
"Während der Gespräche ist es ganz wichtig, den Schülerinnen und Schülern klar zu machen, welche Wirkung ihr Handeln hinterlässt und welche Konsequenzen es haben kann", führte der Minister aus. Wenn alle Maßnahmen für eine gütliche Lösung ausgeschöpft seien, müssten auch strafrechtliche Mittel geprüft werden. Wie bei einzelnen Sachverhalten vorgegangen werden kann, beschreibt die Handreichung am Beispiel von insgesamt 12 exemplarischen Fällen, darunter die Veröffentlichung von Video- und Tonaufnahmen aus dem Unterricht im Internet (zivilrechtliche Unterlassungsansprüche gegen den Seitenbetreiber wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eigenen Bild), oder das Auftreten eines Schülers in einem Singles-Chatroom, der unter dem Namen von Lehrkräften andere Lehrerinnen und Lehrer mit sexuellen Begriffen und Unterstellungen beleidigt.
Siehe dazu auch:
- BGH-Entscheidung zu Lehrerbewertungen im Internet rückt näher [6]
- Lehrerverband: Internet-Mobbing gegen Lehrer nimmt zu [7]
- Datenschützer verhängt Bußgeld gegen Bewertungsportal meinprof.de [8]
- Datenschützer veröffentlichen Vorgaben für Portalbetreiber [9]
- Spickmich setzt sich erneut vor Gericht durch [10]
- Philologen-Verband wettert gegen Schulbewertungsforum [11]
- Lehrerbenotungen im Internet: Jetzt sind die Eltern am Zug [12]
- Weitere Lehrerin klagt gegen Lehrerbenotung im Internet [13]
- Streit über Lehrerbenotungen im Internet geht in die Verlängerung [14]
- Französische Lehrer gewinnen vor Gericht gegen Benotungs-Website [15]
- Lehrerbenotungen im Internet: 3:0 für Spickmich [16]
- Datenschützer beurteilen Lehrerbenotung im Internet als rechtswidrig [17]
- Landgericht Köln: Weiterhin gute Karten für Schülerportal "Spickmich" [18]
- Streit um Lehrerbenotungen im Internet beschäftigt erneut Landgericht [19]
- Oberlandesgericht: Lehrer-Benotung im Internet ist rechtens [20]
- CDU-Schulministerin will Ende von Lehrerbewertungen im Internet [21]
- Oberlandesgericht: Lehrer müssen öffentliche Benotung im Internet dulden [22]
- Gericht bestätigt: Schüler dürfen Lehrer im Internet benoten [23]
- Philologenverband für schärfere Maßnahmen gegen Internet-Mobbing [24]
- Gericht: Benotung von Lehrerin im Internet rechtens [25]
- Ministerien in Nordrhein-Westfalen gegen Online-Mobbing von Lehrern [26]
- Gericht: Schüler dürfen Lehrer im Internet benoten [27]
- Deutscher Lehrerverband klagt über Mobbing im Internet [28]
- Britische Lehrer klagen weiterhin über Mobbing im Internet [29]
(pmz [30])
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[2] http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tkm/lehrer/sonst/handlungsempfehlung_internetmobbing.pdf
[3] http://www.spickmich.de/
[4] https://www.heise.de/news/BGH-Entscheidung-zu-Lehrerbewertungen-im-Internet-rueckt-naeher-183445.html
[5] https://www.heise.de/news/Lehrerbenotungen-im-Internet-3-0-fuer-Spickmich-185211.html
[6] https://www.heise.de/news/BGH-Entscheidung-zu-Lehrerbewertungen-im-Internet-rueckt-naeher-183445.html
[7] https://www.heise.de/news/Lehrerverband-Internet-Mobbing-gegen-Lehrer-nimmt-zu-Update-210057.html
[8] https://www.heise.de/news/Datenschuetzer-verhaengt-Bussgeld-gegen-Bewertungsportal-meinprof-de-203635.html
[9] https://www.heise.de/news/Datenschuetzer-veroeffentlichen-Vorgaben-fuer-Portalbetreiber-201819.html
[10] https://www.heise.de/news/Spickmich-setzt-sich-erneut-vor-Gericht-durch-201030.html
[11] https://www.heise.de/news/Philologen-Verband-wettert-gegen-Schulbewertungsforum-197545.html
[12] https://www.heise.de/news/Lehrerbenotungen-im-Internet-Jetzt-sind-die-Eltern-am-Zug-197008.html
[13] https://www.heise.de/news/Weitere-Lehrerin-klagt-gegen-Lehrerbenotung-im-Internet-Update-189634.html
[14] https://www.heise.de/news/Streit-ueber-Lehrerbenotungen-im-Internet-geht-in-die-Verlaengerung-187304.html
[15] https://www.heise.de/news/Franzoesische-Lehrer-gewinnen-vor-Gericht-gegen-Benotungs-Website-186227.html
[16] https://www.heise.de/news/Lehrerbenotungen-im-Internet-3-0-fuer-Spickmich-185211.html
[17] https://www.heise.de/news/Datenschuetzer-beurteilen-Lehrerbenotung-im-Internet-als-rechtswidrig-183825.html
[18] https://www.heise.de/news/Landgericht-Koeln-Weiterhin-gute-Karten-fuer-Schuelerportal-Spickmich-176966.html
[19] https://www.heise.de/news/Streit-um-Lehrerbenotungen-im-Internet-beschaeftigt-erneut-Landgericht-175903.html
[20] https://www.heise.de/news/Oberlandesgericht-Lehrer-Benotung-im-Internet-ist-rechtens-199651.html
[21] https://www.heise.de/news/CDU-Schulministerin-will-Ende-von-Lehrerbewertungen-im-Internet-197265.html
[22] https://www.heise.de/news/Oberlandesgericht-Lehrer-muessen-oeffentliche-Benotung-im-Internet-dulden-192683.html
[23] https://www.heise.de/news/Gericht-bestaetigt-Schueler-duerfen-Lehrer-im-Internet-benoten-166733.html
[24] https://www.heise.de/news/Philologenverband-fuer-schaerfere-Massnahmen-gegen-Internet-Mobbing-152615.html
[25] https://www.heise.de/news/Gericht-Benotung-von-Lehrerin-im-Internet-rechtens-150105.html
[26] https://www.heise.de/news/Ministerien-in-Nordrhein-Westfalen-gegen-Online-Mobbing-von-Lehrern-147691.html
[27] https://www.heise.de/news/Gericht-Schueler-duerfen-Lehrer-im-Internet-benoten-144693.html
[28] https://www.heise.de/news/Deutscher-Lehrerverband-klagt-ueber-Mobbing-im-Internet-138203.html
[29] https://www.heise.de/news/Britische-Lehrer-klagen-weiterhin-ueber-Mobbing-im-Internet-131328.html
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