Rechenzentren im Energieeffizienzgesetz: Wärmewende braucht mehr als Planspiele

Seite 3: Weniger effizient kühlen, um Vorgaben zu erfüllen?

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Waldhauser und drei weitere Akteure diskutierten anschließend, was die Branche als Vorreiterin zur Nachhaltigkeit beitragen kann: Gemeinsam zeigten die Diskutanten blinde Flecken des Gesetzesentwurfs auf und machten Vorschläge für einen nachhaltigeren Betrieb von Rechenzentren, die näher an dem physikalisch und real Möglichen wären als die geplanten Vorgaben und Auflagen.

Anna Naether von Google Deutschland betonte, dass Google für grünen Strom sei und bis 2030 rund um die Uhr ("24/7") CO2-freien Betrieb seiner Anlagen und Büros anpeile, von den Zielen her sei man mit dem Gesetzgeber auf einer Linie. Effiziente Software und KI-Einsatz hälfen Google Cloud, die Colocation-Ressourcen sowie eigenen Anlagen sparsam zu nutzen. Google unterstütze Gesetze, die Unternehmen helfen, effizienter und nachhaltiger zu arbeiten. Man glaube, dass Regulierung eine wichtige Rolle bei der Förderung der Nachhaltigkeit spielen kann. Gleichzeitig müsse sie die Technologie und Infrastruktur berücksichtigen, die Unternehmen derzeit für einen Übergang zu einem möglichst emissionsarmen Betrieb zur Verfügung stehen. Am Ende ginge es um einen möglichst effizienten Betrieb, da eine verringerte Effizienz wiederum auch negative Umwelteffekte haben könne.

Auch Alexander Rabe vom Branchenverband "eco -Verband der Internetwirtschaft" übte sachliche Kritik an den geplanten Auflagen. Dem Verband geht es darum, den Standort zu stärken, sodass Daten weiterhin in Deutschland zu Hause sein können. Die Ökobilanz der Digitalisierung sei bereits heute positiv: Rabe sprach in dem Kontext Green Coding an und die qualitativ hochwertige Software, durch die die Ansteuerung der Server optimal, also energieeffizienter läuft. Der Energiemix in Deutschland mache es indes allen schwer, CO₂-neutral zu werden. Als Abnehmer von Abwärme kämen neben Wohngebieten auch Sporthallen, Schwimmbäder, Gewächshäuser, Büros und ähnliche Räume infrage – im System gebe es jedoch teils große Widerstände einiger Stakeholder.

So habe man zwar den Wunsch und Bedarf, die Abwärme wieder in den Energiekreislauf zurückzuführen, aber oft keine Möglichkeit, diese Abwärme zu nutzen und einzuspeisen. Wenn Infrastruktur wie etwa Abwärmenetze nicht vorhanden seien, dauere es lange, sie zu beantragen, genehmigen, bauen zu lassen. 2018 habe man daher unter dem Dach des eco die Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland gegründet, da es hierzulande ein ganzheitliches Verständnis darüber brauche, wie Daten gespeichert, energieeffizient verarbeitet und letztlich transportiert werden. Ganzheitliche digitale Strategien bräuchte es vor allem auf europäischer Ebene. Dem aktuell bekanntgewordenen Referentenentwurf des Energieeffizienzgesetzes fehle es an dieser Stelle an Weitblick und fachlicher Expertise in Sachen Rechenzentren, konstatierte Rabe.

Andere Länder in Europa seien schon dabei, deutlich weitsichtigere Rahmenbedingungen zu definieren. "Es kann nicht sein, dass wir in Deutschland ein Asset, das wir bedingt durch den DE-CIX – den weltweit größten Internetaustauschknoten – in Frankfurt haben, jetzt gefährden", unterstrich er die Anliegen seiner Verbandsmitglieder. Auf Nachfrage der heise-Redakteurin, wie die Bundesländer sich austauschen und zusammenarbeiten für Rechenzentren und Infrastruktur, erläuterte er weiter, dass eine denkbare Abnahmeverpflichtung von Abwärme durch Bundesgesetzgebung mit der kommunalen Autonomie kollidiere. Föderalismus erweise sich hier als Hürde, da der Bund nicht bis auf die kommunale Ebene runtergeht, auf der aber Pilotprojekte und Umsetzung stattfänden. Das geplante Energieeffizienzgesetz (insbesondere Abschnitt 5 zu Rechenzentren) sei ein nationaler Alleingang, konträr zum restlichen Europa und den dort zurzeit in Ausgestaltung befindlichen Ansätzen.

Stromverbrauch von Rechenzentren und Internetzugangstechnologien

Neben Künstlicher Intelligenz fordern vor allem auch Streaming, Homeoffice, Smarthome, Clouddienste und Industrie 4.0 mit dem Internet der Dinge zunehmend Rechenzentrumskapazitäten. Der Energieverbrauch von Rechenzentren beläuft sich laut Branchenverband bitkom auf rund 16 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr – allerdings verursachen Rechenzentren nur etwa 0,6 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in Deutschland und ihr Betrieb wird zunehmend effizienter.

Ein halbes Kohlekraftwerk: Flächendeckendes Glasfasernetz würde rund 500 Megawatt einsparen

Beim Thema Nachhaltigkeit fallen einige Bereiche mit großem Einsparpotenzial regelmäßig unter den Radar der öffentlichen Wahrnehmung: So würde ein flächendeckendes Umrüsten der Breitbandinfrastruktur in Deutschland auf Glasfaser erhebliche Einsparungen bringen. Die weitverbreiteten Kabelnetze (über TV-Kabel) für den Internetzugang verbrauchen etwa fünfmal soviel Strom wie Glasfaser. Das Einsparpotenzial lässt sich genau beziffern – es entspricht laut Brekoverband mehr als der halben Leistung des Braunkohlekraftwerks Schkopau in Sachsen-Anhalt.

"Ein Beispiel zur Verdeutlichung des Stromverbrauchs insgesamt: Würde man Deutschland flächendeckend mit Glasfasernetzen (FTTH) versorgen, hätten diese einen Stromverbrauch von 154 Megawatt. Zum Vergleich: Kupferbasierte Netze (FTTC) benötigen im gleichen Szenario 350 Megawatt und TV-Kabelnetze 650 Megawatt Strom. Gegenüber TV-Kabelnetzen ließen sich mit Glasfaser demnach 496 Megawatt einsparen. Das entspricht beispielsweise mehr als 50 Prozent der Leistung des Braunkohlekraftwerks Schkopau in Sachsen-Anhalt. Durch Optimierungen der Hardware-Komponenten, beispielsweise Routern, lässt sich der Stromverbrauch noch weiter senken." – Bundesverband Breitbandkommunikation, "Glasfasernetze als zentraler Bestandteil einer digitalen Infrastruktur"

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