Verdachtskündigung bei Unterschlagung

Arbeitgeber muss vor Aussprache einer Verdachtskündigung belastendes und entlastendes Material prüfen. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam, urteilte das LAG Schleswig-Holstein.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Hat der Arbeitgeber den Verdacht, dass sein Arbeitnehmer Geld unterschlagen hat, kann er eine Verdachtskündigung aussprechen. Er ist zuvor allerdings zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Das bedeutet, er darf er nicht nur Fakten zusammentragen, die den Arbeitnehmer belasten. Er muss auch prüfen, ob es entlastende Fakten gibt, die gegen den Verdacht sprechen. Finden sich tatsächlich Ansatzpunkte, mit denen der Fehlbetrag auch anders erklärt werden könnte, darf der Arbeitgeber nicht einfach davon ausgehen, dass es dennoch der Arbeitnehmer gewesen sein muss. Das hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in seinem Urteil vom 19. Juni 2013 (Az. 3 Sa 208/12) erklärt.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer stritten vor Gericht über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, die auf dem Vorwurf der Unterschlagung von Geldbeträgen basierte. Tatsächlich darf der Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen, wenn der dringende Verdacht besteht, dass dieser eine strafbare Handlung zulasten des Unternehmens begangen hat. Der gekündigte Arbeitnehmer war als Servicetechniker beschäftigt und unter anderem nicht nur für die Behebung technischer Störungen, sondern auch für die Leerung von Geldautomaten zuständig. Er hatte zunächst eine fristgerechte Kündigung aus betrieblichen Gründen erhalten, sollte freigestellt werden und eine Abfindung von rund 10.000 Euro erhalten. Doch dazu kam es nicht, denn der Arbeitgeber schickte eine fristlose Kündigung hinterher. Bei einer Kontrolle war ein Fehlbetrag aufgetreten, der Arbeitgeber konfrontierte den Mitarbeiter mit dem Vorwurf, er habe 203,80 Euro unterschlagen und kündigte ihm fristlos.

Dagegen erhob der Mann Kündigungsschutzklage. Er sagte, er habe kein Geld unterschlagen und der Fehlbetrag sei auf einen Aufzeichnungsfehler zurückzuführen. Der habe mit einer größeren Störung des Gerätes zu tun, die er an besagtem Tag behoben habe. Das Landesarbeitsgericht folgte dem Urteil der Vorinstanz und gab der Kündigungsschutzklage statt. Damit wurde die Kündigung für unwirksam erklärt. Wie die Richter erklärten, kann zwar auch schon der Verdacht einer strafbaren Handlung ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung sein. Nämlich dann, wenn der Verdacht das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen nachhaltig zerstört. Dann müssten allerdings auch objektive Tatsachen vorliege, die den Verdacht begründen. Desweiteren muss der Arbeitgeber nachweislich alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen und dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben.

Da der betroffene Mitarbeiter einen anderen Ablauf geschildert hat, der ebenfalls zum Fehlbetrag hätte führen können, hätte der Arbeitgeber diese Aussagen genau prüfen müssen. Der Arbeitgeber konnte aber weder den dringenden Verdacht einer Unterschlagung darlegen, noch habe er eine weitere Sachverhaltsaufklärung betrieben. Da jedoch der Arbeitgeber die Beweislast für die Kündigungsgründe trägt, hätte er der Behauptung nachgehen müssen. Da er das versäumt hat, ist die Kündigung unwirksam. Zwar verliert der Arbeitnehmer seinen Job dennoch, denn die betriebsbedingte Kündigung steht nach wie vor im Raum. Allerdings bekommt er seine Abfindung doch noch und muss das Unternehmen nicht mit dem Vorwurf des Diebstahls verlassen. ()