Zeuge: Siemens-Korruptionswächter schauten Geldströme nicht an

Im ersten Prozess um den Siemens-Korruptionsskandakl meinte der ehemals für Compliance zuständige Manager der früheren Siemens-Festnetzsparte ICN: "Was wirklich an Zahlungen passierte, haben wir uns von der Compliance-Organisation nicht angeschaut."

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  • dpa

Die Korruptionsbekämpfer bei Siemens sollen nach den Worten eines Zeugen im ersten Prozess gegen einen Beschuldigten im Siemens-Korruptionsskandal die Geldströme im Konzern nicht unter die Lupe genommen haben. "Was wirklich an Zahlungen passierte, haben wir uns von der Compliance-Organisation nicht angeschaut", sagte der Zeuge, der von 2002 bis 2004 für die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften (Compliance) in der früheren Siemens-Festnetzsparte ICN verantwortlich war, am Montag vor dem Landgericht München I. Die verantwortlichen Mitarbeiter der einzelnen Geschäftsgebiete hätten jeweils Listen mit Verträgen vorgelegt, die er dann stichprobenartig überprüft habe. Er habe sich darauf verlassen müssen, dass diese Listen vollständig waren, sagte der 54-Jährige.

Geldströme seien dabei nicht geprüft worden. "Ich habe mir darüber Gedanken gemacht, weil es eine Lücke im System war." Als Compliance-Manager von ICN sei er für rund 40.000 Mitarbeiter zuständig gewesen. Die Aufgabe habe man ihm zusätzlich zu seiner Tätigkeit im Rechnungswesen übertragen, die von seinen Vorgesetzten "nie als Vollzeitaufgabe angesehen" worden sei. Etwa ein Drittel seiner Arbeitszeit habe er für die Compliance-Aufgaben verwendet, sagte der Zeuge. Dabei seien im "keine gravierenden" Unregelmäßigkeiten aufgefallen.

Am Mittag wurde der amtierende Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser als Zeuge vor Gericht erwartet. Er war früher im Bereichsvorstand der einstigen Siemens-Mobilfunksparte ICM für Finanzen zuständig. Dagegen wollen der frühere Zentralvorstand Volker Jung und der einstige Siemens-Chef Heinrich von Pierer die Zeugenaussage verweigern und werden daher nicht vor Gericht erscheinen. In dem Korruptionsskandal geht es um insgesamt 1,3 Milliarden Euro an dubiosen Zahlungen, die als Schmiergeld zur Erlangung von Aufträgen im Ausland eingesetzt worden sein sollen.

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(dpa) / (jk)