Volkswagen und Rivian: Partnerschaft fĂĽr Elektronik-Architektur besiegelt

Rivian hat, was Volkswagen braucht: Eine moderne Software-Architektur. Deshalb steigt der Riese mit einem Milliardenbetrag bei den US-Amerikanern ein.​

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Infotainmentsystem Skoda Enyaq

(Bild: Franz)

Lesezeit: 4 Min.
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Die gröbsten Schnitzer des Modularen Infotainment Baukastens (MIB) von Volkswagen sind inzwischen beseitigt. Dennoch reifte im Konzern die Erkenntnis, dass man sich für die anstehenden Herausforderungen besser Hilfe von außen holt. Ende Juni wurde bekannt, dass Volkswagen dafür eine Partnerschaft in Form eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem US-Anbieter Rivian anstrebt. Dort ist dieses Ansinnen höchst willkommen. Nun wurde die Summe, die Volkswagen dafür aufbringt, nochmals erhöht.

Bereits 2027 sollen die ersten Fahrzeuge auf Basis der neuen Elektronik-Architektur anrollen, wie Konzernchef Oliver Blume zum Start des Gemeinschaftsunternehmens im kalifornischen Palo Alto ankündigte. Die Investition in das Projekt stockte Volkswagen noch einmal auf: 5,8 Milliarden Dollar wollen sich die Wolfsburger die Zusammenarbeit kosten lassen, 800 Millionen mehr als bisher geplant. Mit dem Gemeinschaftsunternehmen soll Volkswagen dann Zugriff auf die Elektro- und Softwarearchitektur der Amerikaner erhalten.

Die Kooperation hatten die beiden Unternehmen bereits Ende Juni 2024 angekĂĽndigt, im Juli gab auch das Bundeskartellamt seine Zustimmung. Bei der Zusammenarbeit geht es vor allem um Software und Netzwerk-Architektur. Der Plan sieht ein Gemeinschaftsunternehmen vor, in dem fĂĽr beide Hersteller entwickelt werden soll und das sie zu gleichen Teilen fĂĽhren. Basis soll die bestehende Elektronik-Architektur von Rivian sein, die weiterentwickelt werde.

Kommende Elektroautos von Volkswagen sollen dann nach und nach auf diese neue Architektur und Software umschwenken. Die ersten Modelle mit dieser Technik sollten 2027 anlaufen, sagte Blume: "Wir starten mit Volkswagen, dann Audi, die US-Marke Scout, Porsche und danach kommen allen anderen Marken." Dabei gehe es um alle Fahrzeugklassen, vom Kleinstwagen bis hin zu Luxuskarossen und Sportwagen. Das werde große Stückzahlen und sinkende Kosten ermöglichen. Zum Einsatz kommen werde die Rivian-Technologie aber nur bei Elektroautos.

Volkswagen hat seit Jahren mit Problemen bei der eigenen Software-Entwicklung zu kämpfen. Auch sie trugen mit dazu bei, dass sich Modellstarts verzögerten, zum Teil um mehrere Jahre, darunter Porsche Macan und Audi Q6 e-tron. Rivian entwickelte eine eigene Architektur, in der die Autoelektronik in mehrere Zonen aufgeteilt wird und dadurch mit deutlich weniger Steuergeräten auskommt. Inzwischen ist dort die zweite Generation dieser Architektur im Einsatz.

Das neue Gemeinschaftsunternehmen soll bereits am 13. November seinen Betrieb aufnehmen. Seinen Sitz wird es in Palo Alto im US-Bundesstaat Kalifornien haben, weitere Standorte in Europa und Nordamerika sind geplant. Der Großteil des Teams werde von Rivian kommen, hinzu kämen einige Kollegen von Volkswagen, sagte der Gründer und Chef des US-Partners, RJ Scaringe. Die Doppelspitze bilden je ein Manager von Volkswagen und von Rivian.

Von den bis zu 5,8 Milliarden Dollar, die Europas größter Autohersteller für das Projekt ausgeben will, entfallen 3,5 Milliarden Dollar auf Rivian-Anteile. 2,3 Milliarden Dollar sollen in das neue Gemeinschaftsunternehmen fließen, davon eine Milliarde als Darlehen. Bisher war von drei Milliarden Dollar für den Rivian-Einstieg und zwei Milliarden für das Gemeinschaftsunternehmen die Rede gewesen. Man habe beide Summen noch einmal aufgestockt, bestätigte Blume.

Für Rivian ist es eine höchst willkommene Geldspritze. Die 2009 gegründete Firma schreibt nach wie vor rote Zahlen und hat aktuell mit sinkendem Interesse an Elektroautos in den USA zu kämpfen. "Sicherlich sichert diese Partnerschaft und dieser Deal für uns das Kapital", das für den weiteren Hochlauf der eigenen Produktion benötigt werde, sagte Rivian-Chef Scaringe.

Im vergangenen Quartal lieferte Rivian rund 10.000 Fahrzeuge aus, machte dabei 874 Millionen Dollar Umsatz und 392 Millionen Dollar Verlust. Der Volkswagen-Konzern kam im selben Zeitraum auf fast 2,2 Millionen Auslieferungen, 78,5 Milliarden Euro Umsatz und verbuchte trotz eines massiven Gewinneinbruchs nach Steuern noch 1,58 Milliarden Euro Überschuss. Rivian ist in zwei in den USA populären Fahrzeug-Kategorien aktiv, baut große SUVs und Pickups. Außerdem produziert Rivian für Amazon elektrische Lieferwagen, die inzwischen auch in Europa zu sehen sind. Der weltgrößte Online-Händler ist ebenfalls ein Investor.

(mfz)