Schnäppchenjagd mit Barcodes

Seite 3: Preisfragen

Inhaltsverzeichnis

Für den Preis der deutschen Rechtschreib-Bibel fanden wir eine verwunderliche Spannweite von 19ˇbis 29ˇEuro. Kein Wunder: Das gescannte Exemplar stammte aus der 24sten Auflage, die mancher Händler offenbar als Ladenhüter, manch anderer anscheinend bereits als Sammlerstück kalkuliert hat. Dass die aktuelle Dudenauflage die Nummer 25 trägt, verriet uns keiner der Datensätze. Berufsbedingt war uns die Lage freilich bewusst, und über den an Auflage 25 gesichteten Barcode fanden wir das erwartete, fast einheitliche Preisgefüge vor.

Mehr Infos

Trau! schau! wem?

Während die Ziffernfolge einer strichkodierten GTIN einen Artikel eindeutig und präzise identifiziert, können die darauf bezüglichen Beschreibungen durchaus geschönte Darstellungen liefern. Die Texte und Bilder stammen oft aus der Feder von Händlern, welche die angebotenen Waren natürlich gut aussehen lassen wollen. Andererseits könnten Verbraucherbewertungen und aus der Community eingepflegte Nährwertdaten auch ungerechte Kritik übermitteln.

Die deutsche Verwaltungsinstanz der Handels-Markierungen, GS1 Germany, arbeitet derzeit zusammen mit dem Dienstanbieter Checkitmobile an einem standardisierten Datenprofil, welches Hersteller und Verbraucherschützer zu jedem Artikel mit objektivierbaren Informationen befüllen können. Checkitmobile-Geschäftsführer Benjamin Thym erklärte uns außerdem auf Nachfrage, dass Nährwertdaten, mit denen Barcoo-Anwender die Lebensmittel-Ampel auf relevanten Produkteinträgen befeuern, ja ähnlich den Wikipedia-Einträgen dem Korrektiv der gesamten Community unterlägen.

Außerdem prüfe Barcoo diese Daten algorithmisch auf Konsistenz. Ein Nahrungsmittel mit ganz wenigen kcal könne ja kaum übermäßige Inhalte an Kohlehydraten und Fett enthalten. Wer allerdings auf eine fragwürdige Angabe stößt, wird seine Kritik offenbar per E-Mail formulieren müssen; einen komfortablen Beschwerde-Button haben wir nirgendwo bei unseren Testkandidaten entdeckt.

Auch Batterien sind keine guten Rechercheobjekte: Der Strichcode lässt nicht erkennen, ob das Etikett auf einer taufrischen Packung klebt oder auf einem uralten Ladenhüter, der womöglich schon die Hälfte seiner Ladung verloren hat. Außerdem geben Preisvergleiche zur Knopfzelle CR-08/15 des HerstellersˇX keinen Hinweis darauf, ob an deren Stelle nicht auch das halb so teure Modell CR-4711 der MarkeˇY in Betracht käme. Mit Fragestellungen wie in diesem und dem vorherigen Absatz ist die GTIN-Artikelkennzeichnung einfach überfordert.

Immerhin steht dadurch einigermaßen sicher fest, dass sich die gefundenen Preise exakt auf den Artikel beziehen, den der Fragesteller gerade im Visier hat. „Einigermaßen sicher“ deutet an, dass sich einerseits die gefundenen Preise durchaus auf unterschiedliche Stückzahlen des betreffenden Artikels beziehen können und andererseits, dass die maschinenlesbare Kodierung keine Garantie vor Kennzeichnungsfehlern darstellt.

Zum Beispiel interessierte sich eine Kollegin für Preisunterschiede bei der Hörbuch-CD, die sie im Internet erworben hatte. Die rote CD-Hülle war schnell gescannt, und nach Sekunden erfuhr die verwunderte Besitzerin, dass sie scheinbar ein Drittel zu viel bezahlt hat. Noch größer wurde die Verblüffung, als der Preisvergleicher diese CD mit froschgrünem Cover und dem Titel einer ganz anderen Musik-CD auf dem Handy-Display abbildete. Erst ein Vergleich zwischen allgemeiner Artikelnummer GTIN und medientypischem ISBN-Kennzeichen, die in diesem Fall hätten identisch sein sollen, enttarnte einen Druckfehler auf der Hörbuch-Hülle.