Vergleichsstudie: Deutschland beim Informatik-Unterricht abgehängt in Europa
Etwa in Bulgarien, Griechenland und Serbien werden informatische Kompetenzen als Pflichtfach in der Grundschule vermittelt, die Bundesrepublik hinkt hinterher.
Die Autoren einer Vergleichsstudie zu Informatik an Schulen in Europa schlagen Alarm: "Deutschland verliert den Anschluss bei der informatischen Grundbildung."
Während fast alle europäischen Länder bereits Informatik im Pflichtunterricht verankert haben, fristet das Fach mit dem bitter benötigten Grundwissen für die digitale Gesellschaft demnach "in vielen deutschen Bundesländern ein Nischendasein im Wahlbereich". Damit gehöre die Bundesrepublik "zu nur noch neun von 37 europäischen Ländern", die ihren Schülern "keine informatische Grundbildung garantieren können".
Schon ab der Grundschule
Weitere Erkenntnisse der am Donnerstag veröffentlichten Analyse im Auftrag des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft und der Heinz-Nixdorf-Stiftung: Ein Viertel der europäischen Länder schätzt die Bedeutung von Informatik mit dem Vermitteln von Anwendungswissen etwa zu Algorithmen, Programmierung oder Datensicherheit so hoch ein, dass sie von der Grundschule bis zum Ende der Sekundarstufe I gelehrt wird. Dazu gehören Griechenland, Serbien sowie Bosnien und Herzegowina. Auch in Bulgarien, Lettland, Ungarn, Polen, Slowakei und Liechtenstein gibt es spätestens ab der 4. Klasse ein eigenständiges einschlägiges Pflichtfach.
Demgegenüber seien selbst die beiden deutschen Spitzenreiter mit einem durchgehenden Informatikunterricht in der Sekundarstufe I – Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen – nur zweitklassig, schreiben die Verfasser. In Bremen, Hessen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen gebe es kein flächendeckendes und schulformunabhängiges Wahl- oder Pflichtangebot für Informatik. Hamburg, Schleswig-Holstein, Saarland und Niedersachsen hätten zumindest beschlossen, ein entsprechendes Pflichtfach in diesem oder im nächsten Jahr einzuführen.
Verbindlichkeit entscheidend
Die Verbindlichkeit des Informatikunterrichts ist den Forschern zufolge entscheidend. Sonst schnitten Schüler in einem Bundesland ohne einen solchen Ansatz schon bei Digitalkompetenzen wie dem Umgang mit Office-Programmen und dem zielgerichteten Suchen im Internet schlechter ab als ihre Altersgenossen mit Pflichtfach. Besonders Mädchen gerieten ins Hintertreffen.
Mehrere im Rahmen der Untersuchung ausgewertete Studien legten nahe, "dass Informatik als Wahlfach bei jungen Frauen mit einer geringeren Belegungsquote und schwächeren Kompetenzen einhergeht". Der Stifterverband fordert daher eine Aufholjagd: Die Bundesländer müssten rasch Informatik in die Stundenpläne integrieren, passende Lehrkräfte schulen und gewinnen sowie die IT-Infrastruktur an Schulen ausbauen.
(kbe)