Netzwerkdurchsetzungsgesetz vs. regulierte Selbstregulierung
Kurz vor der geplanten Verabschiedung stößt das geplante NetzDG gegen Hassrede in sozialen Netzwerken auf wenig Zustimmung. In einer Diskussion in Köln bevorzugten Branchenvertreter stattdessen das Modell einer regulierten Selbstregulierung.
Beim Kölner Mediensymposium an der Technischen Hochschule Köln zeichneten Branchenvertreter am Dienstag ein düsteres Bild, falls das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in der jetzigen Form Ende Juni vom Bundestag beschlossen werden sollte. Selbst Fürsprecher sehen schwere handwerkliche Mängel, die dazu führen könnten, dass Betreiber sozialer Netzwerke Inhalte präventiv löschten oder Diskussionsmöglichkeiten gar nicht erst zuließen.
Dringender Handlungsbedarf?
Günter Krings, CDU-Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesinnenministerium verteidigte das Vorhaben der Bundesregierung. "Den gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu leugnen, ist schwierig", sagte Krings angesichts der Ergebnisse eines umstrittenen Monitoring-Berichts von jugendschutz.net, laut dem insbesondere Facebook und Twitter illegale Inhalte nur unzureichend löschten.
Gleichwohl sehe auch er viele Mängel an dem Gesetzentwurf aus dem Hause des Bundesjustizministers Heiko Maas (SPD). "Auch wenn die Kritik von mir geteilt wird, heißt das nicht, dass der Verzicht auf eine Regelung die bessere Regelung wäre", sagte Krings in Köln. Würde das Vorhaben in die nächste Legislaturperiode geschoben werden, würde das Gesetz wohl erst 2018 fertig. Ob die dann getroffenen Regeln wesentlich besser wären, sei zweifelhaft. Stattdessen plädierte Krings dafür, das Gesetz so schnell wie möglich zu verabschieden und anschließend angesichts der Praxiserfahrungen zu überarbeiten. "Dies wird ein Paradebeispiel für die Gesetzbeobachtungspflicht des Bundestags", erklärte Krings.
Teurer Graubereich mit lähmendem Effekt
Mit dieser Haltung stand Krings alleine. Arnd Haller, Leiter der Rechtsabteilung von Google Nordeuropa, kritisierte die als Handlungsgrundlage zitierte Studie als irreführend. "Sobald jugendschutz.net sich direkt an das Unternehmen gewandt hat und nicht nur irgendwelche Fähnchen geklickt hat, wurde alles gelöscht", betonte Haller. So seien viele Betreiber sozialer Netzwerke schon heute sehr engagiert in Sachen Hassrede und Fake-News. Es handele sich nur um einen kleinen Promille-Bereich von Inhalten, der in Frage stehe. Und im Graubereich seien Unternehmen zuweilen überfordert: Ob zum Beispiel das Spottgedicht des Comedians Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten gelöscht werden müsse, sei nicht eindeutig.
Die vorgeschlagenen Regelungen mit Bußgeldern bis zu 50 Millionen Euro und einer extrem kurzen Handlungsfrist seien jedoch kontraproduktiv. "Wir werden uns den Luxus leisten, neue Prüfer einzustellen", erklärte Haller für seinen Arbeitgeber. Andere Unternehmen könnten jedoch den kostspieligen und dennoch höchst fehleranfälligen Prozess scheuen und stattdessen eine rigide Löschpolitik einführen, bei der Inhalte ohne nähere Prüfung auf Zuruf gelöscht werden. "Das Internet würde zwar eine 'bessere Welt', aber eine echte Kommunikation fände nicht mehr statt", erklärte Haller.